Bäume und Sträucher: Nicht allen gefällt, wenn sie wachsen

Bäume und Sträucher: Nicht allen gefällt, wenn sie wachsen

Ein individuell angelegter und gestalteter Garten ist der Stolz jedes Grundstücksbesitzers. Doch häufig sind Bäume und Sträucher auch ein Anlass für Nachbarstreit. Aufgrund eines geänderten Umweltbewusstseins ergehen in letzter Zeit immer mehr baumfreundliche Urteile.

Zuweilen werden botanische Sachverhalte auch rechtlich neu bewertet. Wir stellen die wichtigsten Entscheidungen vor.



Wie nah dürfen Bäume und Sträucher an der Grenze stehen?

In den Nachbargesetzen der Bundesländer sind die Abstände festgeschrieben. Was im Einzelfall gilt, können Sie hier nachlesen. Als Faustformel lässt sich sagen: Halten Sie mit Bäumen und Sträuchern bis etwa 2 m Wuchshöhe einen Mindestabstand von 50 cm ein und bei höheren Pflanzen einen Abstand von mindestens 2 m. Von dieser Regel gibt es in einigen Bundesländern Ausnahmen. Für großwüchsigen Arten gelten bis zu 8 m Abstand.
ACHTUNG: Zu grenznah gepflanzte Gehölze haben je nach Bundesland meist schon nach 5 Jahren Bestandsschutz. Unbedingt rechtzeitig klagen!


Muss Laubfall geduldet werden?

Es handelt sich rechtlich um so genannte ortsübliche Immissionen. Ein Grundstücksbesitzer muss herab fallendes Laub und Zweige von Bäumen des Nachbarn in seinem Garten meist entschädigungslos dulden (LG Nürnberg-Fürth, Az. 13 S 10117/99). Er kann aber in Einzelfällen für den erhöhten Reinigungsaufwand eine Laubrente verlangen (BGH, Az. V ZR 102/03).


Dürfen Wurzeln in meinen Garten wachsen?

Sie können Wurzeln abschneiden, wenn diese Ihren Garten beeinträchtigen (§ 910 BGB). Es sei denn, der Baum wird durch das Abschneiden der Wurzeln gefährdet. Dann kann der Nachbar unter Umständen Schadensersatz verlangen. Deshalb vorsorglich zunächst das Gespräch mit dem Nachbarn suchen. Richten eingedrungene Wurzeln auf dem Nachbargrundstück Schäden an, indem sie etwa eine Abwasserleitung verstopfen, haftet der Baumeigentümer (BGH, Az. V ZR 92/85). Was tun bei überhängenden Zweigen? Zweige – nicht jedoch ganze Bäume – die über die Grundstücksgrenze ragen, darf man an der Grenze abschneiden. Das Gesetz verlangt allerdings, dass die Grundstücksnutzung durch den Überhang beeinträchtigt wird. Etwa, dass ohne die Beseitigung der Äste die geplante Kinderschaukel nicht aufgestellt werden kann. Dagegen genügt es nicht, wenn lediglich einige Blätter des Nachbarbaumes auf den eigenen Rasen fallen. Außerdem ist es wichtig, dass man dem Nachbarn eine angemessene Frist setzt, um ihm Gelegenheit zu geben, die störenden Zweige zu entfernen. Erst wenn diese Frist verstrichen ist, darf man selbst zur Gartenschere greifen. Der Nachbar darf überhängende Zweige nicht abschneiden, wenn dadurch der Schattenwurf durch die verbleibende Restkrone nicht wesentlich geringer wird (OLG Oldenburg, Az. 4 U 89/89).
ACHTUNG: Die Zweige dürfen nur auf Höhe der Grenzlinie abgeschnitten werden.


Wie verhält es sich mit dem Schattenwurf?

Schatten, den benachbarte Gehölze werfen, müssen Gartenbesitzer in der Regel als “naturgegeben” hinnehmen. (LG Nürnberg, 13 S 10117/99). Ein Baum, der in ausreichendem Abstand zur Gartengrenze wächst, muss nicht zurückgeschnitten werden, wenn sich der Nachbar durch den Schatten gestört fühlt (OLG Hamm, Az. 5 U 67/98). Der Mieter einer Erdgeschosswohnung kann wegen Schattenwurf nicht die Miete mindern. Das natürliche Wachstum von Bäumen ist kein Mangel (LG Hamburg, 307 S 130/98).

