Nachbarrecht-Mythen (III): Irrtümer über Mietverträge

Nachbarrecht-Mythen (III): Irrtümer über Mietverträge

Jedes Jahr werden mehr als zwei Millionen Mietverträge in Deutschland neu abgeschlossen, die Gesamtzahl aller Mietverträge liegt bei über 20 Millionen. In der ersten Freude über die neue Wohnung übersehen viele die Haken und Fallen, die in den Verträgen lauern und später für viel Ärger sorgen können. Oft besteht auf Mieterseite auch schlicht Unkenntnis über die geltenden gesetzlichen Regelungen. Wir erläutern einige besonders häufig auftretende Fragestellungen rund um Mietverträge.



Ein Mietvertrag muss immer schriftlich formuliert sein?

Nein, das stimmt nicht. Ein Mietvertrag ist grundsätzlich auch gültig, wenn er mündlich vereinbart wird. Gut für den Mieter: Der Vermieter wird bei einem mündlichem Vertrag z.B. nicht beweisen können, dass der Mieter auch Nebenkosten bezahlen muss. Aber Achtung: Bei Zeitmietverträgen lauert eine Falle. Wird der Mietvertrag für längere Zeit als ein Jahr nicht in schriftlicher Form geschlossen, so gilt er für unbestimmte Zeit. Die Kündigung ist jedoch frühestens zum Ablauf eines Jahres nach Überlassung des Wohnraums zulässig nach § 550 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Diese Schutzvorschrift des Mieters entfaltet aber dann keine Wirkung, wenn ein Vertrag mangels Einigung über die Essentialia (notwendiger Mindestinhalt des Vertrages) erst gar nicht zu Stande gekommen ist. In dem vom Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf (I-24 U 96/11 – Urteil nachlesen) zu entscheidenden Fall war der Mieter schon eingezogen. Ein schriftlicher Mietvertrag war von beiden Seiten beabsichtigt und ein schriftlicher Entwurf eines Gewerbemietvertrages existierte auch. Die Parteien konnten sich allerdings nicht einigen, wer die vorhandenen Mängel beseitigt.


Die Kündigung eines Mietvertrags muss immer schriftlich erfolgen?

Das ist richtig. Nach § 568 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) muss immer schriftlich gekündigt werden. Eine mündliche Kündigung ist unwirksam und beendet nicht das Mietverhältnis. Die Kündigung muss übrigens eigenhändig unterschrieben sein. Die Übersendung eines Telegramms, eines Telefax oder einer E-Mail ist keine wirksame Kündigung. Auf elektronischen Weg kann nur wirksam gekündigt werden, wenn eine elektronische qualifizierte Signatur angefügt ist.


Wenn ich einen zahlungskräftigen Nachmieter vermittele, komme ich sofort aus dem Mietvertrag raus?

Nein, das ist eine nicht auszurottende Fehlannahme. Grundsätzlich kann ein herkömmlicher Mietvertrag nur mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten gekündigt werden. Die Kündigung muss bis zum 3. Werktag zugegangen sein, sonst würde sich die Kündigungsfrist um einen weiteren Monat verlängern. Der Nachmieter ist nicht dazu da, die gesetzlichen Kündigungsfristen abzukürzen. Akzeptiert der Vermieter den vorzeitigen Mieterwechsel, ist dies reine Kulanz. Man muss auch zwischen herkömmlichen Mietverträgen auf unbestimmte Zeit und Mietverträgen, die nur auf bestimmte Zeit abgeschlossen sind (Zeitmietvertrag), unterscheiden. Der Nachmieter ist nur bei Zeitmietverträgen von Bedeutung.

