BGH, Revisionsurteil vom 26. Januar 1983, IV b ZR 344/81
Anwendung der Härteregelung nach Maßgabe der Entscheidung des BVerfG
Gericht
BGH
Art der Entscheidung
Revisionsurteil
Datum
26. 01. 1983
Aktenzeichen
IV b ZR 344/81
Leitsatz des Gerichts
Ist der unterhaltspflichtige geschiedene Ehegatte nur nach Maßgabe des § 1581 BGB zu Unterhaltsleistungen imstande, so kann das zu einer Verschärfung der Anforderungen führen, die in § 1570 BGB im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung an die Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsberechtigten zu stellen sind.
Das Fehlverhalten des unterhaltsbedürftigen Ehegatten, der durch die Aufnahme eines eheähnlichen Verhältnisses zu einem anderen Partner während der Ehe seinen Anspruch auf Trennungsunterhalt nach § 1361 III i. V. mit § 1579 I Nr. 4 BGB eingebüßt hat, erfüllt jedenfalls dann regelmäßig auch für den nachehelichen Unterhaltsanspruch die Voraussetzungen der Härteregelung (§ 1579 I Nr. 4 BGB), wenn das Verhältnis nach der Scheidung andauert.
Für die Anwendung des § 1579 I Nr. 4 BGB kommt es entscheidend darauf an, ob die aus der Unterhaltspflicht erwachsenden Belastungen für den Verpflichteten die Grenzen des Zumutbaren überschreiten. Diese Voraussetzung kann sich auch aus objektiven Gegebenheiten und Veränderungen der Lebensverhältnisse der früheren Ehepartner ergeben.
Es ist den Gerichten nicht verwehrt, bereits vor einer Neuregelung des § 1579 II BGB entsprechend dem Urteil des BVerfG vom 14. 7. 1981 (BVerfGE 57, 361 = NJW 1981, 2457) im Einzelfall zu beurteilen, ob ein besonderer Härtefall vorliegt. Ist diese Frage zu verneinen, so ist die insoweit mit dem Grundgesetz vereinbare Vorschrift des § 1579 II BGB unverändert anzuwenden. Ist sie zu bejahen, so sind die Gerichte nicht befugt, das Verfahren zur Entscheidung zu bringen; vielmehr muss es ausgesetzt werden, bis der Gesetzgeber die verfassungskonforme Regelung getroffen hat.
Zur Wirkung der vorgenannten Entscheidung des BVerfG über die teilweise Unvereinbarkeit des § 1579 II BGB mit dem Grundgesetz auf einen vorher abgeschlossenen Prozessvergleich über den nachehelichen Unterhalt nach § 1570 BGB.
Tatbestand
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Parteien streiten um die Abänderung eines Prozessvergleichs über den nachehelichen Unterhalt. In diesem Vergleich, den die Parteien am 12. 6. 1979 im Zuge des Verbundverfahrens über die Scheidung ihrer Ehe schlossen, verpflichtete sich der Kl., ab Rechtskraft der Scheidung einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 470 DM an die Bekl. zu entrichten. Dabei gingen die Parteien von einem monatlichen Nettoverdienst des Kl. von 1700 DM aus. Durch Urteil vom 26. 6. 1979 wurde die Ehe der Parteien geschieden. Zugleich wurde die elterliche Sorge für die aus der Ehe hervorgegangenen Kinder A (geboren am 23. 9. 1972) und S (geboren am 25. 9. 1967) auf den Kl. und für K (geboren am 19. 9. 1965) auf die Bekl. übertragen. Dieser wurde außerdem die elterliche Sorge für die während der Ehezeit geborenen Kinder I (geboren am 23. 2. 1977) und J (geboren am 7. 4. 1978) zugesprochen, die jedoch nicht vom Kl. abstammen. Ihre Nichtehelichkeit wurde durch ein seit 28. 12. 1979 rechtskräftiges Urteil festgestellt. Vater dieser Kinder ist der Gastwirt H, mit dem die Bekl. seit Anfang 1979 zusammenlebt. Mit der vorliegenden Klage hat der Kl. den Wegfall seiner Unterhaltsverpflichtung aus dem Prozessvergleich begehrt. Das AG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Kl. hat das OLG den Prozessvergleich dahin geändert, dass der Kl. ab April 1980 nur noch 200 DM Unterhalt monatlich an die Bekl. zu zahlen hat.
