Fallobst am Zaun: Wem gehören die Früchte?
Über Früchte an überhängenden Zweigen wird häufig gestritten. Nach § 911 des Bürgerlichen Gesetzbuches gehören sie grundsätzlich dem Eigentümer des Grundstücks, auf dem der Baum oder der Strauch steht. Sein Nachbar darf also Äpfel, die noch am Zweig hängen, nicht pflücken. Der Baumeigentümer darf hingegen mit dem Apfelpflücker über den Zaun langen und seine Früchte ernten. Er hat aber nicht das Recht, das Nachbargrundstück zum Abernten seines Baumes zu betreten. Fallen die Früchte ab, gehören sie dem, auf dessen Grundstück sie liegen. Der Eigentümer des Baumes hat auch hier nicht das Recht, das Nachbargrundstück zu betreten und das Fallobst aufzusammeln. Der Grundstückseigentümer kann vom Nachbarn die Beseitigung der herabgefallenen Früchte oder eine Entschädigung verlangen, wenn sie sein Grundstück wesentlich und ortsunüblich beeinträchtigen.
Lösen sich Früchte und fallen oder rollen auf das Nachbargrundstück gehören sie dem Nachbarn. So legt es § 911 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches fest. Warum die Früchte auf das Nachbargrundstück fallen, ist unerheblich.
Selbst wenn der Baumeigentümer, nicht aber wenn der Nachbar schüttelt, greift § 911. Ist das Grundstück mit einem Nießbrauch belastet, erwirbt der Nießbraucher nach § 954 des Bürgerlichen Gesetzbuches das Eigentum. Ist es verpachtet, wird der Pächter nach § 954 BGB Eigentümer. Der Baumeigentümer darf sich die abgefallenen Früchte nicht vom Nachbargrundstück holen. Ihm steht also kein Verfolgungsrecht nach § 867 des Bürgerlichen Gesetzbuches zu. Anders verhält es sich, wenn der Nachbar die Früchte selbst abschüttelt.
Wer muss herüber gefallene Früchte beseitigen?
Daraus, dass der Nachbar Eigentümer des Obstes wird, folgt jedoch nicht, dass er die Früchte dulden muss. Der Nachbar kann verlangen, dass der Baumeigentümer lästige Früchte beseitigt. Weigert sich der Baumeigentümer, die Früchte zu beseitigen, darf er sie auf Kosten des Baumeigentümers beseitigen lassen.
Fallbeispiel
Ein alter Mostbirnenbaum ragt mit seinem Hauptast mehrere Meter in das Nachbargrundstück hinein. Jeden Herbst fallen in den Garten des Nachbarn erhebliche Mengen an Mostbirnen, die nicht nur lästige Wespen anlocken, sondern beim Faulen einen üblen Geruch verbreiten. Dadurch wird die Terrassennutzung eingeschränkt. Der Kläger ließ die heruntergefallenen Birnen nach erfolgloser Aufforderung an den Baumbesitzer, die Birnen selbst zu entfernen, von einem Gartenbauunternehmen entfernen und verlangt Erstattung der Kosten. Das Amtsgericht Backnang hat der Klage stattgegeben (Aktenzeichen 3 C 35/89). Der Kläger braucht nicht hinzunehmen, dass während der Erntezeit solche erheblichen Mengen an Birnen auf sein Grundstück fallen. Der Nachbar muss die Beeinträchtigung nicht als ortsüblich hinnehmen.