Nachbarrechtsgesetz für das Land Thüringen (ThürNRG)

Nachbarrechtsgesetz für das Land Thüringen (ThürNRG)

Nachbarrechtsgesetz Thüringen

Thüringer Nachbarrechtsgesetz

– ThürNRG –

Vom 22. Dezember 1992
Gliederungs-Nr: 403-1


Inhaltsübersicht:

Erster Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
§ 1     Nachbar und Nutzungsberechtigter
§ 2     Anwendungsbereich

Zweiter Abschnitt
Nachbarwand
§ 3     Grundsatz
§ 4     Beschaffenheit der Nachbarwand
§ 5     Anbau an die Nachbarwand
§ 6     Anzeige des Anbaues
§ 7     Vergütung
§ 8     Unterhaltung der Nachbarwand
§ 9     Nichtbenutzen der Nachbarwand
§ 10     Beseitigen der Nachbarwand vor dem Anbau
§ 11     Erhöhen und Unterfangen der Nachbarwand
§ 12     Gründungstiefe

Dritter Abschnitt
Grenzwand
§ 13     Errichten der Grenzwand
§ 14     Anbau an eine Grenzwand
§ 15     Anschluß bei zwei Grenzwänden
§ 16     Unterfangen einer Grenzwand

Vierter Abschnitt
Hochführen von Schornsteinen, Lüftungsschächten und Antennenanlagen
§ 17     Inhalt und Umfang
§ 18     Anzeigepflicht
§ 19     Schadensersatz
§ 20     Entschädigung

Fünfter Abschnitt
Hammerschlags- und Leiterrecht
§ 21     Inhalt und Umfang
§ 22     Anzeigepflicht
§ 23     Schadensersatz
§ 24     Gefahr im Verzug
§ 25     Entschädigung

Sechster Abschnitt
Duldung von Leitungen
§ 26     Duldungspflicht
§ 27     Unterhaltung der Leitungen
§ 28     Anzeigepflicht und Schadensersatz
§ 29     Anschlußrecht des Duldungspflichtigen
§ 30     Betretungsrecht
§ 31     Nachträgliche erhebliche Beeinträchtigungen
§ 32     Entschädigung
§ 33     Anschluß an Fernheizungen

Siebenter Abschnitt
Fenster- und Lichtrecht
§ 34     Inhalt und Umfang
§ 35     Ausnahmen
§ 36     Ausschluß des Beseitigungsanspruchs

Achter Abschnitt
Dachtraufe
§ 37     Ableitung des Niederschlagswassers
§ 38     Anbringen von Sammel- und Abflußeinrichtungen

Neunter Abschnitt
Einfriedungen
§ 39     Einfriedungspflicht
§ 40     Kosten der Unterhaltung der Einfriedung
§ 41     Anzeigepflicht
§ 42     Grenzabstand von Einfriedungen

Zehnter Abschnitt
Bodenerhöhungen
§ 43     Grundsatz

Elfter Abschnitt
Grenzabstände für Pflanzen
§ 44     Grenzabstände für Bäume, Sträucher und einzelne Rebstöcke
§ 45     Grenzabstände für Hecken
§ 46     Ausnahmen
§ 47     Berechnung des Abstandes
§ 48     Grenzabstände im Weinbau
§ 49     Grenzabstände für Wald
§ 50     Abstände von Spaliervorrichtungen und Pergolen
§ 51     Anspruch auf Beseitigung oder Zurückschneiden
§ 52     Nachträgliche Grenzänderungen

Zwölfter Abschnitt
Verjährung
§ 53     Verjährung

Dreizehnter Abschnitt
Schlußbestimmungen
§ 54     Übergangsbestimmungen
§ 55     Außerkrafttreten von Bestimmungen
§ 56     In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten



Erster Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Nachbar und Nutzungsberechtigter
(1) Nachbar im Sinne dieses Gesetzes ist der Eigentümer eines Grundstücks, im Falle der Belastung des Grundstücks mit einem Erbbaurecht der Erbbauberechtigte. Soweit sich nach den Bestimmungen dieses Gesetzes für den Eigentümer eines Grundstücks Rechte oder Pflichten ergeben, treffen diese bei einer Belastung des Grundstücks mit einem Erbbaurecht den Erbbauberechtigten.
(2) Rechte und Pflichten eines Nutzungsberechtigten nach diesem Gesetz entstehen nur für denjenigen Nutzungsberechtigten, dessen Besitzstand berührt wird.

§ 2 Anwendungsbereich
(1) Die §§ 3 bis 52 dieses Gesetzes gelten nur, soweit die Beteiligten nichts anderes vereinbaren.
(2) Rechte und Pflichten nach öffentlichem Recht werden durch dieses Gesetz nicht berührt. Die Ausübung von Rechten nach diesem Gesetz ist nur zulässig, wenn die nach öffentlichem Recht zu erfüllenden Voraussetzungen gegeben sind.


Zweiter Abschnitt

Nachbarwand

§ 3 Grundsatz
(1) Nachbarwand ist die auf der Grenze zweier Grundstücke errichtete Wand, die den auf diesen Grundstücken errichteten oder zu errichtenden Gebäuden als Abschlußwand oder zur Unterstützung oder Aussteifung dient oder dienen soll.
(2) Eine Nachbarwand darf nur errichtet werden, wenn der Nachbar einwilligt.
(3) Für die mit Einwilligung des Nachbarn errichtete Nachbarwand gelten die Bestimmungen der §§ 4 bis 12.

§ 4 Beschaffenheit der Nachbarwand
(1) Die Nachbarwand ist in einer solchen Bauart und Bemessung, insbesondere in der Dicke und mit der Gründungstiefe auszuführen, daß sie den Zwecken beider Nachbarn genügt. Der zuerst Bauende braucht die Wand nur für einen Anbau herzurichten, der an die Bauart und Bemessung der Wand keine höheren Anforderungen stellt als sein eigenes Gebäude.
(2) Erfordert keines der beiden Gebäude eine größere Dicke der Wand als das andere, so darf die Nachbarwand höchstens mit der Hälfte ihrer notwendigen Dicke auf dem Nachbargrundstück errichtet werden. Erfordert das auf einem der Grundstücke geplante Gebäude eine dickere Wand, so ist die Wand mit einem entsprechend größeren Teil ihrer Dicke auf diesem Grundstück zu errichten.
(3) Soweit die Nachbarwand den Bestimmungen des Absatzes 2 entspricht, hat der Nachbar keinen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung (§ 912 des Bürgerlichen Gesetzbuches) oder auf Abkauf von Boden (§ 915 des Bürgerlichen Gesetzbuches). Wird die Nachbarwand beseitigt, bevor angebaut ist, so kann der Nachbar für die Zeit ihres Bestehens eine Vergütung nach § 912 des Bürgerlichen Gesetzbuches beanspruchen.