Die – zugelassene – Revision der Kl. hatte Erfolg.
Entscheidungsgründe
Auszüge aus den Gründen:
I. Das Rechtsmittel führt – im Umfang der Anfechtung – zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das BerGer.
1. Das OLG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Parteien in dem Prozessvergleich vom 12. 6. 1979 den auf § 1570 BGB beruhenden Unterhaltsanspruch der Bekl. vertraglich ausgestaltet haben, ohne dass er dadurch die Eigenschaft eines gesetzlichen Anspruchs verloren hat.
2. Das BerGer. hat eine wesentliche Veränderung der für die Vereinbarung maßgeblichen Verhältnisse in einer Verringerung des zu berücksichtigenden Unterhaltsbedarfs der Bekl. gesehen. Es hat ausgeführt, seitdem im Dezember 1979 die Nichtehelichkeit der beiden Kinder I und J festgestellt worden sei, könne sich die Bekl. nicht mehr darauf berufen, dass sie wegen der Erziehung dreier gemeinschaftlicher Kinder keiner Erwerbstätigkeit nachgehen könne. Die Betreuung der bereits 15 Jahre alten K hindere sie nicht daran, einen Teil ihres Lebensunterhalts selbst zu verdienen. Im Verhältnis zum Kl. müsse ihr zugemutet werden, eine Halbtagsbeschäftigung anzunehmen. Eine solche Tätigkeit, die die erst 35jährige Bekl. auch finden könne, ermögliche es ihr, monatlich 600 DM netto zu verdienen. Damit schulde ihr der Kl. nur noch einen Unterhaltsbetrag in Höhe der Differenz zwischen diesem Verdienst und ihrem mit 800 DM monatlich anzunehmenden Mindestbedarf. Diesen Betrag sei der Kl. auch zu leisten imstande. Zwar verbleibe ihm nach Abzug des Unterhalts für die Bekl. und die drei gemeinschaftlichen Kinder nur noch ein Betrag von rund 980 DM, der ebenso wie der der Bekl. zur Verfügung stehende Unterhaltsbetrag von 800 DM unter dem angemessenen Bedarf liege. Das entspreche jedoch der im Vergleich vom 12. 6. 1979 getroffenen Regelung, nach der beide Parteien erheblich weniger als den angemessenen Unterhalt zur Verfügung gehabt hätten.
3. Gegen diese Beurteilung bestehen Bedenken.
a) Das BerGer. hat die Abänderung vorgenommen, ohne der Frage näher zu treten, ob die Erwerbstätigkeit, welcher der – bisher offensichtlich nicht wieder verheiratete – Kl. neben der Betreuung der bei ihm lebenden, im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung 8 und 13 Jahre alten gemeinschaftlichen Kinder nachgeht, über das unterhaltsrechtlich gebotene Maß des Arbeitseinsatzes hinausgeht. Von der Beantwortung dieser Frage hängt indessen ab, ob das Erwerbseinkommen des Kl. ohne weiteres in vollem Umfang berücksichtigt werden kann oder ob die Anrechnung – wie bei Einkünften des Unterhaltspflichtigen aus unzumutbarer Tätigkeit geboten – hinsichtlich des Mehreinkommens nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zu erfolgen hat (vgl. Senatsurt., NJW 1982, 2664 = FamRZ 1982, 779 und NJW 1983, 933 = FamRZ 1983, 146).