Aus einem Zeitmietvertrag kommt nur heraus, wer einen Nachmieter stellt. Denn bei einem Zeitmietvertrag ist das Ende der Mietzeit bereits ausdrücklich im Vertrag genannt. Solche Verträge können nicht ordentlich gekündigt werden und enden automatisch mit Zeitablauf. Bei diesen, mittlerweile selten gewordenen Verträgen, muss der Vermieter den Mieter nur vorzeitig aus dem Vertrag entlassen, wenn das Interesse des Mieters an der Vertragsauflösung dasjenige des Vermieters am Bestand des Vertrages ganz erheblich übersteigt. Es genügt übrigens nicht, dass der Mieter lediglich sein Interesse an der bisherigen Wohnung verloren hat, weil er etwa in eine preiswertere Wohnung umziehen möchte. Als berechtigtes Interesse zur Vertragsauflösung wurden anerkannt: Schwere Krankheit des Mieters mit dadurch bedingtem Umzug oder wesentliche Vergrößerung der Familie.

Achtung: Gesetzesänderung! Seit dem 01.09.2001 gelten nur noch qualifizierte Zeitmietverträge. Der Vermieter muss den Grund der Befristung, etwa Eigenbedarf, ausdrücklich im Vertrag angeben. Ist die Befristung nicht begründet und der Vertrag wurde nach dem 01.09.2001 geschlossen, können Sie jederzeit mit der gesetzlichen Kündigungsfrist kündigen.


Bei Nichtzahlung einer Monatsmiete kann der Vermieter fristlos kündigen?

Nein. Noch nicht. Erst wenn Sie für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug sind, kann der Vermieter berechtigt sein fristlos zu kündigen.


Im Mietvertrag muss die exakte Wohnfläche angegeben sein?

Stellt sich nachträglich heraus, dass die im Mietvertrag angegebene Wohnfläche mehr als 10 Prozent von der tatsächlichen Wohnfläche abweicht, ist die Wohnung mangelhaft. Der Mieter kann mindern und zuviel bezahlte Miete zurück verlangen, sofern noch keine Verjährung eingetreten ist. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (VIII ZR 144/09 – Urteil nachlesen) kann sich der Vermieter nicht dadurch absichern, dass er vor die Quadratmeterangaben im Mietvertrag das Wort „ca.“ einfügt. Zwar gab es vereinzelt Entscheidungen untergeordneter Gerichte, die wegen dieser Formulierung eine zusätzliche Toleranzgrenze von 5 % zubilligen wollten. Dem relativierenden Zusatz „ca.“ kommt jedoch laut BGH überhaupt keine Bedeutung zu. Denn die Mangelhaftigkeit liegt allein darin, dass die Wohnfläche mehr als 10 Prozent von der angegebenen Quadratmeterzahl abweicht.

Nach einer anderen Entscheidung des Bundesgerichtshofs (VIII ZR 209/10 – Urteil nachlesen) kann sich auch der Vermieter einer vollständig möblierten und vollständig mit Hausrat eingerichteten Wohnung nicht darauf herausreden, dass der Gebrauchswert angesichts der Einrichtung nicht so erheblich beeinträchtigt sei, wie bei einer leer vermieteten Wohnung. Die von einer Wohnflächenabweichung ausgehende Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit ist laut BGH nicht deshalb geringer zu veranschlagen, weil trotz der geringeren Fläche die für eine Haushaltsführung benötigten Einrichtungsgegenstände vollständig untergebracht werden können. Fazit: Auch bei einer möblierten Wohnung ist die Bruttomiete im Verhältnis der Wohnflächenabweichung gemindert.


Der Vermieter darf entscheiden, wie der mitgemietete Garten gestaltet werden darf?

Bei einem vermieteten Einfamilienhaus steht dem Mieter nach der Verkehrsanschauung auch ein Besitzrecht am gesamten dazugehörigen Garten zu, ohne dass im Mietvertrag ausdrücklich der Garten mitvermietet sein muss.

