AG Neustadt a.d. Weinstraße, Urteil vom 13. Februar 2009, 5 C 73/08
Umlagefähigkeit der Grundüberholung des Gartens
Gericht
AG Neustadt a.d. Weinstraße
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
13. 02. 2009
Aktenzeichen
5 C 73/08
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin Zinsen aus 5,08 Euro in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz für die Zeit vom 24. Mai 2008 bis 2. Juli 2008 zu zahlen.2. Es wird festgestellt, dass die Klage in Höhe von 5,08 Euro erledigt ist.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
4. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i. H. v. 120% des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, falls die Beklagte nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
6. Die Berufung wird gemäß § 511 Abs. 4 ZPO zugelassen.
Tatbestand
Tatbestand:
Die Parteien streiten im Wesentlichen über die Frage der Umlagefähigkeit von Gartenpflegearbeiten i. S. d. Betriebskostenverordnung.
Die Beklagte hatte mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin im Mai 1978 einen Mietvertrag geschlossen, der unter „Sonstigen Vereinbarungen“ die Regelung enthielt „Der Mieter ist verpflichtet, den angelegten Zier- und Nutzgarten zu pflegen“ (Bl. 13 der Akte).
Im April 2004 wurde ein Nachtrag zu diesem Mietvertrag zwischen den Parteien geschlossen, nachdem sich die Beklagte u. a. bezüglich der Gartenpflege der Betriebskostenverordnung unterwarf.
Die Klägerin ließ Anfang 2007 zwei Nadelbäume fällen, die zwischen dem klägerischen Anwesen und der Grenze zum Nachbarn standen und deren Wurzeln begonnen hatten, die Platten des Gehweges zu heben. Einer der Bäume neigte sich inzwischen so, dass die Gefahr eines Umsturzes nicht ausgeschlossen werden konnte. Zum gleichen Zeitpunkt ließ die Klägerin einen Baumrückschnitt an einem Laubbaum durchführen, der unstreitig seit ca. 29 Jahren nicht durchgeführt worden war.
Zunächst hatte die Klägerin die Beklagte darüber hinaus auch auf Erstattung von Eichkosten (Wasserzähler) in Höhe von 5,08 EUR in Anspruch genommen und nach Erstattung des Betrages durch die Beklagte am 03.07.2008 den Rechtsstreit diesbezüglich mit Schriftsatz vom 28.01.2009 für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich der Erledigungserklärung nicht angeschlossen.
Die Klägerin trägt vor,
die ihr entstandenen Kosten seien von der Beklagten im Rahmen der Gartenpflege zu tragen. Die Beklagte sei von Anfang an als Mieterin verpflichtet gewesen, den Laubbaum zu schneiden bzw. schneiden zu lassen. Das Fällen und der Abtransport kranker oder morscher Bäume gehöre ebenso zu den umlagefähigen Betriebskosten wie die hier angefallenen Kosten der notwendigen Fällarbeiten.
In der Betriebskostenabrechnung sei die Kostenposition mit „Eichkosten Wasserzähler“ eindeutig beschrieben worden, so dass die einseitige Kürzung der Beklagten ohne Hinweis auf etwaigen Klärungsbedarf nicht gerechtfertigt gewesen sei.
Die Klägerin hat zunächst beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 492,88 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Klägerin beantragt nunmehr,
die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 487,80 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 492,88 Euro aus der Zeit ab Rechtshängigkeit bis zum 2. Juli 2008 sowie aus einem Betrag in Höhe von 487,80 Euro seit dem 3. Juli 2008 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
Klageabweisung.
Die Beklagte ist der Ansicht, sie habe weder die Kosten des Baumrückschnitts noch der Baumfällarbeiten zu tragen. Es sei jedenfalls als rechtsmissbräuchlich anzusehen, wenn die Beklagte die Kosten des Rückschnitts, zu dem die Beklagte vertraglich nicht verpflichtet gewesen sei, nach der Änderung des Vertrages geltend mache. Die Kosten des Baumrückschnitts seien schon keine im Rahmen der Gartenpflege geschuldeten, umlagefähigen Aufwendungen. Auch die Kosten, die die Baumfällungen verursacht haben, seien nicht auf die Beklagte abwälzbar. Derartige Maßnahmen fielen nicht unter die geschuldete normale Gartenpflege. Im Übrigen seien die von der Klägerin geltend gemachten Arbeiten nicht erst im Jahr 2007, sondern bereits im Jahr 2004 gleichermaßen erforderlich gewesen.
Der als Eichkosten geltend gemachte Betrag sei erstmals im Rahmen der Klageschrift schlüssig und nachvollziehbar dargelegt worden, so dass zuvor keine fällige Forderung bestanden habe.
Die Klage wurde der Beklagten am 23.05.2008 zugestellt.
Wegen der Einzelheiten wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten eingereichten Unterlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage hat in der Sache überwiegend keinen Erfolg.
Die von der Klägerin in der Betriebskostenabrechnung 2007 geltend gemachte Gartenpflege für Baumrückschnitt und Baumfällarbeiten in Höhe von insgesamt 487,80 EUR sind im zu entscheidenden Fall nicht umlagefähig.