Der Prüfung dieser Frage war das BerGer. nicht dadurch enthoben, dass die Parteien das Einkommen des Kl. im Prozessvergleich vom 12. 6. 1979 in voller Höhe der Unterhaltsbestimmung zugrunde gelegt hatten. Allerdings ist für die Neubemessung des Unterhalts im Rahmen der Abänderungsentscheidung der in dem abzuändernden gerichtlichen Vergleich zum Ausdruck kommende Wille der Parteien weiterhin verbindlich (vgl. BGH, NJW 1979, 1656 = FamRZ 1979, 694 (695) sowie – zuletzt – Senatsurt., FamRZ 1983, 260). Im vorliegenden Fall lässt sich indessen ein Parteiwille, der die uneingeschränkte Anrechnung des Erwerbseinkommens des Kl. generell vorsähe, weder dem Inhalt des Vergleichs noch den sonstigen bisherigen Feststellungen des BerGer. entnehmen. Wie es zutreffend angenommen hat, konnte sich die Bekl. bei Vergleichsabschluss darauf berufen, drei eheliche Kinder versorgen zu müssen, von denen sich zwei noch im Kleinkindesalter befanden. Zwar war zwischen den Parteien außer Streit, dass das jüngste Kind nicht vom Kl. abstammte; dennoch war rechtlich unsicher, ob sich die Bekl. für ihr auf § 1570 BGB gestütztes Unterhaltsverlangen nicht auch auf die Betreuung dieses Kindes berufen konnte, solange dessen Ehelichkeit nicht erfolgreich angefochten war. Damit musste es von vornherein wenig aussichtsreich erscheinen, die Bekl. auf eigene Erwerbseinkünfte zu verweisen. Unter diesen Umständen kann aus der Tatsache, dass die Parteien der damaligen Unterhaltsregelung das volle Einkommen des Kl. zugrunde gelegt haben, nicht auf ein Übereinkommen geschlossen werden, auch bei späteren Unterhaltsbemessungen, insbesondere bei einer Abänderung, die durch den Eintritt einer Erwerbsobliegenheit der Bekl. veranlasst würde, ohne Rücksicht auf den Umfang der unterhaltsrechtlichen Erwerbsobliegenheit des Kl. weiterhin von dem uneingeschränkten Einsatz seines Erwerbseinkommens auszugehen. Damit kann nach dem bisher feststehenden Sachverhalt nicht ausgeschlossen werden, dass die Frage, ob und inwieweit es sich bei den Einkünften des Kl. um solche aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit handelt, im vorliegenden Abänderungsverfahren uneingeschränkt und ohne eine Bindung durch den Prozessvergleich zur Prüfung steht.
Für einen getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten, der zwei Kinder im schulpflichtigen Alter zu betreuen hat, ist eine Erwerbstätigkeit nicht von vornherein unzumutbar (vgl. Senatsurt., NJW 1982, 326 = FamRZ 1982, 148). Das gilt vor allem, wenn es nicht um die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, sondern, wie hier, darum geht, ob dem Elternteil die Fortsetzung einer bereits ausgeübten Arbeit obliegt. So hat der Senat in einem Fall, in dem die Mutter von zwei schulpflichtigen Kindern schon vor der Trennung der Eheleute mit halber Arbeitskraft als Lehrerin berufstätig gewesen war und diese Tätigkeit nach der Trennung fortgesetzt hatte, die Zumutbarkeit bejaht (NJW 1981, 2804 = FamRZ 1981, 1159). Ob das jedoch im vorliegenden Fall, in dem der Kl. nicht nur mit halber Arbeitskraft, sondern ganztags erwerbstätig ist, ebenso beurteilt werden kann, muss bisher zweifelhaft erscheinen, zumal das BerGer. auf seiten der Bekl. neben der Betreuung der gemeinschaftlichen Tochter K nur eine Halbtagstätigkeit für zumutbar gehalten hat. Zur abschließenden Beantwortung dieser Frage bedarf es noch einer näheren tatrichterlichen Prüfung, insbesondere der dem Kl. zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, seine Berufstätigkeit und die Betreuung der beiden Kinder zu bewältigen und beides miteinander zu vereinbaren.
b) Mit der vorstehend erörterten Frage der Anrechenbarkeit des Einkommens des Kl. steht die weitere Frage in Zusammenhang, inwieweit von der Bekl. neben der Betreuung des nunmehr einzigen bei ihr lebenden ehelichen Kindes eine Erwerbstätigkeit erwartet werden kann. Gegen die hierzu vertretene Auffassung des BerGer., dass der Bekl. im Verhältnis zum Kl. (nur) die Aufnahme einer Halbtagstätigkeit zuzumuten sei, erhebt die Revision zu Recht Bedenken.