Auch wenn im Mietvertrag bestimmt ist, dass der Garten zur gärtnerischen Nutzung mitvermietet ist, heißt das aber noch lange nicht, dass der Mieter mit dem Garten tun und lassen darf, was er will. Selbstverständlich gehört zur gärtnerischen Nutzung auch, dass ein Geräteschuppen oder ein kleines Gartenhäuschen aufgestellt wird. Wenn der Mieter aber z.B. ein großes Gartenhaus aufstellen möchte, muss der Vermieter auf jeden Fall zustimmen. Der Vermieter darf auch seine Zustimmung davon abhängig machen, dass der Mieter sich verpflichtet bei Auszug das Gartenhaus wieder zu entfernen. Für den Garten gilt auch nichts anderes als für die Wohnung. Bauliche Veränderungen gehören nicht zum bestimmungsgemäßen Gebrauch der Mietsache. Um unnötigen Ärger zu vermeiden, sollte man von Anfang an das Gespräch mit dem Vermieter suchen und im Einvernehmen mit ihm das Gartenhaus errichten. Ratsam ist es, einen schriftlichen Zusatz zum Mietvertrag zu erstellen, in dem auch geregelt ist, was bei Auszug geschehen soll. Denkbar ist, dass der Vermieter bei Vertragsende das Gartenhaus für einen bestimmten Betrag behalten darf.

Der Garten darf aber sonst im ortsüblichen Rahmen nach den Vorstellungen des Mieters genutzt werden. Der Vermieter eines Einfamilienhauses kann regelmäßig nicht vorschreiben, ob Karotten oder Radieschen angebaut werden. Klauseln im Mietvertrag wie etwa: „Der Garten wird vom Mieter in einem gepflegten Zustand gehalten.“ sind aber wirksam. Ein Verstoß kann von Schadensersatzforderungen bis zur fristlosen Kündigung führen. Besteht für den Garten aber nur ein Sondernutzungsrecht, wie es bei Eigentumsanlagen regelmäßig der Fall ist, kann die Eigentümergemeinschaft sogar vorschreiben, wie der Garten auszusehen hat.


Wenn ich ausziehe kann ich den Garten im derzeitigen Zustand belassen?

Zunächst ist zu berücksichtigen, was im Mietvertrag steht oder welche Regeln beispielsweise die Eigentümergemeinschaft der Wohnanlage aufgestellt hat. Ist im Mietvertrag über ein Einfamilienhaus ausdrücklich nichts geregelt, darf der Mieter den gesamten Garten auch nutzen. Den mitgemieteten Garten eines Hauses können die Mieter weitgehend nach Belieben gestalten. Etwa Beete oder einen kleinen Teich anlegen und einen Geräteschuppen aufstellen. Auch ein Komposthaufen ist grundsätzlich erlaubt. Bei Vertragsende muss der Mieter allerdings den ursprünglichen Zustand wiederherstellen, urteilte etwa das Landgericht Lübeck (14 S 61/92 – Urteil nachlesen). Im Zweifel muss der Mieter also damit rechnen, dass er all das, was er im Garten verändert, wieder rückgängig machen muss. Aber auch umgekehrt wird eine Faustformel daraus: das was wieder rückgängig gemacht werden kann, ist im Rahmen des Nutzungsrechts am Garten auch erlaubt. Dies gilt aber nicht für eine übermäßige Nutzung, wie z. B. das Errichten eines großen Gartenhauses. Der Mieter darf also z.B. einen Teich anlegen, wenn er ihn beim Auszug wieder beseitigen kann. Ein kleines Plastikbecken aus dem Baumarkt, das nur wenige Zentimeter tief ist, darf also sicherlich im Garten eingegraben werden, es sei denn, der Vermieter hat einen Teich ausdrücklich im Mietvertrag ausgeschlossen. Wenn der Mieter ein zwei Meter tiefes Loch gräbt und mit Stahlbeton verkleidet, überschreitet er aber wohl sein Nutzungsrecht und macht sich unter Umständen sogar Schadensersatzpflichtig. Beim Auszug ist der Mieter übrigens auch berechtigt, die von ihm eingesetzten und mäßig großen und umsetzbaren Pflanzen mitzunehmen.

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