§ 5 Anbau an die Nachbarwand
Der Nachbar ist berechtigt, an die Nachbarwand anzubauen. Anbau ist die Mitbenutzung der Wand als Abschlußwand oder zur Unterstützung oder Aussteifung der neuen baulichen Anlage.

§ 6 Anzeige des Anbaues
(1) Die Einzelheiten des beabsichtigten Anbaues sind mindestens drei Monate vor Beginn der Bauarbeiten dem Eigentümer und dem Nutzungsberechtigten des zuerst bebauten Grundstücks schriftlich anzuzeigen. Mit den Arbeiten darf erst nach Fristablauf begonnen werden.
(2) Etwaige Einwendungen gegen den Anbau sind unverzüglich zu erheben.
(3) Ist jemand, dem Anzeige nach Absatz 1 zu machen ist, unbekannten Aufenthaltes oder nicht alsbald erreichbar und hat er keinen Vertreter bestellt, so genügt statt der Anzeige an diesen Betroffenen die Anzeige an den unmittelbaren Besitzer.

§ 7 Vergütung
(1) Der anbauende Nachbar hat dem Eigentümer des zuerst bebauten Grundstücks den halben Wert der Nachbarwand zu vergüten, soweit ihre Fläche zum Anbau genutzt wird.
(2) Die Vergütung ist angemessen herabzusetzen, wenn die besondere Bauart oder Bemessung der Wand nicht erforderlich oder nur für das zuerst errichtete Gebäude erforderlich ist; sie ist angemessen zu erhöhen, wenn die besondere Bauart oder Bemessung der Wand nur für das später errichtete Gebäude erforderlich ist.
(3) Nimmt die Nachbarwand auf dem Grundstück des anbauenden Nachbarn eine größere Bodenfläche in Anspruch als in § 4 Abs. 2 vorgesehen, so kann dieser die Vergütung um den Wert des zusätzlich überbauten Bodens kürzen, wenn er nicht die in § 912 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches oder in § 915 des Bürgerlichen Gesetzbuches bestimmten Rechte ausübt. Nimmt die Nachbarwand auf dem Grundstück des anbauenden Nachbarn eine geringere Bodenfläche in Anspruch als in § 4 Abs. 2 vorgesehen, so erhöht sich die Vergütung um den Wert des Bodens, den die Wand andernfalls auf dem Grundstück des anbauenden Nachbarn zusätzlich benötigen würde.
(4) Die Vergütung wird mit der Fertigstellung des Rohbaus fällig; sie steht demjenigen zu, der zu dieser Zeit Eigentümer ist. Bei der Wertberechnung ist von den zu diesem Zeitpunkt üblichen Baukosten auszugehen und das Alter sowie der bauliche Zustand der Nachbarwand zu berücksichtigen. Auf Verlangen ist Sicherheit in Höhe der voraussichtlich zu gewährenden Vergütung zu leisten; in einem solchen Falle darf der Anbau erst nach Leistung der Sicherheit begonnen oder fortgesetzt werden. Die Sicherheit kann in einer Bankbürgschaft bestehen.

§ 8 Unterhaltung der Nachbarwand
(1) Bis zum Anbau fallen die Unterhaltungskosten der Nachbarwand dem Eigentümer des zuerst bebauten Grundstücks allein zur Last.
(2) Nach dem Anbau sind die Unterhaltungskosten für den gemeinsam genutzten Teil der Nachbarwand von beiden Nachbarn entsprechend dem Verhältnis ihrer Beteiligung gemäß § 7 Abs. 1 und 2 zu tragen.
(3) Wird eines der beiden Gebäude abgebrochen und nicht neu errichtet, so hat der Eigentümer des abgebrochenen Gebäudes die Außenfläche des bisher gemeinsam genutzten Teiles der Wand in einen für eine Außenwand geeigneten Zustand zu versetzen. Bedarf die Wand gelegentlich des Gebäudeabbruches noch weiterer Instandsetzung, so sind die Kosten dafür gemäß Absatz 2 von beiden Nachbarn gemeinsam zu tragen.

§ 9 Nichtbenutzen der Nachbarwand
(1) Wird das später errichtete Gebäude nicht an die Nachbarwand angebaut, so hat der anbauberechtigte Nachbar für die durch Errichtung einer Nachbarwand entstandenen Mehraufwendungen gegenüber den Kosten einer Grenzwand (§ 13) Ersatz zu leisten. Dabei ist in angemessener Weise zu berücksichtigen, daß das Nachbargrundstück durch die Nachbarwand teilweise weiter genutzt wird. Ist der Anbau wegen einer Veränderung der Rechtslage unmöglich geworden, so hat der anbauberechtigte Nachbar lediglich die Hälfte des nach Satz 1 zu leistenden Betrages zu zahlen.
(2) Hat die Nachbarwand von dem Grundstück des zuerst Bauenden weniger Bodenfläche benötigt als eine Grenzwand (§ 13), so ermäßigt sich der Ersatz um den Wert der eingesparten Bodenfläche.
(3) Höchstens ist der Betrag zu erstatten, der im Falle des Anbaues zu zahlen wäre.
(4) Im übrigen ist § 7 Abs. 4 Satz 1 entsprechend anzuwenden.
(5) Der anbauberechtigte Nachbar ist verpflichtet, die Dachfläche seines Gebäudes auf seine Kosten dicht an die Nachbarwand anzuschließen sowie den zwischen der Nachbarwand und seinem Gebäude entstandenen Zwischenraum auf seine Kosten in geeigneter Weise so zu schließen, daß Schäden im Bereich des Zwischenraumes an dem zuerst errichteten Gebäude vermieden werden.

§ 10 Beseitigen der Nachbarwand vor dem Anbau
(1) Der Eigentümer des zuerst bebauten Grundstücks darf die Nachbarwand nur mit Einwilligung des Nachbarn beseitigen. Die Absicht, die Nachbarwand zu beseitigen, muß dem Nachbarn schriftlich erklärt werden. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Nachbar dieser Erklärung nicht innerhalb von zwei Monaten schriftlich widerspricht. Für die Erklärung gilt § 6 Abs. 3 entsprechend.
(2) Die Einwilligung gilt trotz Widerspruchs als erteilt, wenn 1. der Nachbar nicht innerhalb von sechs Monaten nach Empfang der Erklärung einen Bauantrag zur Errichtung des Anbaues bei der Baugenehmigungsbehörde einreicht oder, falls dieses Vorhaben keiner Baugenehmigung bedarf, andere zur Schaffung der öffentlich-rechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen erforderliche Maßnahmen einleitet, 2. nicht innerhalb eines Jahres nach Vorliegen der für den Anbau erforderlichen öffentlich-rechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen mit dessen Ausführung begonnen wird, 3. bei verfahrensfreien Baumaßnahmen nicht innerhalb eines Jahres ab der Erklärung nach Absatz 1 Satz 2 mit dem Anbau begonnen wird oder 4. die Versagung einer für den Anbau erforderlichen Genehmigung oder sonstigen öffentlich-rechtlichen Entscheidung nicht mehr angefochten werden kann.
(3) Beseitigt der Erbauer der Nachbarwand diese ganz oder teilweise, ohne hierzu nach den Absätzen 1 und 2 berechtigt zu sein, so kann der anbauberechtigte Nachbar ohne Rücksicht auf Verschulden Ersatz für den ihm durch die völlige oder teilweise Beseitigung der Anbaumöglichkeit zugefügten Schaden verlangen. Der Anspruch wird mit der Fertigstellung des Rohbaus des späteren Gebäudes fällig.

