Spielen im Freien
Anton Pingelig und Zacharias Habrecht wohnen seit einem viertel Jahrhundert nebeneinander. Eigentlich kommen die Familien gut miteinander aus. Nur bei Haus und Hof betreffende Rechtsfragen haben die beiden stets völlig unterschiedliche Auffassungen. Im Verlaufe der Jahre hat sich ein regelrechter Ehrgeiz herausgebildet, dem anderen gegenüber im Recht zu sein. Zum Glück gibt es die Experten von Mein-Nachbarrecht.de, die hier die tatsächliche Rechtslage erklären.
Worum geht es?
Anton ist froh: endlich hat er für seinen Enkel einen günstigen Air-Hockey-Tisch erstanden. Den hatte sich dieser schon so lange gewünscht und gleich losgespielt, nachdem ihn Anton von der Schule abgeholt hatte. Anton hält sich erstaunlich gut, ihm gelingen sogar einige geschickte Tore. Die rote Plastikscheibe knallt an den Seitenbanden hin und her, da kommt Frau Pingelig ins Wohnzimmer. „Jungs, das ist aber ganz schön laut.“ stellt sie fest. „Da wird es wohl nichts damit werden, den Tisch im Sommer draußen aufzustellen. Dann ginge Zacharias sicher in die Luft“. „Ach, der soll sich nicht aufregen. Das ist doch nichts anderes als eine Tischtennisplatte. Das sind Sportgeräte und die darf ich ja wohl auch im Freien nutzen.“, argumentiert Anton.
Wer liegt richtig?
Nach § 906 BGB müssen lediglich ortsübliche und nicht wesentliche Beeinträchtigungen geduldet werden. Als Entscheidungshilfe, ab wann Lärm zu einer wesentlichen Beeinträchtigung führt, kann die TA-Lärm (Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm) , die DIN-Norm 18005 und die VDI-Richtlinie 2085 herangezogen werden. Es handelt sich hierbei um technische Regelwerke, die zwar nicht für die Entscheidung von Nachbarstreitigkeiten geschaffen wurden, aber Anhaltspunkte liefern können. Gemessen werden Durchschnittswerte in dB(A). Es kommt also nicht direkt auf den lautesten gemessen Lärmwert an. Geräuschbelästigungen liegen in der Regel bei 30 bis 60 dB(A). Nach der TA-Lärm wird für ein reines Wohngebiet ein Grenzwert von 50 dB(A) tagsüber und nachts von 35 dB(A) angenommen. Für Gebiete mit gewerblichen Anlagen und Wohnungen gelten tagsüber 60 dB(A) bzw. nachts 40 dB(A) als Grenzwert. Zwar wird Lärm oberhalb dieser Grenzen der TA-Lärm häufig eine unzulässige Lärmbelästigung sein. Zu beachten ist aber auch, dass Kinderlärm in einem reinen Wohngebiet gerade üblich ist. Andererseits kann aber Lärm bereits unter diesen Grenzwerten unzulässig sein. Etwa wenn das Geräusch eine gewisse Lästigkeit entwickelt. Ob eine wesentliche Beeinträchtigung durch Kinderlärm vorliegt, hängt nicht nur von der Lautstärke ab. So hat ein Gericht auch schon einmal mehrere Tischtennisplatten direkt an der Grenze untersagt. Weitere Faktoren sind etwa: Dauer, Häufigkeit, Frequenz, Zweck, Ruhezeiten, Sozialadäquanz. Wie laut Kinder wirklich sein dürfen hängt also vom Einzelfall ab. Nicht mehr sozialadäquat und somit nicht zu dulden ist etwa Tennisspiel von Kindern in der Wohnung oder starkes Herumtrampeln zur Nachtzeit oder am Sonntag.
Zacharias freut sich: Er hat im Gartencenter zwanzig Säcke Planzenerde zum Schnäppchenpreis erworben. Da er die Beete erst im nächsten Monat anlegen will, hat er die Säcke vorerst direkt am Gartenzaun gestapelt. Anton findet das selbstverständlich nicht hinnehmbar: „Wie sieht das denn aus? Diese hässlichen Säcke darfst du auch gar nicht direkt an meinen Zaun legen.“ Zacharias kontert: „Mir doch egal, auf meinem Grund und Boden kann ich abladen, was ich will. Ob du das ästhetisch findest, muss mich nicht kümmern.“