Eigentümerwechsel eines Grundstücks: Das muss der Altnachbar wissen
Altnachbarn haben bei Änderungen am Nachbargrundstück gegenüber dem Neueigentümer eine Reihe von Rechten. Der Käufer eines Nachbargrundstücks muss sich bei den Änderungen am erworbenen Grundstück an eine Fülle von öffentlich-rechtlichen und nachbarrechtlichen Vorschriften halten.
Die Rechte und Pflichten von Nachbarn sind nicht abschließend in einem einzigen Gesetz geregelt. Vielmehr sind sowohl Regeln des Landesrechts als auch Bundesrechts zu beachten. Diese sind oft nicht klar voneinander abzugrenzen und stehen auch in einer Wechselbeziehung zueinander. Mit Ausnahme von Bremen, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern haben alle Bundesländer (teils sehr unterschiedliche) Nachbarrechtsgesetze verabschiedet (bspw. in Bayern, Hessen und NRW). Neben den öffentlich-rechtlichen Vorschriften verpflichtet aber auch das nachbarschaftliche Gemeinschaftsverhältnis zur gegenseitigen Rücksichtnahme im zivilrechtlichen Bereich. Hier sind insbesondere die im Bürgerlichen Gesetzbuch enthaltenen Regelungen zu beachten.
Welche Änderungen durch den neuen Besitzer muss der Altnachbar hinnehmen?
Hierbei kommt es ganz auf die Art der Änderung an. Aufschüttungen oder Bodenerhöhungen können beispielsweise eine erhebliche Gefahr für die Nachbarn darstellen. Die jeweiligen Nachbarrechtsgesetze regeln diesen Fall mitunter unterschiedlich. Jedenfalls muss der Nachbar jedoch geeignete Schutzmaßnahmen (auf seinem Grundstück) treffen, um eine Gefährdung seiner Nachbarn auszuschließen. Bodenvertiefungen sind dagegen einheitlich in § 909 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) geregelt.
Bei der Errichtung neuer Gebäude(teile) müssen die jeweiligen Vorgaben der Landesbauordnungen und der Nachbarrechtsgesetze der Länder eingehalten werden. So gelten unterschiedliche Regelungen insbesondere zu den Grenzabständen (bspw. in Art. 6 BayBO oder § 6 BauO NRW). Auch die Bebauungspläne der einzelnen Gemeinden können hier Regelungen enthalten, sodass nur ein Blick in die vor Ort geltenden Vorschriften Klarheit bringen kann. Es empfiehlt sich daher immer auch bei der Gemeinde direkt nach den geltenden Regelungen zu fragen.
Auch für Pflanzen sehen die meisten Ländernachbarrechtgesetze einen Grenzabstand vor, sodass sich ein Neubesitzer auch an diese Vorschriften halten muss. Werden Pflanzabstände nicht eingehalten können Ansprüche auf Rückschnitt oder Entfernung bestehen.
Muss sich der neue Eigentümer an Absprachen halten, die ich mit dem Vorbesitzer getroffen habe?
Grundsätzlich können Absprachen zwischen Nachbarn geschlossen werden, die einen bestimmten Sachverhalt regeln. Die Absprachen können dabei auch dem jeweilig geltenden Nachbarrechtsgesetz widersprechen. Die Parteien sind dann dennoch an die Absprache oder den Vertrag gebunden. Dies gilt allerdings nicht unbedingt für den Neubesitzer als Nachfolger.
Hier kommt es darauf an, wie die Absprache festgehalten wurde. Hat durch die Absprach der Vorbesitzer beispielsweise geduldet, dass der Altnachbar bauliche Veränderungen auf dem Grundstück des Vorbesitzers vornimmt (z. B. Kanäle auf dem Grundstück errichtet) so muss der neue Eigentümer diese nur dulden, wenn diese Veränderungen auch im Grundbuch eingetragen sind. Selbst die Eintragung als Baulast im Baulastenverzeichnis genügt hier nicht (OLG Oldenburg, Urteil vom 30.01.2014, 1 U 104/13).
In der Entscheidung des OLG Oldenburg ist der Grundsatz ersichtlich, dass Abreden im Nachbarrecht grundsätzlich nur demgegenüber wirksam sind, mit dem sie getroffen wurden, außer sie sind durch Eintragung einer Grunddienstbarkeit im Grundbuch festgehalten oder unterliegen dem sogenannten Bestandsschutz (wie oftmals bei Pflanzen).
Auch wenn individuelle Regelungen nicht zwangsläufig schriftlich geschlossen werden müssen und daher auch mündliche Vereinbarungen möglich sind, können mündliche Absprachen keine Wirkung für den Neubesitzer entfalten. Dies liegt daran, dass sie nicht in das Grundbuch eingetragen sind. Deswegen empfiehlt es sich individuelle Vereinbarungen immer schriftlich zu treffen, ggf. mit Unterstützung eines Anwalts bei der Formulierung, bestenfalls sogar notariell zu beurkunden.