§ 11 Erhöhen und Unterfangen der Nachbarwand
(1) Jeder Nachbar ist berechtigt, die Nachbarwand auf seine Kosten zu erhöhen. Für den hinzugefügten oberen Teil der Nachbarwand gelten die §§ 4 bis 10 entsprechend.
(2) Der höher Bauende darf auf das Nachbardach einschließlich des Dachtragewerks einwirken, soweit dies erforderlich ist; er hat auf seine Kosten das Nachbardach mit der erhöhten Nachbarwand ordnungsgemäß zu verbinden.
(3) Ein Unterfangen der Nachbarwand ist nur unter den Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 zulässig. Für die Verpflichtung zur vorherigen Anzeige der Rechtsausübung und zum Schadensersatz gelten die §§ 6 und 19 entsprechend.

§ 12 Gründungstiefe
(1) Soll eine Nachbarwand errichtet werden, so kann der Nachbar von ihrem Erbauer bis zum Vorliegen der erforderlichen öffentlich-rechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen verlangen, daß dieser die Gründung so tief legt, wie es erforderlich ist, um bei Errichtung eines baurechtlich zulässigen Gebäudes auf dem Nachbargrundstück die Nachbarwand zu benutzen. Er hat ihm in diesem Falle die entstandenen Mehrkosten zu erstatten. Auf Verlangen ist binnen zwei Wochen Vorschuß in Höhe der voraussichtlichen Mehrkosten zu leisten. Der Anspruch auf tiefere Gründung erlischt, wenn der Vorschuß nicht fristgerecht geleistet wird.
(2) Der Erbauer der Nachbarwand kann verlangen, daß der Nachbar innerhalb angemessener Frist die tiefere Gründung selbst ausführt. Nach Ablauf dieser Frist gilt das Verlangen auf tiefere Gründung nach Absatz 1 als nicht gestellt.
(3) Soweit die tiefere Gründung zum Vorteil des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks ausgenutzt wird, beschränkt sich die Erstattungspflicht des Nachbarn auf die Hälfte der entstandenen Mehrkosten; darüber hinaus erbrachte Leistungen können zurückgefordert werden. Absatz 2 ist nicht anzuwenden.


Dritter Abschnitt

Grenzwand

§ 13 Errichten der Grenzwand
(1) Grenzwand ist die unmittelbar an der Grenze zum Nachbargrundstück, jedoch ausschließlich auf dem Grundstück des Erbauers errichtete Wand.
(2) Wer eine Grenzwand errichten will, hat dem Nachbarn die Bauart, Bemessung und Gründung der beabsichtigten Wand schriftlich anzuzeigen. § 6 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung.
(3) Der Nachbar kann innerhalb eines Monats nach Zugang der Anzeige eine solche Gründung der Grenzwand verlangen, daß zusätzliche Baumaßnahmen vermieden werden, wenn er später neben der Grenzwand ein Gebäude errichtet oder erweitert. Mit den Arbeiten zur Errichtung der Grenzwand darf erst nach Ablauf der Frist begonnen werden.
(4) Die nach Absatz 3 entstehenden Mehrkosten sind zu erstatten. In Höhe der voraussichtlich erwachsenden Mehrkosten ist auf Verlangen binnen zwei Wochen Vorschuß zu leisten; der Anspruch auf besondere Gründung erlischt, wenn der Vorschuß nicht fristgerecht geleistet wird.
(5) Soweit die besondere Gründung auch zum Vorteil des zuerst errichteten Gebäudes ausgenutzt wird, beschränkt sich die Erstattungspflicht des Nachbarn auf den angemessenen Kostenanteil; darüber hinaus bereits erbrachte Leistungen können zurückgefordert werden.
(6) Die Absätze 2 bis 5 gelten nicht, wenn Garagen oder andere eingeschossige Nebengebäude ohne Aufenthaltsräume an der Grenze errichtet werden sollen.

§ 14 Anbau an eine Grenzwand
(1) Der Nachbar darf eine Grenzwand durch Anbau (§ 5 Satz 2) nutzen, wenn der Eigentümer einwilligt.
(2) Der anbauende Nachbar hat eine Vergütung zu zahlen, soweit er sich nicht schon nach § 13 Abs. 4 an den Baukosten beteiligt hat. Auf diese Vergütung ist § 7 Abs. 1, 2 und 4 entsprechend anzuwenden. Die Vergütung erhöht sich um den Wert des Bodens, den der Anbauende gemäß § 4 Abs. 2 bei Errichtung einer Nachbarwand hätte zur Verfügung stellen müssen.
(3) Für die Unterhaltungskosten der Grenzwand gilt § 8 entsprechend.

§ 15 Anschluß bei zwei Grenzwänden
(1) Wer eine Grenzwand neben einer schon vorhandenen Grenzwand errichtet, hat sie auf seine Kosten an das zuerst errichtete Gebäude dicht anzuschließen. Er hat den Anschluß auf seine Kosten zu unterhalten.
(2) Die Einzelheiten des beabsichtigten Anschlusses sind in der nach § 13 Abs. 2 vorgeschriebenen Anzeige dem Nachbarn mitzuteilen.
(3) Werden die Grenzwände gleichzeitig errichtet, so tragen die Nachbarn die Kosten des Anschlusses und seiner Unterhaltung zu gleichen Teilen.

§ 16 Unterfangen einer Grenzwand
(1) Muß der Nachbar zur Errichtung seines Gebäudes seine Grenzwand tiefer als die zuerst errichtete Grenzwand gründen, so darf er diese unterfangen, wenn keine erhebliche Schädigung des zuerst errichteten Gebäudes zu besorgen ist und das Unterfangen nur mit unzumutbar hohen Kosten vermieden werden könnte.
(2) Für die Verpflichtung zur vorherigen Anzeige der Rechtsausübung und zum Schadensersatz gelten die §§ 6 und 19 entsprechend.