Im Rahmen der Zumutbarkeitsprüfung ist nicht berücksichtigt worden, dass der Kl. neben der Betreuung zweier, noch dazu jüngerer gemeinschaftlicher Kinder einer Ganztagstätigkeit nachgeht. Außerdem ist seine Leistungsfähigkeit trotz des vollständigen Einsatzes seines Einkommens so begrenzt, dass die neben dem Kindesunterhalt aufzubringenden Unterhaltsleistungen für die Bekl. nach der Beurteilung des BerGer. den eigenen angemessenen Unterhalt des Kl. beeinträchtigen und damit die Voraussetzungen des § 1581 BGB begründet sind. Dieser Umstand kann auf die i. R. von § 1570 BGB vorzunehmende Zumutbarkeitsprüfung nicht ohne Einfluss bleiben. Er muss zu einer Verschärfung der in diesem Zusammenhang an den Unterhaltsberechtigten zu stellenden Anforderungen führen (ebenso offenbar Richter, in: MünchKomm, § 1570 Rdnr. 10). Das gilt zumindest dann, wenn dadurch die Interessen des zu betreuenden Kindes nicht beeinträchtigt werden. Davon ist hier jedoch offensichtlich auszugehen. Jedenfalls hatte die in der Obhut der Bekl. lebende eheliche Tochter K im Zeitpunkt der Berufungsentscheidung mit 15 1/2 Jahren bereits ein Alter erreicht, in dem ein Kind den betreuenden Elternteil in zeitlicher Hinsicht regelmäßig nicht mehr so beansprucht, dass sich die Pflege und Erziehung des Kindes bei entsprechend erhöhtem Einsatz grundsätzlich nicht auch neben einer Vollerwerbstätigkeit bewältigen lassen (vgl. auch OLG Frankfurt, FamRZ 1979, 139; Göppinger-Häberle, UnterhaltsR, 4. Aufl., Rdnr. 1051; Rspr.-Hinw. der Münchner Familiensenate des OLG München, FamRZ 1983, 20 (21) Nr. 3.2).
Unter diesen Umständen wird der Standpunkt, dass der Bekl. (nur) eine Halbtagstätigkeit zuzumuten sei, durch die bisherigen Feststellungen nicht getragen. Es bedarf auch insoweit der neuen tatrichterlichen Prüfung, ob der Bekl. unter Berücksichtigung des verschärften Beurteilungsmaßstabes nicht eine Erwerbstätigkeit größeren Umfangs obliegt, mit der Folge, dass die Unterhaltsverpflichtung des Kl. möglicherweise ganz entfällt. Dabei wird das OLG insbesondere auch zu prüfen haben, ob sich für die Bekl. in der von ihrem Partner H betriebenen Gaststätte, in der dieser nach ihrem Vortrag einen Koch sowie eine Frau beschäftigt, die bedient und die Räume sauber hält, und in der die Bekl. auch bislang schon gelegentlich mithilft, die Möglichkeit einer Vollbeschäftigung bietet. In diesem Fall stände der Vereinbarkeit der Erwerbstätigkeit mit der Kindesbetreuung nichts im Wege, da sich in dem Hause, in dem die Gaststätte betrieben wird, auch die Wohnung des Zeugen H befindet, in der die Tochter K ein Zimmer hat.
II. Für die damit notwendig werdende neue Verhandlung und Entscheidung der Sache weist der Senat noch auf folgendes hin: Soweit das BerGer. erneut zu dem Ergebnis gelangt, dass die Bekl. von dem Kl. nach § 1570 BGB Unterhalt verlangen kann, stellt sich wiederum die bereits im angefochtenen Urteil behandelte Frage des Ausschlusses oder der Herabsetzung dieses Anspruchs nach § 1579 I Nr. 4 BGB (vgl. dazu nachfolgend unter 1). Zu prüfen bleibt ferner die Frage der Suspendierung dieser Vorschrift durch § 1579 II BGB (vgl. dazu unter 2). Dass die Bekl. bereits beim Abschluss des Prozessvergleichs mit H zusammengelebt hat, steht einer Berücksichtigung dieses Verhältnisses nicht entgegen (vgl. dazu unter 3).