Die Beklagte hatte sich mit dem ursprünglichen Mietvertrag von Mai 1978 verpflichtet, den angelegten Zier- und Nutzgarten zu pflegen. Darunter sind jedoch lediglich einfache Pflegearbeiten, wie bspw. Mähen, Jäten oder Umgraben zu verstehen, nicht aber Baumschnitt. Einfache Pflegearbeiten sind solche Arbeiten, die weder besondere Fachkenntnisse des Mieters noch einen besonderen Zeit- oder Kostenaufwand oder die Hinzuziehung eines Fachmannes erfordern. Hierzu gehören gerade nicht das Beschneiden von Bäumen und Büschen, die als „höhere“ Arbeiten vom Vermieter auszuführen sind.
Durch die auf Wunsch der Klägerin im April 2004 vorgenommene Änderung der bisherigen Vereinbarung ist die Beklagte jedoch nunmehr verpflichtet, die Gartenpflege gemäß § 2 Ziffer 10 Betriebskostenverordnung durchzuführen. Hierzu gehören die Kosten der Pflege gärtnerisch angelegter Flächen einschließlich der Erneuerung von Pflanzen und Gehölzen, der Pflege von Spielplätzen einschließlich der Erneuerung von Sand und der Pflege von Plätzen, Zugängen und Zufahrten, die dem nicht öffentlichen Verkehr dienen. Danach ist die Beklagte nunmehr grundsätzlich auch zum regelmäßigen Rückschnitt der Bäume und Sträucher verpflichtet.
Dennoch kann sie für die hier von der Klägerin geltend gemachten Kosten nicht in Anspruch genommen werden.
Unstreitig ist der betreffende Laubbaum schon zum Zeitpunkt des Rückschnitts durch die Klägerin im Jahre 2007 jahrzehntelang vorher nicht zurückgeschnitten worden. Ein solcher Rückschnitt unterfällt nicht mehr den regelmäßig entstehenden, vom Mieter zu tragenden Gartenpflegekosten, sondern stellt eine Instandsetzung im Sinne einer Grundüberholung dar, deren Kosten vom Vermieter zu tragen sind.
Ebenso verhält es sich im Ergebnis mit den klägerseits geltend gemachten Kosten der Baumfällarbeiten.
Beim Fällen der beiden großen Nadelbäume im zu entscheidenden Fall handelt es sich um eine über die ordnungsgemäße, laufend ausgeführte Gartenpflege hinausgehende Maßnahme zur Gefahrenabwehr, die nicht unter den Begriff des Erneuerns von Gehölzen zu fassen ist. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung in der Betriebskostenverordnung unter Berücksichtigung der Historie der konkreten Regelung sind als Betriebskosten grundsätzlich alle Kosten für Pflege und Unterhaltung des Gartens sowie ausnahmsweise auch periodisch anfallende Instandsetzungskosten zu fassen. Die Regelung des § 2 Ziff. 10 BetrkVO stellt eine ausdrückliche Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass Instandsetzungskosten eigentlich keine umlagefähigen Betriebskosten sind und dürfte danach wohl nur eng ausgelegt werden. Hier lag dem Fällen der Bäume unstreitig jedoch eine akute Gefährdung zugrunde, bei der es offenbleiben kann, ob diese schon seit 2004 bestand oder erstmals 2007 auftrat. Das Wurzelwerk der Bäume hatte begonnen, die Platten des Gehwegs zu heben und zudem bestand die Gefahr des Umstürzens zumindest eines der Bäume. Die Klägerin handelte im Hinblick auf die ihr obliegende Verkehrssicherungspflicht daher ordnungsgemäß, als sie das Fällen dieser Bäume veranlasste. Die dadurch entstandenen Kosten kann sie jedoch nicht als Gartenpflegekosten auf die Beklagte abwälzen. Ob eine Umlagefähigkeit bei kranken oder morschen Bäumen noch als Gartenpflege zu bejahen ist, war hier nicht zu entscheiden. Falls Baumfällarbeiten überhaupt unter den Begriff der in Ziff. 10 BetrkVO gemeinten Gartenpflege fallen, ist dies jedenfalls nicht bei der Fällung von Bäumen zur Gefahrenabwehr zu bejahen. Die Beseitigung einer Gefahrenquelle kann nicht als Teil ordentlicher regelmäßiger Gartenpflege und laufend ausgeführter Unterhaltung des Gartens angesehen werden. Sie ist vielmehr als ein im Rahmen der Mietkalkulation ansetzbarer Kostenfaktor zunächst vom Vermieter zu tragen und als Instandhaltungs-, weil Sicherungsmaßnahme nicht über die Betriebs kosten umlagefähig.
Die Klage war insoweit abzuweisen.
Bezüglich der Eichkosten ist durch die Erstattung des eingeklagten Betrages in Höhe von 5,08 Euro Erledigung eingetreten. Die Klägerin hatte unstreitig Anspruch auf diese Kosten. Allerdings war die Beklagte mit der Begleichung dieses Betrages mangels Nachvollziehbarkeit der Berechnung vor Rechtshängigkeit der Klage nicht in Verzug. Erst im Rahmen der Klageschrift wurde die Aufteilung und der Umlageschlüssel dargelegt. Der klägerseits geltend gemachte Zinsanspruch bestand daher für die Zeit zwischen Rechtshängigkeit und Erfüllung, d. h. für den Zeitraum zwischen 24. Mai 2008 und 2. Juli 2008.
Die Berufung wird gem. § 511 IV ZPO wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits im Hinblick auf die in Rechtsprechung und Literatur kontrovers beurteilte Frage der Umlagefähigkeit von Baumfällkosten als Betriebskosten zugelassen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf § 92 II ZPO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.