Vierter Abschnitt

Hochführen von Abgasanlagen, Lüftungsschächten und Antennenanlagen

§ 17 Inhalt und Umfang
(1) Der Eigentümer und der Nutzungsberechtigte eines Grundstücks müssen dulden, daß der Nachbar an dem Gebäude Abgasanlagen, Lüftungsschächte und Antennenanlagen seines angrenzenden niedrigeren Gebäudes befestigt, wenn 1. die Höherführung der Abgasanlagen und Lüftungsschächte zur Betriebsfähigkeit oder die Erhöhung der Antennenanlage für einen einwandfreien Empfang von Sendungen erforderlich ist, 2. die Befestigung der höher geführten Abgasanlagen, Lüftungsschächte und Antennenanlagen ohne Inanspruchnahme des Nachbargebäudes nur mit erheblichen technischen Nachteilen oder unverhältnismäßig hohen Kosten möglich wäre und 3. das betroffene Grundstück nicht erheblich beeinträchtigt wird.
(2) Der Eigentümer und der Nutzungsberechtigte des betroffenen Grundstücks müssen ferner dulden, 1. daß die höhergeführten Abgasanlagen, Lüftungsschächte und Antennenanlagen von ihrem Grundstück aus unterhalten und gereinigt werden und 2. daß die hierfür erforderlichen Einrichtungen auf ihrem Grundstück angebracht werden, wenn diese Maßnahmen anders nicht zweckmäßig oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten getroffen werden können. Sie können die Berechtigten darauf verweisen, an ihrem Gebäude außen eine Steigleiter anzubringen und zu benutzen, wenn dies den notwendigen Zugang für die nach Satz 1 vorzunehmenden Arbeiten ermöglicht.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten für Antennenanlagen nicht, wenn dem Eigentümer und dem Nutzungsberechtigten des niedrigeren Gebäudes die Mitbenutzung einer dazu geeigneten Antennenanlage des höheren Gebäudes gestattet wird.

§ 18 Anzeigepflicht
Für die Verpflichtung zur vorherigen Anzeige der Rechtsausübung gilt § 6 entsprechend. Keiner vorherigen Anzeige bedürfen jedoch die vorgeschriebenen Tätigkeiten des Schornsteinfegers, notwendige Besichtigungen der Anlage durch den Berechtigten sowie kleinere Arbeiten, die den Verpflichteten nicht belästigen.

§ 19 Schadensersatz
(1) Schaden, der bei Ausübung der Rechte nach § 17 dem Eigentümer oder dem Nutzungsberechtigten des Nachbargrundstücks entsteht, ist ohne Rücksicht auf Verschulden zu ersetzen. Hat der Geschädigte den Schaden mitverursacht, so richtet sich die Ersatzpflicht sowie der Umfang der Ersatzleistung nach den Umständen, insbesondere danach, inwieweit der Schaden überwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
(2) Auf Verlangen ist Sicherheit in Höhe des möglichen Schadensbetrages zu leisten. In diesem Falle darf das Recht erst nach Leistung der Sicherheit ausgeübt werden. Die Sicherheit kann in einer Bankbürgschaft bestehen.

§ 20 Entschädigung
(1) Für die Duldung der Rechtsausübung nach § 17 ist der Nachbar durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Rente ist jährlich im voraus zu entrichten.
(2) Die Höhe der Rente ist nach Billigkeit zu bemessen. Dabei sind die dem Berechtigten durch die Ausübung des Rechts zugute kommenden Einsparungen und der Umfang der Belästigung des Nachbarn angemessen zu berücksichtigen.


Fünfter Abschnitt

Hammerschlags- und Leiterrecht

§ 21 Inhalt und Umfang
(1) Der Eigentümer und der Nutzungsberechtigte müssen dulden, daß ihr Grundstück zwecks Errichtung, Veränderung, Reinigung, Unterhaltung oder Beseitigung einer baulichen Anlage auf dem Nachbargrundstück vorübergehend betreten wird und daß auf oder über dem Grundstück Leitern oder Gerüste aufgestellt sowie die zu den Bauarbeiten erforderlichen Gegenstände über das Grundstück gebracht werden, wenn und soweit 1. das Vorhaben anders nicht, nicht zweckmäßig oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten durchgeführt werden kann und 2. die mit der Duldung verbundenen Nachteile und Belästigungen nicht außer Verhältnis zu dem von dem Berechtigten erstrebten Vorteil stehen.
(2) Das Recht ist mit möglichster Schonung des Nachbargrundstücks auszuüben; es darf nicht zur Unzeit geltend gemacht werden.

§ 22 Anzeigepflicht
Die Absicht, das Nachbargrundstück zu benutzen, ist mindestens zwei Wochen vor Beginn der Benutzung dem Eigentümer und dem Nutzungsberechtigten dieses Grundstücks anzuzeigen. § 6 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung.

§ 23 Schadensersatz
Schaden, der bei der Ausübung der Rechte nach § 21 dem Eigentümer oder Nutzungsberechtigten des Nachbargrundstücks entsteht, ist ohne Rücksicht auf Verschulden zu ersetzen. Auf Verlangen ist Sicherheit in Höhe des voraussichtlichen Schadensbetrages zu leisten; in diesem Falle darf das Recht erst nach Leistung der Sicherheit ausgeübt werden. Die Sicherheit kann in einer Bankbürgschaft bestehen.

§ 24 Gefahr im Verzug
Ist die Ausübung des Rechts nach § 21 zur Abwendung einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr erforderlich, so entfällt die Verpflichtung zur Anzeige nach § 22 und zur Sicherheitsleistung nach § 23 Satz 2.

§ 25 Entschädigung
(1) Wer ein Grundstück länger als zwei Wochen gemäß § 21 benutzt, hat für die ganze Zeit der Benutzung eine angemessene Entschädigung zu zahlen; diese ist in der Regel so hoch wie die ortsübliche Miete für einen dem benutzten Grundstücksteil vergleichbaren gewerblichen Lagerplatz.
(2) Auf die nach Absatz 1 zu zahlende Entschädigung sind Schadensersatzleistungen nach § 23 für entgangene anderweitige Nutzung anzurechnen.


Sechster Abschnitt

Duldung von Leitungen

§ 26 Duldungspflicht
(1) Der Eigentümer und der Nutzungsberechtigte müssen dulden, daß durch ihr Grundstück Wasserversorgungs- oder Abwasserleitungen zu einem Nachbargrundstück hindurchgeführt werden, wenn 1. der Anschluß an das Wasserversorgungs- oder Entwässerungsnetz anders nicht zweckmäßig oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten durchgeführt werden kann und 2. die damit verbundene Beeinträchtigung nicht erheblich ist.
(2) Ist das betroffene Grundstück an das Wasserversorgungs- und Entwässerungsnetz bereits angeschlossen und reichen die vorhandenen Leitungen zur Versorgung oder Entwässerung beider Grundstücke aus, so beschränkt sich die Verpflichtung nach Absatz 1 auf das Dulden des Anschlusses. Im Falle des Anschlusses ist zu den Herstellungskosten des Teils der Leitungen, der nach dem Anschluß mitbenutzt werden soll, ein angemessener Beitrag und auf Verlangen Sicherheit in Höhe des voraussichtlichen Beitrags zu leisten. In diesem Falle dürfen die Arbeiten erst nach Leistung der Sicherheit vorgenommen werden. Die Sicherheit kann in einer Bankbürgschaft bestehen.
(3) Bestehen technisch mehrere Möglichkeiten der Durchführung, so ist die für das betroffene Grundstück schonendste zu wählen.