1. a) Zu Ansprüchen auf Trennungsunterhalt hat der Senat bereits mehrfach entschieden, dass ein schwerwiegendes und klar bei einem Ehegatten liegendes Fehlverhalten während der Ehe zur Erfüllung der in § 1579 I Nr. 4 BGB normierten Voraussetzungen geeignet ist und ein solches Fehlverhalten insbesondere in der – gegen den Willen des anderen Ehegatten erfolgten – Begründung einer eheähnlichen Gemeinschaft oder auch in der Aufnahme eines nachhaltigen, auf längere Dauer angelegten intimen Verhältnisses mit einem anderen Partner liegen kann, weil darin eine so schwerwiegende Abkehr von den ehelichen Bindungen zu sehen ist, dass die Inanspruchnahme des anderen Ehegatten auf Unterhalt grob unbillig erscheint (vgl. zuletzt Senatsurt., NJW 1983, 451 = FamRZ 1983, 142 m. w. Nachw.). Ein schwerwiegendes Fehlverhalten in diesem Sinne ist auch in den während der Ehe unterhaltenen Beziehungen der Bekl. zu H zu sehen, mit dem sie jedenfalls seit Mitte 1976 ein ehebrecherisches Verhältnis unterhalten und von dem sie zwei Kinder hat, wobei sie als Beginn dieser Beziehungen zunächst den Jahresanfang 1977 angegeben und damit die Möglichkeit der außerehelichen Zeugung des älteren der beiden Kinder geleugnet hat. Durch dieses Verhalten hat die Bekl. die Voraussetzungen der Härteregelung erfüllt, so dass – von der Frage der Suspendierung der Härteregelung durch § 1579 II BGB abgesehen – nach den dargelegten Grundsätzen ein Ausschluss des Anspruchs auf Trennungsunterhalt nach § 1361 III i. V. mit § 1579 I Nr. 4 BGB in Betracht gekommen wäre.
b) Dasselbe Verhalten hat auch für den nachehelichen Unterhaltsanspruch der Bekl. jedenfalls deshalb die Voraussetzungen eines Ausschlusses aus Billigkeitsgründen verwirklicht, weil die Bekl. das Verhältnis mit H fortgesetzt hat.
aa) Ob und inwieweit Gründe, die nach § 1361 III i. V. mit § 1579 I Nr. 4 BGB zum Ausschluss des Anspruchs auf Trennungsunterhalt geführt haben, auch den Anspruch auf nachehelichen Unterhalt entfallen lassen können, hat der Senat bislang noch nicht entschieden. In der bisherigen Erörterung dieser Frage wird teilweise die Ansicht vertreten, dass die Aufrechterhaltung eines während des Getrenntlebens begonnenen eheähnlichen Verhältnisses nur dann einen (unterhaltsbezogenen) Versagungsgrund darstelle, wenn eine neue Ehe bewusst nicht geschlossen werde, um den Unterhaltsanspruch nicht zu verlieren (vgl. Göppinger-Wenz, Rdnr. 853). Demgegenüber vertritt die überwiegende Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum den Standpunkt, dass ein Fehlverhalten der hier vorliegenden Art, das nach § 1361 III i. V. mit § 1579 I Nr. 4 BGB zum Ausschluss des Anspruchs auf Trennungsunterhalt führt, – jedenfalls regelmäßig – auch den Ausschluss des Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt zur Folge hat (vgl. OLG Hamm, FamRZ 1981, 892 (893); AG Landstuhl, FamRZ 1982, 302; Bosch, FamRZ 1980, 745 sowie FamRZ 1981, 441; Diederichsen, NJW 1980, 1673; Gernhuber, FamR, 3. Aufl., § 30 VII 11; Griesche, FamRZ 1981, 1029; Moritz, JR 1981, 72; Richter, in: MünchKomm, Ergbd. § 1569 Rdnr. 7 b und § 1579 Rdnrn. 13 bis 15e; Palandt-Diederichsen, BGB, 42. Aufl., § 1579 Anm. 2d; Soergel-Häberle, BGB, 11. Aufl., § 1579 Rdnr. 18 – zweifelnd Rolland, 1. EheRG, 2. Aufl., § 1579 BGB Rdnr. 25 e).
bb) Der letztgenannten Auffassung schließt sich der Senat jedenfalls für einen Fall wie den vorliegenden an, in dem die Bekl. das Verhältnis mit dem anderen Partner nach der Scheidung fortgesetzt hat. Er vermag allerdings nicht die verschiedentlich vertretene Ansicht zu teilen, die jene Beurteilung schon daraus ableitet, dass die Unterhaltsansprüche während des Getrenntlebens und nach der Scheidung als einheitlicher und kontinuierlicher Anspruch aufzufassen seien. Eine Identität zwischen dem Unterhaltsanspruch eines getrennt lebenden Ehegatten und dem Unterhaltsanspruch nach der Scheidung hat der Senat mit Urteil vom 14. 1. 1981 (NJW 1981, 978 = FamRZ 1981, 242) abgelehnt. Er sieht andererseits in der rechtlichen Selbständigkeit der Unterhaltsansprüche kein Kriterium, das – bei fortgesetztem Verhalten – einer Fortwirkung der nach § 1361 III i. V. mit § 1579 I Nr. 4 BGB für den Trennungsunterhalt relevanten Ausschlussgründe auf den Unterhaltsanspruch nach der Scheidung entscheidend entgegenstände.
