Betrunkene Fahrradfahrer: Wer sich nicht medizinisch-psychologisch untersuchen lässt, riskiert Fahrradfahrverbot
Auch einem Fahrradfahrer, der eine Fahrerlaubnis für Fahrzeuge nicht besitzt, ist die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens aufzugeben, nachdem er mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ oder mehr mit dem Fahrrad im Straßenverkehr aufgefallen ist. Legt er ein solches Gutachten nicht vor, darf ihm das Führen jedes Fahrzeuges, also auch eines Fahrrads, verboten werden.
Dies entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz und änderte damit seine bisherige Rechtsprechung.
Der Kläger, der nicht mehr Inhaber einer Fahrerlaubnis ist, fuhr in der Nacht vom 27. auf den 28. Juli 2010 mit einem Fahrrad Schlangenlinien und nahm dabei die gesamte Straßenbreite ein. Er roch stark nach Alkohol und war nicht in der Lage, sicher vom Fahrrad abzusteigen. Die daraufhin entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration von 2,44 ‰. Im Februar 2011 fordert die beklagte Straßenverkehrsbehörde den Kläger auf, bis zum 15. April 2011 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zu seiner Fahreignung vorzulegen. Da er dieser Aufforderung nicht nachkam, untersagte die Beklagte dem Kläger das Führen von Fahrzeugen. Die hiergegen erhobene Klage wies bereits das Verwaltungsgericht ab. Das Oberverwaltungsgericht bestätigte diese Entscheidung. (Urteil vom 17. August 2012, 10 A 10284/12.OVG)
Beim Kläger, der mit einer Blutalkoholkonzentration von 2,44 ‰ im öffentlichen Verkehrsraum Fahrrad gefahren sei, bestehe ausreichend Grund zur Annahme, dass er auch zum Führer eines fahrerlaubnisfreien Fahrzeugs ungeeignet oder nur bedingt geeignet sei. Denn der Genuss von Alkohol in höherer Dosierung führe zu einer Herabsetzung der Reaktions- und Kritikfähigkeit sowie zu Veränderungen der Stimmungslage. Häufiger Alkoholmissbrauch führe darüber hinaus zur Gewöhnung an die Giftwirkung und damit zur Unfähigkeit einer realistischen Einschätzung der eigenen Alkoholisierung. Deshalb sehe die Fahrerlaubnisverordnung die Anforderung eines Gutachtens über die Fahreignung vor, wenn ein Fahrzeug im Straßenverkehr mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 ‰ und mehr geführt worden sei. Das Anfordern eines Gutachtens bei einer solch hohen Blutalkoholkonzentration sei zur Klärung der Fahreignung auch gegenüber dem Kläger als Fahrradfahrer nicht unverhältnismäßig. Denn trotz der Unterschiede zur Nutzung von Kraftfahrzeugen bestehe auch beim Führen von Mofas und Fahrrädern infolge der Wirkung erheblicher Alkoholmengen ein erhöhtes Verkehrsrisiko, wenn zum Beispiel motorisierte Verkehrsteilnehmer wegen des unkontrollierten Verhaltens eines alkoholisierten Radfahrers unvorhersehbar ausweichen müssten und mit anderen Fahrzeugen kollidierten. Dies gelte umso mehr, als bei Trunkenheitsradfahrern wegen des nicht ausreichend vorhandenen Problembewusstseins die Wahrscheinlichkeit zukünftiger Trunkenheitsfahrten mit dem Fahrrad höher sein dürfte als mit dem Kraftfahrzeug.
Habe der Kläger das demnach von ihm zu Recht geforderte Gutachten nicht innerhalb der ihm gesetzten Frist beigebracht, habe die Beklagte auf dessen Ungeeignetheit schließen und ihm das Führen fahrerlaubnisfreier Fahrzeuge verbieten dürfen.
QUELLE: Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (Pressemeldung)