§ 27 Unterhaltung der Leitungen
Der Berechtigte hat die nach § 26 verlegten Leitungen oder Anschlußleitungen auf seine Kosten zu unterhalten. Zu den Unterhaltungskosten der Teile der Leitungen, die von ihm mitbenutzt werden, hat er einen angemessenen Beitrag zu leisten.

§ 28 Anzeigepflicht und Schadensersatz
(1) Für die Verpflichtungen des Berechtigten zur Anzeige und zum Schadensersatz gelten die §§ 22 und 23 entsprechend.
(2) Der Duldungspflichtige hat dem Berechtigten auch anzuzeigen, daß er auf seinem Grundstück Veränderungen vornehmen will, die wesentliche Auswirkungen auf die Benutzung oder Unterhaltung der verlegten Leitungen haben könnten.

§ 29 Anschlußrecht des Duldungspflichtigen
(1) Der Eigentümer und der Nutzungsberechtigte eines Grundstücks, das nach § 26 in Anspruch genommen wird, sind berechtigt, ihrerseits an die verlegten Leitungen anzuschließen, wenn diese ausreichen, um die Wasserversorgung oder die Entwässerung beider Grundstücke sicherzustellen. § 26 Abs. 2 Satz 2 und die §§ 27 und 28 gelten entsprechend.
(2) Soll ein auf dem betroffenen Grundstück errichtetes oder noch zu erstellendes Gebäude an die Leitungen angeschlossen werden, die der Eigentümer oder der Nutzungsberechtigte eines anderen Grundstücks nach § 26 durch das Grundstück hindurchführen wollen, so können der Eigentümer und der Nutzungsberechtigte des betroffenen Grundstücks verlangen, daß die Leitungen so verlegt werden, daß ihr Grundstück ebenfalls angeschlossen werden kann. Die entstehenden Mehrkosten sind zu erstatten. In Höhe der voraussichtlich erwachsenden Mehrkosten ist auf Verlangen binnen zwei Wochen Vorschuß zu leisten; der Anspruch nach Satz 1 erlischt, wenn der Vorschuß nicht fristgerecht geleistet wird.

§ 30 Betretungsrecht
(1) Der Eigentümer und der Nutzungsberechtigte müssen dulden, daß ihr Grundstück zwecks Verlegung, Änderung, Unterhaltung oder Beseitigung einer Wasserversorgungs- oder Abwasserleitung auf einem anderen Grundstück betreten wird, daß über das Grundstück die zu den Arbeiten erforderlichen Gegenstände gebracht werden und daß Erdaushub vorübergehend dort gelagert wird, wenn 1. das Vorhaben anders nicht, nicht zweckmäßig oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten durchgeführt werden kann und 2. die mit der Duldung verbundenen Nachteile und Belästigungen nicht außer Verhältnis zu dem von dem Berechtigten erstrebten Vorteil stehen.
(2) Die Bestimmungen der §§ 22 bis 25 gelten entsprechend.

§ 31 Nachträgliche erhebliche Beeinträchtigungen
(1) Führen die nach § 26 Abs. 1 verlegten Leitungen oder die nach § 26 Abs. 2 hergestellten Anschlußleitungen nachträglich zu einer erheblichen Beeinträchtigung, so können der Eigentümer und der Nutzungsberechtigte des betroffenen Grundstücks von dem Berechtigten verlangen, daß er seine Leitungen beseitigt und die Beseitigung der Teile der Leitungen, die gemeinschaftlich genutzt werden, duldet. Dieses Recht entfällt, wenn der Berechtigte die Beeinträchtigung so herabmindert, daß sie nicht mehr erheblich ist.
(2) Schaden, der durch Maßnahmen nach Absatz 1 auf dem betroffenen Grundstück entsteht, ist ohne Rücksicht auf Verschulden zu ersetzen.

§ 32 Entschädigung
(1) Für die Duldung der Rechtsausübung nach § 26 ist der Nachbar durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Rente ist jährlich im voraus zu entrichten.
(2) Die Höhe der Rente ist nach Billigkeit zu bemessen. Dabei sind die dem Berechtigten durch die Ausübung des Rechts zugute kommenden Einsparungen und der Umfang der Belästigung des Nachbarn angemessen zu berücksichtigen.

§ 33 Anschluß an Fernheizungen
Die Bestimmungen dieses Abschnitts gelten entsprechend für den Anschluß eines Grundstücks an eine Fernheizung, sofern derjenige, der sein Grundstück anschließen will, einem Anschlußzwang unterliegt.


Siebenter Abschnitt

Fenster- und Lichtrecht

§ 34 Inhalt und Umfang
(1) In oder an der Außenwand eines Gebäudes, die parallel oder in einem Winkel bis zu 60° (alte Teilung) zur Grenze des Nachbargrundstücks verläuft, dürfen Fenster oder Türen, die von der Grenze keinen größeren Abstand als 2,50 m haben sollen, nur angebracht werden, wenn der Nachbar seine Einwilligung erteilt hat.
(2) Die Einwilligung muß erteilt werden, wenn keine oder nur geringfügige Beeinträchtigungen zu erwarten sind.
(3) Hat der Nachbar die nach Absatz 1 erforderliche Einwilligung zum Anbringen eines Fensters erteilt, so muß er mit später zu errichtenden baulichen Anlagen einen Abstand von 2 m von diesem Fenster einhalten. Dies gilt nicht, wenn die später errichtete bauliche Anlage den Lichteinfall in das Fenster nicht oder nur geringfügig beeinträchtigt oder wenn die Einhaltung eines geringeren Abstandes baurechtlich geboten ist.
(4) Absatz 3 Satz 1 gilt nur, wenn die Einwilligung schriftlich erteilt ist. Die Unterzeichnung der Bauunterlagen genügt nicht.
(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für Balkone, Terrassen und ähnliche Bauteile, die einen Ausblick zum Nachbargrundstück gewähren. Der Abstand wird vom grenznächsten Punkt des Bauteils gemessen.

§ 35 Ausnahmen
Eine Einwilligung nach § 34 ist nicht erforderlich 1. soweit die Anbringung der Fenster, Türen oder Bauteile (§ 34 Abs. 5) baurechtlich geboten ist, 2. für Lichtöffnungen, die nicht geöffnet werden können und entweder mit ihrer Unterkante mindestens 1,80 m über dem Fußboden des zu erhellenden Raumes liegen oder undurchsichtig sind, 3. für Lichtschächte und Öffnungen, die unterhalb der angrenzenden Erdoberfläche liegen, 4. für Fenster oder andere Öffnungen zur Belichtung oder Belüftung von Ställen in Dorfgebieten, 5. für Außenwände gegenüber Grenzen zu öffentlichen Verkehrsflächen, Grünflächen und Gewässern, wenn die Flächen oder Gewässer (Mittelwasserstand) mindestens 3 m breit sind.