Nach dem Urteil des BVerfG vom 14. 7. 1981 (BVerfGE 57, 361 = NJW 1981, 2457 = FamRZ 1981, 745) gewährleistet § 1579 I BGB die Verfassungsmäßigkeit des verschuldensunabhängigen Unterhaltsrechts. Mit dieser Vorschrift hat der Gesetzgeber sichergestellt, dass der mit der Auferlegung von Unterhaltsleistungen verbundene Eingriff in die Handlungsfreiheit des Verpflichteten nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt. Wie das BVerfG hierzu ausgeführt hat, würde die Grenze der Zumutbarkeit eines schuldunabhängigen Unterhaltsanspruchs dort überschritten, wo ein getrennt lebender oder geschiedener Ehegatte Unterhaltsansprüche seines Partners zu erfüllen hätte, obwohl dieser sich durch eine Verhaltensweise, wie sie in den Ausschlusstatbeständen des § 1579 II Nrn. 2 bis 4 BGB normiert ist, ganz bewusst von jeglichen ehelichen Bindungen gelöst hat. In einem solchen Fall wäre die mit der Inanspruchnahme verbundene Beschränkung der Dispositionsfreiheit des Verpflichteten im finanziellen Bereich nicht mehr Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung und könnte vor dem Grundrecht des Art. 2 I GG nicht bestehen (BVerfGE 57, 361 (380 f.) = NJW 1981, 2457). In Übereinstimmung damit hat der Senat entschieden, dass ein Ehegatte, der sich in der oben dargelegten Weise durch die Aufnahme einer eheähnlichen Gemeinschaft oder eines nachhaltigen intimen Verhältnisses mit einem anderen Partner von seinen ehelichen Bindungen distanziert und seine Ehe faktisch als nicht mehr bestehend betrachtet, nicht seinerseits den Ehepartner aus dessen ehelicher Mitverantwortlichkeit für sein wirtschaftliches Auskommen in Anspruch nehmen kann (vgl. Senatsurt., NJW 1980, 1686 = FamRZ 1980, 665 (666)). Diese Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme bezieht sich nicht nur auf die Fürsorge bis zur Ehescheidung, sondern auch auf den nachehelichen Unterhalt. Das gilt um so mehr, als das Gesetz während der Ehe, auch für die Zeit des Getrenntlebens, eine gesteigerte Verantwortung der Ehegatten füreinander vorsieht, während es nach der Scheidung grundsätzlich von der Eigenverantwortung jedes Ehegatten für seinen Unterhalt ausgeht (§ 1569 BGB). Demgemäß ist für den Regelfall davon auszugehen, dass Gründe der dargelegten Art, die zum vollständigen oder teilweisen Ausschluss des Anspruchs auf Trennungsunterhalt nach § 1361 III i. V. mit § 1579 I Nr. 4 BGB geführt haben, jedenfalls dann auch für den nachehelichen Unterhaltsanspruch die Voraussetzungen der Härteregelung erfüllen, wenn das Verhältnis mit dem anderen Partner, wie hier, nach der Scheidung fortgesetzt wird.
cc) Allerdings kann der Bekl. die Tatsache, dass sie mit H weiterhin zusammenlebt, nicht als Fehlverhalten im Sinne der Rechtsprechung zu § 1579 I Nr. 4 BGB vorgeworfen werden, da die eheliche Treuepflicht mit der Ehescheidung ihr Ende gefunden hat. Indessen kann sich der in § 1579 I Nr. 4 BGB vorausgesetzte „andere“, ebenso schwerwiegende Grund für die grobe Unbilligkeit der Inanspruchnahme des Verpflichteten nicht nur aus einem vorwerfbaren Verhalten des Unterhaltsberechtigten, sondern auch aus Umständen ergeben, die ihm nicht als Fehlverhalten zur Last gelegt werden können. Nach dem im vorstehenden Abschnitt dargelegten Verständnis der Vorschrift kommt es bei ihrer Anwendung entscheidend auf die Prüfung an, ob die aus der Unterhaltspflicht erwachsenden Belastungen für den Verpflichteten die Grenzen des Zumutbaren überschreiten. Eine solche Unzumutbarkeit kann auch aus objektiven Gegebenheiten und Entwicklungen der beiderseitigen Lebensverhältnisse folgen. Das ergibt sich ferner daraus, dass § 1579 I Nr. 4 BGB nicht nur auf die – vorwerfbare Verhaltensweisen voraussetzenden – Tatbestände der Nr. 2 und Nr. 3, sondern auch auf Nr. 1 der Vorschrift verweist und damit auf einen Tatbestand Bezug nimmt, für den es nicht auf ein vorwerfbares Verhalten, sondern auf die Lebenssituation der Ehepartner, auf die Verflechtung und Abhängigkeit der beiderseitigen Lebensdispositionen ankommt (vgl. Senatsurt., NJW 1981, 754 = FamRZ 1981, 140). Demgemäß hält es das Gesetz auch in § 1579 I Nr. 4 BGB für möglich, dass nach der Scheidung eintretende Veränderungen in den Lebensverhältnissen der früheren Ehepartner die weitere Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen ganz oder zum Teil – möglicherweise auch zeitweilig (vgl. Rolland, Rdnrn. 20, 25 f., 27; Schwab, Hdb. des ScheidungsR, Rdnr. 373) – als zumutbar erscheinen lassen.
