AG Schwetzingen, Urteil vom 19. April 2000, 51 C 39/00

AG Schwetzingen, Urteil vom 19. April 2000, 51 C 39/00

Rechtliche Einordnung von Bambus

Gericht

AG Schwetzingen


Art der Entscheidung

Urteil


Datum

19. 04. 2000


Aktenzeichen

51 C 39/00


Leitsatz des Gerichts

Auch wenn die Botanik Bambus den Gräsern zuordnet, ist diese Einordnung für die rechtliche Wertung nicht bindend, so dass Bambus ein „Gehölz“ im Sinne der nachbarrechtlichen Vorschriften ist.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Parteien sind Nachbarn in Hockenheim. Entlang der Grenze sind auf dem Grundstück der Bekl. mehrere Bambuspflanzen angepflanzt, von denen einzelne Zweige in das Grundstück der Kl. hineinragen. Die Kl. behaupten, die streitgegenständlichen Bambuspflanzen würden eine Hecke i.S. des Baden-württembergischen Nachbarrechtsgesetzes (BadWürttNachbG) bilden, deren Ausmaße eine Länge von ca. 6 m und eine Höhe von ca. 5 m aufweisen. Die Bambushecke sei ohne Einhaltung eines Grenzabstands angepflanzt. Durch die Grenzbepflanzung würden die im Anwesen der Kl. befindlichen Wohnungen beeinträchtigt. Die auf Zurückschneiden der Bambushecke auf eine Höhe von 1,80 m und auf Beseitigung der auf das Grundstück der Kl. herüberragenden Halme des Bambus gerichtete Klage hatte Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

1. …

Entgegen der Ansicht der Bekl. fallen die streitgegenständlichen Bambuspflanzen jedoch unter die Vorgaben des § 16 BadWürttNachbG. Die in dieser Vorschrift enthaltenen Abstands- und Höhenbeschränkungen gelten für „Gehölze“. Unter diesem Sammelbegriff werden alle laubabwerfenden, wintergrünen oder immergrünen Pflanzen geführt, deren oberirdische Sprossteile verholzen und ausdauernd auch den Winter überstehen. Zwar wird der Bambus üblicherweise unter botanischen Gesichtspunkten den Gräsern zugeordnet. Diese botanische Einordnung kann allerdings für § 16 BadWürttNachbG nicht entscheidend sein. Vielmehr ist dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift entsprechend, Ausgleich der sich widerstreitenden Interessen von Grundstücksnachbarn, darauf abzustellen, ob die jeweilige Bepflanzung zu einer Verholzung führt. Dieses Merkmal ist hinsichtlich der streitgegenständlichen Pflanzungen zu bejahen. Dies ergibt sich sowohl aus den in den Akten befindlichen Lichtbildern als auch aus den Feststellungen, die bei der Inaugenscheinnahme getroffen wurden. Die Bambuspflanzen verfügen über hölzerne Stämme, die eine Achse für den Gesamtpflanzenkörper bilden. Die Bambuspflanze ist daher dem Sammelbegriff der „Gehölze“ i.S. des § 16 BadWürttNachbG zuzurechnen (so offensichtlich auch Pelka, NachbarR, 18. Aufl., S. 131). Wie die Inaugenscheinnahme ergeben hat, sind die streitgegenständlichen Bambusstauden nicht in dem gesetzlich vorgeschriebenen Mindestabstand des § 16 BadWürttNachbG angepflanzt.

Rechtsgebiete

Nachbarrecht; Garten- und Nachbarrecht