§ 36 Ausschluß des Beseitigungsanspruchs
Der Anspruch auf Beseitigung einer Einrichtung im Sinne des § 34, die einen geringeren als den dort vorgeschriebenen Abstand einhält, ist ausgeschlossen, wenn der Nachbar nicht innerhalb von zwei Jahren nach dem Anbringen Klage auf Beseitigung erhoben hat.


Achter Abschnitt

Dachtraufe

§ 37 Ableitung des Niederschlagswassers
(1) Der Eigentümer und der Nutzungsberechtigte eines Grundstücks müssen ihre baulichen Anlagen so einrichten, daß Niederschlagswasser nicht auf das Nachbargrundstück tropft, auf dieses abgeleitet wird oder übertritt.
(2) Absatz 1 findet keine Anwendung auf freistehende Mauern entlang öffentlicher Straßen, Grünflächen und Gewässer, es sei denn, daß die Zuführung des Wassers zu wesentlichen Beeinträchtigungen führt oder dadurch Dritte gefährdet werden.

§ 38 Anbringen von Sammel- und Abflußeinrichtungen
(1) Wer aus besonderem Rechtsgrund verpflichtet ist, Niederschlagswasser aufzunehmen, das von den baulichen Anlagen eines Nachbargrundstücks tropft oder in anderer Weise auf sein Grundstück gelangt, darf auf seine Kosten besondere Sammel- und Abflußeinrichtungen auf dem Nachbargrundstück anbringen, wenn damit keine erhebliche Beeinträchtigung verbunden ist. Er hat diese Einrichtungen zu unterhalten.
(2) Für die Verpflichtung zur vorherigen Anzeige der Rechtsausübung und zum Schadensersatz gelten die §§ 6 und 19 entsprechend.


Neunter Abschnitt

Einfriedungen

§ 39 Einfriedungspflicht
(1) Innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles ist der Eigentümer eines Grundstücks auf Verlangen des Nachbarn verpflichtet, sein Grundstück einzufrieden, wenn dies zum Schutze des Nachbargrundstücks vor wesentlichen Beeinträchtigungen erforderlich ist, die von dem einzufriedenden Grundstück ausgehen.
(2) Soweit baurechtlich nichts anderes vorgeschrieben ist oder gefordert wird, richtet sich die Art der Einfriedung nach der Ortsübung. Läßt sich eine ortsübliche Einfriedung nicht feststellen, so gilt ein 1,2 m hoher Zaun aus festem Maschendraht als ortsüblich. Reicht die nach den Sätzen 1 oder 2 vorgeschriebene Art der Einfriedung nicht aus, um dem Nachbargrundstück angemessenen Schutz vor Beeinträchtigungen zu bieten, so hat der zur Einfriedung Verpflichtete die Einfriedung in dem erforderlichen Maße zu verstärken oder zu erhöhen.

§ 40 Kosten und Unterhaltung der Einfriedung
(1) Wer zur Einfriedung seines Grundstücks verpflichtet ist, hat die hierzu erforderlichen Einrichtungen auf seinem eigenen Grundstück anzubringen und zu unterhalten.
(2) Sind zwei Nachbarn an einem Grenzabschnitt nach § 39 gegenseitig zur Einfriedung verpflichtet, so kann jeder von ihnen verlangen, daß eine gemeinsame Einfriedung auf die Grenze gesetzt wird. Die Nachbarn haben die Kosten der Errichtung und der Unterhaltung der Einfriedung je zur Hälfte zu tragen. Als Kosten sind die tatsächlichen Aufwendungen einschließlich der Eigenleistungen zu berechnen, in der Regel jedoch nicht mehr als die Kosten einer ortsüblichen Einfriedung (§ 39 Abs. 2 Satz 1). Höhere Kosten sind nur zu berücksichtigen, wenn eine aufwendigere Art der Einfriedung erforderlich oder vorgeschrieben war; war die besondere Einfriedungsart nur für eines der Grundstücke erforderlich oder vorgeschrieben, so hat der Eigentümer dieses Grundstücks die Mehrkosten allein zu tragen.
(3) Tritt die Verpflichtung zur Errichtung einer Einfriedung bei einem der beiden Nachbarn erst später ein, so hat dieser dem Nachbarn, der die Einfriedung an der gemeinsamen Grenze errichtet hat, auf dessen Verlangen den Zeitwert der Einfriedung zur Hälfte zu ersetzen und von dem Zeitpunkt an, an dem die Verpflichtung eingetreten ist, die Kosten der Unterhaltung zur Hälfte zu tragen. Absatz 2 Satz 4 gilt sinngemäß.

§ 41 Anzeigepflicht
(1) Die Absicht, eine Einfriedung zu errichten, zu beseitigen, durch eine andere zu ersetzen oder wesentlich zu verändern, ist dem Nachbarn mindestens zwei Wochen vor Beginn der Arbeiten anzuzeigen. § 6 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung.
(2) Die Anzeigepflicht besteht auch dann, wenn der Nachbar weder die Einfriedung verlangen kann noch zu den Kosten beizutragen hat.

§ 42 Grenzabstand von Einfriedungen
(1) Einfriedungen müssen von der Grenze eines landwirtschaftlich genutzten Grundstücks, das außerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils liegt und nicht in einem Bebauungsplan als Bauland ausgewiesen ist, auf Verlangen des Nachbarn 0,5 m zurückbleiben. Dies gilt nicht gegenüber Grundstücken, für die nach Lage, Beschaffenheit oder Größe eine Bearbeitung mit Gespann oder Schlepper nicht in Betracht kommt. Von der Grenze eines Wirtschaftsweges müssen Einfriedungen 0,5 m zurückbleiben.
(2) Der Anspruch auf Beseitigung einer Einfriedung, die einen geringeren Abstand als 0,5 m einhält, ist ausgeschlossen, wenn der Nachbar nicht innerhalb von zwei Jahren nach dem Anbringen Klage auf Beseitigung erhoben hat. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 1 Satz 3.
(3) Wird eine Einfriedung, die einen geringeren Abstand als 0,5 m einhält, durch eine andere ersetzt, so ist Absatz 1 anzuwenden. Dies gilt auch, wenn die Einfriedung in einer der Erneuerung gleichkommenden Weise ausgebessert wird.
(4) Die Verpflichtung nach Absatz 1 erlischt, wenn eines der beiden Grundstücke Teil eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils wird oder in einem Bebauungsplan als Bauland ausgewiesen wird.