Rechtsprechung zum Schattenwurf

  • Ein Baum, der in ausreichendem Grenzabstand wächst, muss nicht geschnitten werden, wenn sich der Nachbar durch den Schatten gestört fühlt. (OLG Hamm Az.: 5 U 67/98).
  • Überhängende Zweige dürfen vom Nachbarn nicht abgeschnitten werden, wenn sich dadurch nichts wesentliches am Schattenwurf ändert. (OLG Oldenburg, 4 U 89/89).
  • Ein Ziergarten, der neu angelegt wird, muss Rücksicht nehmen auf den bestehenden Überhang und dessen Schattenwurf. (OLG Köln, 11 U 6/96)
  • Schatten, den benachbarte Bäume werfen, müssen Gartenbesitzer als “naturgegeben” hinnehmen. (LG Nürnberg, 13 S 10117/99).


Darf ich auf dem eigenen Grundstück Bäume entfernen?

Der Eigentümer darf mit seinen Pflanzen nicht machen was er will. Erkundigen Sie sich unbedingt bei Ihrer Gemeinde nach örtlichen Baumschutzverordnungen, die Bäume ab einem bestimmten Alter oder Stammdurchmesser schützen. Mitunter ist es sogar verboten, einzelne Äste abzuschneiden. Aber es gibt auch Ausnahmegenehmigungen Wenn der geschützte Baum beispielsweise krank ist oder beim nächsten Sturm umzustürzen droht. Warnung: Wer einen Baum ohne Genehmigung, fällt, riskiert ein empfindliches Bußgeld.


Anlegen von Hecken

Muss ich mit einer Hecke einen Grenzabstand einhalten?
Es kommt im Einzelfall darauf an, was die Nachbargesetze der einzelnen Bundesländer vorschreiben. Welcher Grenzabstand mit Gehölzen einzuhalten ist, kann sogar von der Sorte (z.B. schwachwachsend) abhängen. Die meisten Nachbargesetze unterscheiden zwischen Hecken, Nutz- und Ziergehölzen. Als Faustformel lässt sich sagen: Halten Sie mit Bäumen und Sträuchern bis etwa 2 m Wuchshöhe einen Mindestabstand von 50 cm ein und bei höheren Pflanzen einen Abstand von mindestens 2 m. Diese Abstände gelten auch für Bäume und Sträucher, die sich selbst ausgesät haben. Bestimmte schnell wachsende und ausladende Bäume müssen je nach Bundesland sogar bis zu acht Metern Grenzabstand einhalten. Gemessen wird oft von dort, wo der grenznächste Pflanzenstamm aus der Erde tritt, also nicht der dickste oder der Hauptstamm. Äste und Zweige dürfen meist an die Grenze heranwachsen. Bei Pflanzen, die eine Vielzahl von Trieben haben, gilt die Mitte aller Triebe. Von dieser Regel kann es in einigen Bundesländern Ausnahmen geben. Bei abschüssigem Gelände wird in der Regel nicht auf dem Boden, sondern entlang einer gedachten waagrechten Linie zwischen Pflanze und Grenze gemessen.

Gilt der Mindestabstand nur für Gehölze?
Stauden oder etwa Sonnenblumen sind nicht erfasst, aber Bambus! So hatte ein Nachbar, der laut Gerichtsurteil eine zu grenznah gepflanzte Thujenhecke wieder entfernen musste, diese durch Bambus direkt an der Grenze ersetzt. Das Amtsgericht Stuttgart (Az. 11 C 322/95) verurteilet ihn auch zur Beseitigung des Bambus. Auch wenn in der Botanik der Bambus den Gräsern zugeordnet wird, ist diese Einordnung für die rechtliche Wertung nicht bindend. Im Sinne der nachbarrechtlichen Vorschriften ist Bambus ein “Gehölz” entschied in einem anderen Fall das Amtsgericht Schwetzingen (Az. 51 C 39/00). Auch das Landgericht Konstanz (Az. 1 S 34/00B) urteilte, dass eine Hecke im rechtlichen Sinn auch aus dem botanisch zu den Gräsern zählenden Bambus bestehen kann.

