Graffiti auf der Mauer

Graffiti auf der Mauer

Anton Pingelig und Zacharias Habrecht wohnen seit einem viertel Jahrhundert nebeneinander. Eigentlich kommen die Familien gut miteinander aus. Nur bei Haus und Hof betreffende Rechtsfragen haben die beiden stets völlig unterschiedliche Auffassungen. Im Verlaufe der Jahre hat sich ein regelrechter Ehrgeiz herausgebildet, dem anderen gegenüber im Recht zu sein. Zum Glück gibt es die Experten von Mein-Nachbarrecht.de, die hier die tatsächliche Rechtslage erklären.


Worum geht es?

Es ist selten, kommt aber vor: Anton und Zacharias sind einer Meinung. Diesmal haben sie sich gegen ihren Nachbarn Klaus Kunstmann verbündet. Dieser weigert sich trotz mehrmaliger Aufforderung, eine große Graffiti-Zeichnung auf seiner Grundstücksmauer zu entfernen bzw. zu überstreichen. „Das verschandelt die ganze Straße.“, souffliert Anton. Zacharias setzt nach: „Außerdem ermuntert es die Schmutzfinken, mit ihren Sprühflaschen weitere Mauern zu verschandeln.“ Klaus Kunstmann lässt die Einwände an sich abprallen: „Ich selbst sehe es vom Grundstück ja nicht und weigere mich, die Reinigungskosten allein zu tragen. Ich habe Anzeige gegen Unbekannt wegen Sachbeschädigung gestellt, mehr muss ich nicht unternehmen.“


Wer liegt richtig?

Über Geschmack lässt sich nicht streiten. Wird lediglich das ästhetische Empfinden gestört, hat man in der Regel keine Ansprüche gegen den Nachbarn. Denn der Eigentümer eines Gartens kann frei entscheiden, ob er eine saubere Mauer haben will. Bietet ein Grundstück einen das ästhetische Empfinden des Nachbarn verletzenden Anblick so ist dies nicht ohne weiteres als „ähnliche von einem ändern Grundstück ausgehende Einwirkung“ im Sinne des § 906 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) anzusehen, entschied der Bundesgerichtshof (BGH, V ZR 169/65 – Urteil nachlesen) Verwahrlost jahrelang ein Grundstück in einer Wohngegend mit sämtlich gut gepflegten Grundstücken kann sich ganz ausnahmsweise aber ein Beseitigungsanspruch nach den Grundsätzen des nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnisses ergeben.

Anders verhält es sich bei einem Mietshaus. Der Vermieter muss ein Mietshaus im ursprünglichen Zustand erhalten. Auch der Zustand des Eingangsbereiches wirkt sich auf die Nutzung der Wohnung aus. Mieter können deshalb nach einer Entscheidung des Amtsgerichts Köln (219 C 20/07 – Urteil nachlesen) sogar die Miete mindern, wenn der Vermieter trotzt Aufforderung nicht dafür sorgt, dass der Eingangsbereich beispielsweise von Farbschmierereien oder Exkrementen gereinigt wird.

 

Zacharias freut sich: Er hat im Gartencenter zwanzig Säcke Planzenerde zum Schnäppchenpreis erworben. Da er die Beete erst im nächsten Monat anlegen will, hat er die Säcke vorerst direkt am Gartenzaun gestapelt. Anton findet das selbstverständlich nicht hinnehmbar: „Wie sieht das denn aus? Diese hässlichen Säcke darfst du auch gar nicht direkt an meinen Zaun legen.“ Zacharias kontert: „Mir doch egal, auf meinem Grund und Boden kann ich abladen, was ich will. Ob du das ästhetisch findest, muss mich nicht kümmern.“