Zehnter Abschnitt

Bodenerhöhungen

§ 43 Grundsatz
Wer den Boden seines Grundstücks über die Oberfläche des Nachbargrundstücks erhöht, muß einen solchen Abstand von der Grenze einhalten oder solche Vorkehrungen treffen und unterhalten, daß eine Schädigung des Nachbargrundstücks insbesondere durch Absturz oder Pressung des Bodens ausgeschlossen ist. Die Verpflichtung geht auf den Rechtsnachfolger über.


Elfter Abschnitt

Grenzabstände für Pflanzen

§ 44 Grenzabstände für Bäume, Sträucher und einzelne Rebstöcke
Eigentümer und Nutzungsberechtigte eines Grundstücks haben mit Bäumen, Sträuchern und einzelnen Rebstöcken von den Nachbargrundstücken vorbehaltlich des § 46 folgende Abstände einzuhalten:
1. mit Bäumen (ausgenommen Obstbäume gemäß Nummer 2), und zwar a) sehr stark wachsenden Bäumen mit artgemäß ähnlicher Ausdehnung wie Bergahorn (Acer pseudoplatanus), sämtliche Lindenarten (Tillia), Pappelarten (Populus), Platane (Platanus x acerifolia), Roßkastanie (Aesculus hippocastanum), Rotbuche (Fagus sylvatica), Stieleiche (Quercus robur), ferner Douglasie (Pseudotsuga menziesii), Fichte (Picea abies), österreichische Schwarzkiefer (Pinus nigra austriaca), Kiefer (Pinus sylvestris), Esche (Fraxinus excelsior), sämtliche Tannenarten (Abies spec.), Atlaszeder (Cedrus atlantica) 4 m, b) stark wachsenden Bäumen mit artgemäß ähnlicher Ausdehnung wie Hainbuche (Carpinus betulus), Mehlbeere (Sorbus intermedia), Vogelbeere (Sorbus aucuparia), Weißbirke (Betula pendula), Weißerle (Alnus incana), Zierkirsche (Prunus serrulata), Lebensbaum (Thuja occidentalis) 2 m, c) allen übrigen Bäumen 1,5 m;
2. mit Obstbäumen, und zwar a) Walnußsämlingen 4 m, b)Kernobstbäumen, auf stark wachsenden Unterlagen veredelt, sowie Süßkirschenbäumen und veredelten Walnußbäumen 2 m, c) Kernobstbäumen, auf schwach wachsenden Unterlagen veredelt, sowie Steinobstbäumen, ausgenommen Süßkirschenbäume 1,5 m;
3.mit Sträuchern (ausgenommen Beerenobststräuchern), und zwar a) stark wachsenden Sträuchern mit artgemäß ähnlicher Ausdehnung wie Alpenrose (Rhododendron-Hybriden), Haselnuß (Corylus avellana), Felsenmispel (Cotoneaster bullata), Flieder (Syringa vulgaris), Goldglöckchen (Forsythia x intermedia), Wacholder (Juniperus communis) 1 m, b) allen übrigen Sträuchern 0,5 m;
4. mit Beerenobststräuchern, und zwar a) Brombeersträuchern 1 m, b) allen übrigen Beerenobststräuchern 0,5 m;
5. mit einzelnen Rebstöcken 0,5 m;
6. mit Baumschulbeständen 1 m, wobei die Gehölze mit Ausnahme der Baumschulbestände von Sträuchern und Beerenobststräuchern die Höhe von 2 m nicht überschreiten dürfen, es sei denn, daß die Abstände nach den Nummern 1 oder 2 eingehalten werden;
7. mit Weihnachtsbaumpflanzungen 1 m, wobei die Gehölze die Höhe von 2 m nicht überschreiten dürfen, es sei denn, daß die Abstände nach Nummer 1 eingehalten werden.

§ 45 Grenzabstände für Hecken
(1) Der Eigentümer und der Nutzungsberechtigte eines Grundstücks haben mit Hecken gegenüber den Nachbargrundstücken vorbehaltlich des § 46 folgende Abstände einzuhalten: 1. mit Hecken bis zu 1 m Höhe 0,25 m, 2. mit Hecken bis zu 1,5 m Höhe 0,50 m, 3. mit Hecken bis zu 2,0 m Höhe 0,75 m, 4.mit über 2,0 m hohen Hecken ein um das Maß der Mehrhöhe größerer Abstand.
(2) Hecken im Sinne des Absatzes 1 sind Schnitt- und Formhecken, und zwar auch dann, wenn sie im Einzelfall nicht geschnitten werden.

§ 46 Ausnahmen
(1) Die doppelten Abstände nach den §§ 44 und 45, in den Fällen des § 44 Nr. 1 Buchst. a und Nr. 2 Buchst. a jedoch die eineinhalbfachen Abstände mit Ausnahme der Abstände für die Pappelarten (Populus), sind einzuhalten gegenüber Grundstücken, die 1. dem Weinbau dienen oder 2. landwirtschaftlich, erwerbsgärtnerisch oder nach Art eines Kleingartens genutzt werden, sofern nicht durch Bebauungsplan eine andere Nutzung festgelegt ist, oder durch Bebauungsplan dieser Nutzung vorbehalten sind.
(2) Die §§ 44 und 45 gelten nicht für 1. Anpflanzungen, die hinter einer undurchsichtigen Einfriedung vorgenommen werden und diese nicht überragen, 2. Anpflanzungen an den Grenzen zu öffentlichen Grünflächen und zu Gewässern, 3. Anpflanzungen zum Schutze von erosions- oder rutschgefährdeten Böschungen oder steilen Hängen, 4. Anpflanzungen gegenüber Grundstücken außerhalb des geschlossenen Baugebietes, die geringwertiges Weideland (Hutung) oder Heide sind oder die landwirtschaftlich oder gartenbaulich nicht genutzt werden, nicht bebaut sind und auch nicht als Hofraum dienen.

§ 47 Berechnung des Abstandes
Der Abstand wird von der Mitte des Baumstammes, des Strauches, der Hecke oder des Rebstocks bis zur Grenzlinie gemessen, und zwar an der Stelle, an der die Pflanze aus dem Boden austritt.

§ 48 Grenzabstände im Weinbau
(1) Der Eigentümer und der Nutzungsberechtigte eines dem Weinbau dienenden Grundstücks haben bei der Anpflanzung von Rebstöcken folgende Abstände von der Grundstücksgrenze einzuhalten: 1. gegenüber den parallel zu den Rebzeilen verlaufenden Grenzen die Hälfte des geringsten Zeilenabstandes, gemessen zwischen den Mittellinien der Rebzeilen, mindestens aber 0,75 m bei Zeilenbreiten bis zu 2 m und 1,40 m bei Zeilenbreiten von über 2 m, 2. gegenüber den sonstigen Grenzen, gerechnet vom äußersten Rebstock oder der äußersten Verankerung der Erziehungsvorrichtung an, mindestens 1 m.
(2) Absatz 1 gilt nicht für die Anpflanzung von Rebstöcken an Grundstücksgrenzen, die durch Stützmauern gebildet werden, sowie in den in § 46 Abs. 2 genannten Fällen.