Eine solche Beurteilung kommt auch in Betracht, wenn der Unterhaltsberechtigte mit einem neuen Partner in einer festen sozialen Verbindung zusammenlebt. Hier kann das Erscheinungsbild der Verbindung in der Öffentlichkeit dazu führen, dass die Fortdauer der Unterhaltsbelastung und des damit verbundenen Eingriffs in die Handlungsfreiheit und Lebensgestaltung für den Unterhaltspflichtigen unzumutbar wird. Das gilt etwa, wenn kein verständlicher Grund dafür ersichtlich ist, weshalb die Partner, wenn sie auch aus hinzunehmenden Gründen von einer Eheschließung absehen, nicht doch zu einer „ehegleichen ökonomischen Solidarität“ (Derleder, in AK, § 1579 Rdnr. 7) gelangen, mithin gemeinsam wirtschaften und der den Haushalt und etwaige gemeinsame Kinder versorgende Partner – wie in einer Ehe – von dem anderen unterhalten wird.
Ob das auch im vorliegenden Fall anzunehmen ist, wird bei der neuen Verhandlung gegebenenfalls tatrichterlich zu prüfen sein. Für eine solche Annahme könnte sprechen, dass die Bekl. nach den Feststellungen des BerGer. mit H und den gemeinsamen Kindern „wie eine normale Familie” zusammenlebt, dass beide, wie H nach den Urteilsausführungen ausgesagt hat, Verlobungsringe tragen, um ihre Beziehungen „etwas zu legalisieren“, und dass sie nach dem insoweit unbestrittenen Sachvortrag des Kl. in einem Zeitungsinserat gemeinsam die Eröffnung der von H betriebenen Gaststätte angezeigt haben.
c) Das BerGer. hat im angefochtenen Urteil den Vorwurf des Kl., die Bekl. sehe von einer Eheschließung mit ihrem Lebensgefährten H ab, um sich den Unterhaltsanspruch aus der Ehe mit dem Kl. zu erhalten, für nicht bewiesen erachtet. Die dagegen erhobene Verfahrensrüge ist nicht begründet.
Der Ansicht der Revision, aufgrund des insoweit vorliegenden äußeren Sachverhalts müssten die Regeln des Anscheinsbeweises zur Anwendung belangen und dazu führen, dass die Bekl. ihrerseits ernsthafte und einleuchtende Möglichkeiten für ein Unterlassen der Eheschließung aus anderen Gründen darlegen und beweisen müsse, kann nicht gefolgt werden. Der geltend gemachte Ausschlussgrund erfordert die Feststellung einer auf einem Willensentschluss beruhenden individuellen Verhaltensweise in einer bestimmten Lebenslage, die keiner generalisierenden Beurteilung aufgrund allgemeiner Erfahrungsgrundsätze unterworfen werden kann und für die es daher nach der Rechtsprechung des BGH keinen Anscheinsbeweis gibt (vgl. BGH, LM § 286 (C ) ZPO Nr. 11; VersR 1981, 1153; ferner Baumbach-Lauterbach-Hartmann, ZPO, 41. Aufl., Anh. § 286 Anm. 3 C; Stein-Jonas-Schumann-Leipold, ZPO, 19. Aufl., § 282 Anm. IV 7a bb; Thomas-Putzo, ZPO, 12. Aufl., § 286 Anm. 4b; Zöller-Stephan, ZPO, 13. Aufl., § 286 Anm. IV 3).
