BayObLG, Beschluss über Beschwerde vom 15. Februar 1996, 2Z BR 109/95

BayObLG, Beschluss über Beschwerde vom 15. Februar 1996, 2Z BR 109/95

Aus Zustimmung zum Ausbau eines Lagers zur Wohnung folgende Pflicht zur Umwandlungs- und Eintragungsbewilligung

Gericht

BayObLG


Art der Entscheidung

Beschluss über Beschwerde


Datum

15. 02. 1996


Aktenzeichen

2Z BR 109/95


Leitsatz des Gerichts

Haben die Wohnungseigentümer in der Teilungserklärung dem Ausbau eines als Lager bezeichneten Raums zu einer Wohnung zugestimmt, so sind sie auch verpflichtet, der Umwandlung dieses Teileigentums in Wohnungseigentum zuzustimmen und die Eintragung im Grundbuch zu bewilligen.

Tatbestand


Auszüge aus Sachverhalt:

Die Bet. sind Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage. Der Ast. verlangt von dem Ag. die Zustimmung zur Umwandlung seines Teileigentums in Wohnungseigentum. Im Teileigentumsgrundbuch ist der Ast. als Eigentümer der wie folgt beschriebenen Einheit eingetragen: Miteigentumsanteil von 106,75/1000 an dem Grundstück … verbunden mit dem Sondereigentum an Lager Nr. III laut Aufteilungsplan. Nach dem Aufteilungsplan befindet sich das Lager Nr. III im Dachgeschoß. Dieser Raum ist in der Teilungserklärung als Lagerraum mit einer Nutzfläche von 94,44 qm bezeichnet. In der jeweils als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragenen Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung (GO) heißt es:

§ 11. Ausbau des Dachgeschosses. Die Miteigentümer sind sich darüber einig, daß der jeweilige Sondereigentümer an dem im Aufteilungsplan mit III bezeichneten, im Dachgeschoß des Hauses gelegenen Lagers, bestehend aus einem Lagerraum mit einer Nutzfläche von 94,44 qm, in der Teilungserklärung unter lfd. Nr. 3 aufgeführt, unbeschadet öffentlichrechtlicher Vorschriften jedenfalls im Verhältnis zu den anderen Sondereigentümern berechtigt sein soll, dieses Sondereigentum zu einer Wohnung auszubauen. Soweit dazu öffentlichrechtliche oder zivilrechtliche Zustimmungen anderer Wohnungseigentümer erforderlich sind, werden diese hiermit unverzichtbar und unwiderruflich erteilt bzw. die Verpflichtung eingegangen, daß diese im maßgeblichen Zeitpunkt ohne Erhebung von Einreden oder Einwendungen erteilt werden.

Der Ast. erwarb das Teileigentum Lager als “nicht ausgebautes Dach” im Jahr 1978. Er baute das Lager 1979/80 zu einer Wohnung aus, wobei er zur Vergrößerung der Wohnfläche eine Galerie einbauen ließ. Zu notarieller Urkunde vom 2. 2. 1993 erklärte er die Umwandlung des Teileigentums in Wohnungseigentum. Zu der von ihm beantragten Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch forderte das Grundbuchamt mit Zwischenverfügung die Vorlage der Bewilligung der übrigen Miteigentümer. Die Beschwerde des Ast. hiergegen wies das LG mit Beschluß vom 19. 1. 1994 zurück. Es führte aus, in Teilungserklärung und Aufteilungsplan sei der Spitzboden nicht eigens bezeichnet. Daher müßte davon ausgegangen werden, daß dieser Raum gemeinschaftliches Eigentum sei. Etwas anderes könne nur gelten, wenn feststehe, daß im Zeitpunkt der Errichtung der Teilungserklärung das Dachgeschoß nach oben offen gewesen sei und damit der Spitzboden zum Teileigentum Lager gehöre. Dies könne im Grundbuchverfahren mit den vorliegenden Urkunden nicht bewiesen werden. Die Zustimmung zu der Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch sei nicht bereits in der Teilungserklärung erteilt. § 11 GO berechtigte nur zum Ausbau der Wohnung; nicht vereinbart sei die Umwandlung von Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum.

Mit Ausnahme des Ag. stimmten die übrigen Miteigentümer der Umwandlung des Teileigentums in Wohnungseigentum zu bzw. erklärten ihre Bereitschaft zur Zustimmung. Der Ast. hat beantragt, den Ag. zu verpflichten, der Änderung der Nutzungsregelung des Teileigentums in Wohnungseigentum zuzustimmen. Der Ag. ist dem Antrag entgegengetreten mit der Begründung, der Spitzboden sei Gemeinschaftseigentum, so daß der Ast. Zustimmung zur Umwandlung dieses Raumes in Wohnungseigentum nicht verlangen könne.

Das AG hat dem Antrag des Ast. stattgegeben. Die sofortige Beschwerde des Ag. hat das LG zurückgewiesen. Hiergegen richtete sich die sofortige weitere Beschwerde des Ag., mit der er geltend macht, dem Ast. stehe ein Anspruch auf Zustimmung jedenfalls nicht mehr zu; in der Teilungserklärung sei die erforderliche Zustimmung bereits erteilt. Das Rechtsmittel hatte keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

1. Das LG hat ausgeführt:

Gem. § 11 GO sei der Ast. berechtigt gewesen, sein Teileigentum zu einer Wohnung auszubauen. Er habe Anspruch auf Nutzung des ausgebauten Raumes als Wohnung und Eintragung der Umwandlung des Teileigentums in Wohnungseigentum im Grundbuch. Ob der Spitzbodenbereich zu seinem Sondereigentum gehört habe und gehöre, sei zu ermitteln. Die Auslegung der Teilungserklärung ergebe, daß das Lager in dem Zustand zum Sondereigentum erklärt worden sei, in dem es sich zum Zeitpunkt der Begründung des Teileigentums befunden habe. Damals habe das Dachgeschoß ohne Zwischendecke bis zur Dachhaut gereicht. Dies folge aus der vom AG durchgeführten Beweisaufnahme. Aus der Entscheidung der Kammer im Grundbuchverfahren ergebe sich nichts anderes. Damals habe nach den im Grundbuchverfahren geltenden Vorschriften nicht festgestellt werden können, ob im Zeitpunkt der Begründung des Teileigentums das Dachgeschoß bis zur Dachhaut offen gewesen sei.