§ 49 Grenzabstände für Wald
(1) Wird ein Wald neu begründet oder verjüngt, so sind gegenüber Nachbargrundstücken folgende Abstände einzuhalten: 1.  gegenüber dem Weinbau dienenden Grundstücken 10 m, 2. gegenüber in sonstiger Weise landwirtschaftlich oder gärtnerisch genutzten Grundstücken 5 m, 3. gegenüber sonstigen Grundstücken, die nicht mit Wald bepflanzt sind, bei Neubegründung 6 m, und bei Verjüngung 4 m, 4. gegenüber öffentlichen Verkehrsflächen und Wirtschaftswegen 2 m, 5.  gegenüber Grundstücken, die mit Wald bepflanzt sind 1,5 m.
(2) Absatz 1 gilt nicht gegenüber Grundstücken im Sinne von § 46 Abs. 2 Nr. 3 und 4.
(3) Der nach Absatz 1 freizuhaltende Streifen kann mit Laubgehölzen bepflanzt werden, deren natürlicher Wuchs bei einem Grenzabstand bis zu 3 m die Höhe von 6 m und bei einem Grenzabstand bis zu 1 m die Höhe von 2 m nicht überschreitet.

§ 50 Abstände von Spaliervorrichtungen und Pergolen
(1) Mit Spaliervorrichtungen und Pergolen, die eine flächenmäßige Ausdehnung der Pflanzen bezwecken und die nicht höher als 2 m sind, ist ein Abstand von 0,50 m und, wenn sie höher als 2 m sind, ein um das Maß der Mehrhöhe größerer Abstand von der Grenze einzuhalten.
(2) Absatz 1 gilt nicht in den in § 46 Abs. 2 genannten Fällen.

§ 51 Anspruch auf Beseitigung oder Zurückschneiden
(1) Einzelne Bäume, Sträucher, Rebstöcke sowie Spaliervorrichtungen und Pergolen, die den vorgeschriebenen Grenzabstand nicht einhalten, sind auf Verlangen des Nachbarn zu beseitigen. Das gilt auch für Hecken mit einem geringeren Grenzabstand als 0,25 m.
(2) Hecken, die die aufgrund ihres Abstandes zum Nachbargrundstück zulässige Höhe überschreiten, sind auf Verlangen des Nachbarn zurückzuschneiden. Die Verpflichtung zum Zurückschneiden muss nur in der Zeit vom 1. Oktober bis zum 15. März erfüllt werden.
(3) Der Anspruch nach Absatz 1 ist ausgeschlossen, wenn der Nachbar nicht bis zum Ablauf des fünften auf das Anpflanzen oder die Errichtung folgenden Kalenderjahres Klage auf Beseitigung erhoben hat. Bei Bäumen, Sträuchern und Rebstöcken, die zunächst als Heckenbestandteil gezogen wurden, beginnt die Frist nach Satz 1 nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Anpflanzung das Erscheinungsbild einer Hecke verloren hat.
(4) Absatz 3 gilt nicht für Anpflanzungen und Anlagen an der Grenze eines Wirtschaftsweges.
(5) Werden die in den Absätzen 1 und 2 genannten Anpflanzungen und Anlagen ersetzt, so gelten die §§ 44 bis 50.

§ 52 Nachträgliche Grenzänderungen
Die Rechtmäßigkeit des Abstands einer Anpflanzung oder Anlage wird durch nachträgliche Grenzänderungen nicht berührt; § 51 Abs. 5 ist entsprechend anzuwenden.


Zwölfter Abschnitt

Verjährung

§ 53 Verjährung
(1) Schadensersatzansprüche und andere, auf Zahlung von Geld gerichtete Ansprüche nach diesem Gesetz unterliegen in Bezug auf die Verjährung den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches.
(2) Im Übrigen unterliegen die Ansprüche nach diesem Gesetz nicht der Verjährung.


Dreizehnter Abschnitt

Schlußbestimmungen

§ 54 Übergangsbestimmungen
(1) Der Anspruch auf Beseitigung von Einrichtungen im Sinne des § 34, von Einfriedungen und von Pflanzen, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes vorhanden sind und deren Grenzabstände den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht entsprechen, ist ausgeschlossen, wenn sie dem bisherigen Recht entsprechen oder wenn der Nachbar nicht innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten dieses Gesetzes Klage auf Beseitigung erhoben hat.
(2) Ansprüche des Nachbarn aus § 37 Abs. 1 gegen Eigentümer und Nutzungsberechtigte von baulichen Anlagen, die am 1. Juli 1990 bereits errichtet waren, können frühestens zwei Jahre nach Inkrafttreten dieses Gesetzes geltend gemacht werden.
(3) Der Umfang von Rechten, die bei Inkrafttreten dieses Gesetzes aufgrund des bisherigen Rechts bestehen, richtet sich nach den Bestimmungen dieses Gesetzes.
(4) Ansprüche auf Zahlung von Geld aufgrund der Bestimmungen dieses Gesetzes bestehen nur, wenn das den Anspruch begründende Ereignis nach Inkrafttreten dieses Gesetzes eingetreten ist; andernfalls behält es bei dem bisherigen Recht sein Bewenden.
(5) Die Verjährung der Ansprüche, die nach dem Thüringer Nachbarrechtsgesetz in der vor dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Änderung des Thüringer Nachbarrechtsgesetzes und des Thüringer Ausführungsgesetzes zum Berufsvormündervergütungsgesetz sowie zur Aufhebung des Thüringer Gesetzes über die Unterbringung besonders rückfallgefährdeter Straftäter  geltenden Fassung bestehen und nicht verjährt sind, bestimmt sich nach § 53 Abs. 1 und 2 in der vor dem In-Kraft-Treten dieses Änderungsgesetzes (GVBl. 2006, S. 53; In-Kraft-Treten nach seinem Artikel 4 am 22. März 2006 -“am Tag nach der Verkündung”-) geltenden Fassung; hiervon abweichend verjähren Schadensersatzansprüche, die nicht auf einer Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit beruhen, spätestens mit Ablauf des zehnten Jahres nach dem In-Kraft-Treten des Gesetzes zur Änderung des Thüringer Nachbarrechtsgesetzes und des Thüringer Ausführungsgesetzes zum Berufsvormündervergütungsgesetz sowie zur Aufhebung des Thüringer Gesetzes über die Unterbringung besonders rückfallgefährdeter Straftäter.

§ 55 Außerkrafttreten von Bestimmungen
Das diesem Gesetz entgegenstehende oder gleichlautende Recht wird aufgehoben.

§ 56 In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten
Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1993 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2015 außer Kraft.

 

Änderungsdaten:

Fundstelle:
GVBl. 1992, 599