Dürfen Hecken in den Himmel wachsen?
Nur in einigen Nachbargesetzen ist eine Maximalhöhe einer Hecke geregelt. Allerdings darf eine Hecke auch in den anderen Bundesländern nicht gänzlich in den Himmel wachsen. Zwar könnte in einigen Ländern eine Hecke nach dem Gesetzeswortlaut theoretisch auch 10 oder 15 Meter hoch werden, wenn sie nur einen 2 Meter Grenzabstand einhält. Vereinzelt wird aber in der Rechtsprechung vertreten, das eine Hecke, die eine geschlossene Pflanzenwand darstellt auf eine Höhe von 3 bis 4 Metern zu begrenzen ist. Wächst die Hecke noch höher, so gelten etwa nach dem LG Saarbrücken (2 S 65/90) wieder die Abstandsvorschriften für Bäume, also bis zu acht Metern.

Hätten Sie es gewusst?

Auch wenn beispielsweise die Botanik Bambus den Gräsern zuordnet, ist diese Einordnung für die rechtliche Wertung nicht bindend. Ausschlaggebend für die nachbarrechtlichen Abstandsvorschriften ist, ob die jeweilige Pflanze verholzt – was beim Bambus der Fall ist. Somit ist nach Entscheidungen des Amtsgerichts Schwetzingen (Az. 51 C 39/00) und des Amtsgerichts Stuttgart (Az. 11 C 322/95) Bambus ein “Gehölz” im Sinne der nachbarrechtlichen Vorschriften. Zu grenznah gepflanzter Bambus ist auf Verlangen des Nachbarn grundsätzlich zu beseitigen.


Chemie im Garten: Mein Nachbar verwendet häufig chemische Spritzmittel, belastet damit vermutlich auch unser Gemüsebeet. Muss ich das dulden?

Verwendet Ihr Nachbar chemische Spritzmittel in seinem Garten und haben diese Auswirkungen auf Ihr Grundstück, so haben Sie als Betroffener einen Unterlassungsanspruch gegen den Nachbarn (§ 1004 BGB bzw. § 862 BGB iVm § 906 BGB) Die Verwendung von Chemikalien ist prinzipiell immer auf das eigene Grundstück zu begrenzen. Wenn die Wirkstoffe durch Wind auf Ihr Grundstück geweht werden oder Rückstände eines Unkrautvernichtungsmittels durch wild abfließendes Niederschlagswasser zugeführt werden, so handelt es sich um eine unzulässige Immissionseinwirkung (BGH; Az. V ZR 54/83). Zum Spritzen dürfen nur zugelassene chemische Mittel verwendet werden. Außerdem ist die Gebrauchsanweisung streng zu befolgen. Sie enthält Vorgaben zum genauen Einsatz im privaten Bereich. Kommt es durch falsche bzw. fahrlässige Verwendung von Chemikalien zu Schäden bei Dritten (z. B. Verätzungen, Allergien bei Kindern oder Krankheit von Katzen, Hunden etc.), so muss der Nachbar grundsätzlich dafür haften. Dies gilt auch, wenn beispielsweise die Bienen des Nachbarn durch die Verwendung unzulässiger Mittel sterben oder verseuchten Honig produzieren. Weitere Einschränkungen der Verwendung von Chemikalien können sich aus vertraglichen Vereinbarungen (Miet- und Pachtverträgen) sowie Hausordnungen oder individuellen Vereinbarungen im Vertrag ergeben.


Mein Grundstück grenzt an einen kleinen Bachlauf. Ist es erlaubt, dort Gießwasser für den Bäume und Sträucher zu entnehmen?

Wenn Gewässer ohnehin nur wenig Wasser führen, kann im Sommer ein zusätzlicher Wasserentzug rasch das ökologischen Gleichgewicht des Baches beeinträchtigen. Im Extremfall sterben nicht nur  Mikroorganismen, sondern auch die Fische. Deshalb ist es beispielsweise hier im Landkreis Miltenberg nur in begründeten Ausnahmefällen mit einer Erlaubnis zulässig, Wasser mit Motor- und Elektropumpen zu entnehmen. Wegen der nur geringen Einwirkung ist in diesem Landkreis nur das “Schöpfen mit Handgefäßen” als “Gemeingebrauch” ohne Einschränkungen gestattet.

UNSER TIPP: Erkundigen Sie sich unbedingt bei Ihrer Gemeinde, ob und in welchem Umfang eine Wasserentnahme erlaubt ist. Denn es werden in der Regel gezielte Kontrollen vom jeweiligen Wasserwirtschaftsamt und von der Wasserschutzpolizei durchgeführt.