2. Die Entscheidung hält rechtlicher Nachprüfung stand. Der Tenor der Entscheidung des AG wird allerdings dahin abgeändert, daß der Ag. verpflichtet wird, der Umwandlung des Teileigentums in Wohnungseigentum zuzustimmen und deren Eintragung in das Grundbuch zu bewilligen. Das entspricht dem vom Ast. und seinem Antrag verfolgten Ziel.

a) Den Gebrauch des Sondereigentums können die Wohnungseigentümer gem. §§ 15 I , 1 VI WEG durch Vereinbarung regeln. Eine in der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung getroffene Zweckbestimmung hat Vereinbarungscharakter. Sie wird nach Eintragung im Grundbuch (§ 10 II WEG) gem. § 5 IV WEG zum Inhalt des Sondereigentums aller Wohnungs- und Teileigentümer. Die Umwandlung eines Teileigentums in Wohnungseigentum, d.h. hier die Änderung der Zweckbestimmung von Lager zu Wohnung, stellt eine Inhaltsänderung des jeweiligen Sondereigentums der Wohnungs- und Teileigentümer dar und bedarf gem. §§ 873 , 877 BGB der Mitwirkung der übrigen Wohnungs- und Teileigentümer; ferner ist zur Eintragung im Grundbuch deren Bewilligung gem. § 19 GBO in der Form des § 29 GBO notwendig (BayObLGZ 1983, 79 (84); 1989, 28 (30) = NJW-RR 1989, 652; BayObLG, WuM 1994, 222; Demharter, GBO, 21. Aufl., Anh. § 3 Rdnr. 67).

b) Eine Zustimmung des Ag. oder seines Rechtsvorgängers zur Umwandlung des Teileigentums Lager in Wohnungseigentum liegt nicht vor, so daß der Ast. ein Rechtsschutzbedürfnis für das vorliegende Verfahren hat. In der im Grundbuch eingetragenen Teilungserklärung, die das RechtsbeschwGer. selbst auslegen kann, haben die Miteigentümer in § 11 GO die Zustimmung zur Umwandlung des Teileigentums in Wohnungseigentum nicht erteilt. Dort heißt es nur, daß die zum Ausbau des Lagers erforderlichen öffentlichrechtlichen und zivilrechtlichen Zustimmungen gegeben werden. Aus der Formulierung kann nicht klar entnommen werden, ob diese Erklärung auch die zur Umwandlung von Teileigentum in Wohnungseigentum erforderliche Einigung gem. §§ 877 , 873 BGB und die zum grundbuchamtlichen Vollzug der Umwandlung erforderliche Bewilligung nach § 19 GBO enthalten soll. Im Grundbuchverfahren hat das LG in dem Beschluß vom 19. 1. 1994 ausgeführt, § 11 GO enthalte nur die Befugnis zum Ausbau des Spitzbodens. Das LG hat daher zu Recht ein Rechtsschutzbedürfnis des Ast. für das vorliegende Verfahren angenommen.

c) Für das Recht des Ast., sein Teileigentum in Wohnungseigentum umzuwandeln, ist es ohne Bedeutung, ob der Raum unter der Dachhaut (Dachspitz) zu seinem Sondereigentum gehört oder nicht. Die Umwandlung erfaßt das Sondereigentum des Ast. als rechtlichen Bestandteil seines Teileigentums in dem Umfang, in dem es durch die Eintragung im Grundbuch verlautbart ist. Gegenstand und Abgrenzung des Sondereigentums ergeben sich dabei gem. § 7 III , IV Nr. 1 WEG infolge doppelter Bezugnahme allein aus der Teilungserklärung (Eintragungsbewilligung) und dem Aufteilungsplan; auf andere Erkenntnisquellen darf grundsätzlich nicht zurückgegriffen werden (vgl. BayObLGZ 1973, 267f.; 1980, 226 (229f.); 1991, 186 (190) = NJW-RR 1991, 1356; BayObLG, MittBayNot 1988, 236f.).

Ob zum Lager III im Dachgeschoß im Sinne der Grundbucheintragung und damit zum Sondereigentum des Ast. auch der Dachspitz gehört, kann in diesem Verfahren auf sich beruhen. Denn ein Anspruch auf die Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer bei der Umwandlung seines Teileigentums in Wohnungseigentum steht dem Ast. auf jeden Fall zu; etwas anderes, etwa die Ausdehnung seines Sondereigentums zu Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums, soll nicht im Grundbuch eingetragen werden. Einer Entscheidung der Frage, wie weit sich das Sondereigentum des Ast. nach oben erstreckt und ob er den Dachspitz zu Recht in seinen Umbau einbezogen hat, bedarf es somit hier nicht.

Rechtsgebiete

Grundstücks- und Wohnungseigentumsrecht

Normen

BGB §§ 873, 877; GBO §§ 19, 29