Muss der Altnachbar den neuen Nachbarn über Absprachen/Vereinbarungen mit seinem Vorgänger informieren?
Nein, eine Informationspflicht besteht allenfalls für den verkaufenden Vorgänger. Da alte Absprachen gegenüber dem neuen Eigentümer ohnehin nur Gültigkeit haben, wenn sie als Dienstbarkeiten im Grundbuch eingetragen sind, kann sich der Käufer bei den entsprechenden öffentlichen Stellen auch selbst informieren bzw. wird beim Kauf vom Notar über etwaige im Grundbuch stehende Belastungen informiert.
Wann kann der Neunachbar verlangen, dass man störende Bäume entfernt bzw. zurückschneidet?
Der Grenzabstand bestimmter Pflanzen zur Grundstücksgrenze wird grundsätzlich durch die Landesnachbarrechtsgesetze regelt. Dagegen regelt das BGB, was passiert, wenn Äste und Wurzeln von Pflanzen den Grenzabstand unterschreiten oder gar darüber hinweg ragen. Dem Nachbarn, auf dessen Grundstück sie derart herüberragen, dass sie die Benutzung beeinträchtigten, steht ein Anspruch auf Beseitigung der Störung aus § 910 BGB zu. Erforderlich ist zuvor eine Fristsetzung zur Beseitigung der Störung. Reagiert der andere Nachbar nicht, so kann der Geschädigte den Überhang auch selbst entfernen (lassen) und die Kosten dem Nachbarn in Rechnung stellen, von dessen Grundstück die Störung erfolgte.
Auch kann in einigen Bundesländern der Rückschnitt von Bäumen und Pflanzen auf eine bestimmte Höhe verlangt werden, welche abhängig ist vom jeweiligen Abstand des Baumes zur Grundstücksgrenze. In einigen Bundesländern verjährt dieser Anspruch jedoch innerhalb von fünf Jahren nach Eintritt der Störung, sodass eine rechtzeitige Geltendmachung wichtig ist.
In einigen Gemeinden gibt es zudem Baumschutzsatzungen oder -verordnungen zu beachten, die einen Rückschnitt geschützter Bäume einschränken oder ausschließen.
Darf der Neunachbar einen alten Zaun abreißen, einen neuen bauen oder verlangen, dass der Altnachbar einen Zaun errichtet?
Die Antwort findet sich regelmäßig im jeweils gültigen Nachbarrechtsgesetz. Auch ein Bebauungsplan einer Stadt sieht für ein Baugebiet oftmals eine bestimmte Art der Einfriedung der Grundstücke vor. Der Zaun muss dann entsprechend den öffentlich-rechtlichen Vorschriften gestaltet werden. Ein Zwang zur Einfriedung durch einen Zaun besteht jedoch durch privates Nachbarrecht nur dann, wenn das Grundstück innerhalb einer geschlossenen Ortschaft liegt, der Nachbar die Einfriedung verlangt und diese erforderlich ist, um das Nachbargrundstück vor spürbaren Beeinträchtigungen durch das andere Grundstück zu schützen.
Ansonsten steht es – vorbehaltlich anderer Regeln in den Bebauungsplänen – den Nachbarn frei, einen Zaun zu errichten oder Hecken zu Einfriedung zu pflanzen. Eine doppelte Hecke ist dabei nur verboten, wenn dies in dem Bebauungsplan explizit untersagt ist.
Was können Betroffene tun?
Zunächst sollte in Erfahrung gebracht werden, welche Vorschriften vor Ort anwendbar sind. Dazu kann die örtliche Baubehörde kontaktiert werden, welche gerne Auskunft zu den jeweiligen Verordnungen und Gesetzen gibt. Haben Sie also keine Scheu Ihre Gemeinde zu kontaktieren. Sollte ein Verstoß entdeckt werden, ist es ratsam, den Nachbarn zunächst schriftlich darauf aufmerksam zu machen und ihn dann unter Setzung einer angemessenen Frist dazu aufzufordern, die Störung oder den Verstoß zu beseitigen. Eine gütliche Einigung ist dem Rechts- und Nachbarschaftsfrieden oftmals zuträglicher als eine gerichtliche Auseinandersetzung. Bei Unklarheiten können Betroffene auch jederzeit die Beratung eines kompetenten Rechtsanwalts in Anspruch nehmen. Sollte partout keine einvernehmliche Einigung möglich sein, kann letztlich auch mit einer Klage gerichtlich vorgegangen werden.