2. Außer der Beurteilung, in welchem Maße die Härteregelung des § 1579 I Nr. 4 BGB im vorliegenden Fall verwirklicht ist, bedarf es erneut der Prüfung, ob die Vorschrift hier durch § 1579 II BGB suspendiert ist. Dabei wird das BerGer. das bereits angeführte, nach der Berufungsentscheidung ergangene Urteil des BVerfG vom 14. 7. 1981 zu beachten haben. Nach dessen Entscheidungssatz ist § 1579 II BGB mit Art. 2 I GG nicht vereinbar, soweit danach die Anwendung des § 1579 I BGB auch in besonders gelagerten Härtefällen ausgeschlossen ist. Für derartige Fälle hat der Gesetzgeber nach dem Auftrag des BVerfG eine Regelung zu treffen, die dem Verhältnismäßigkeitsgebot Rechnung trägt. Dabei liegt es in seiner Gestaltungsfreiheit, ob er diesem Erfordernis durch eine ergänzende Regelung oder durch eine Umgestaltung des § 1579 II BGB entspricht (BVerfGE 57, 361 (388) = NJW 1981, 2457 = FamRZ 1981, 745 (750)). Da der Gesetzgeber diesem Auftrag bisher nicht nachgekommen ist, erhebt sich die Frage, wie die Vorschrift inzwischen zu handhaben ist.
a) Soweit zu dieser Frage in Rechtsprechung und Schrifttum Äußerungen vorliegen, sind diese uneinheitlich. Teilweise wird die Ansicht vertreten, dass § 1579 II BGB in der jetzigen Fassung nicht mehr anzuwenden sei (vgl. Palandt-Diederichsen, § 1579 Anm. 3; Scheld, FamRZ 1982, 6). Nach anderer Auffassung hat der Richter aufgrund der Gegebenheiten des Einzelfalles zu prüfen, ob ein besonders gelagerter Härtefall vorliegt. Gelange er zur Verneinung dieser Frage, so stehe einer Entscheidung über den Unterhaltsanspruch auf der Grundlage von § 1579 II BGB in seiner bisherigen Fassung, die insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar sei, nichts im Wege (vgl. OLG München, FamRZ 1982, 270 (272); OLG Düsseldorf, FamRZ 1982, 611 (612) und 699 (701); OLG Celle, FamRZ 1982, 697 (698); KG, FamRZ 1982, 1213 (1214); Berkemann, JR 1981, 416; Häberle, FamRZ 1982, 561; Richter, in: MünchKomm, Ergbd. § 1579 Rdnr. 19; Soergel-Häberle, § 1579 Rdnr. 21). Erachtet der Richter dagegen einen besonders gelagerten Härtefall für gegeben, so wird teilweise der Standpunkt vertreten, dass er unter Außerachtlassung von § 1579 II BGB und uneingeschränkter Anwendung von Abs. 1 der Vorschrift endgültig über die Sache entscheiden könne (vgl. OLG Hamm, FamRZ 1982, 172 (174); OLG Düsseldorf, FamRZ 1982, 699 (701); OLG Celle, FamRZ 1982, 697; Häberle, FamRZ 1982, 557; Sachs, FamRZ 1982, 655 f.; Soergel-Häberle, § 1579 Rdnr. 21). Nach anderer Ansicht ist das Verfahren in einem solchen Fall auszusetzen (vgl. Berkemann, JR 1981, 414; Richter, in: MünchKomm, Ergbd. § 1579 Rdnr. 19).
b) Stellt das BVerfG die Verfassungswidrigkeit oder Unvereinbarkeit einer Norm mit dem Grundgesetz fest, spricht es aber die Nichtigkeitsfolge nicht aus, weil, wie bei der hier in Frage stehenden Regelung, mehrere gesetzliche Möglichkeiten zur Beseitigung des Verfassungsverstoßes bestehen, so hat das zum einen grundsätzlich die Wirkung, dass die Gerichte die Vorschrift ab sofort in dem sich aus dem Tenor der Entscheidung ergebenden Ausmaß nicht mehr anwenden dürfen (so insb. BVerfGE 37, 217 (261) = NJW 1974, 1609). Zum anderen dürfen die Gerichte aber auch nicht aufgrund der Rechtslage entscheiden, wie sie sich bei ersatzloser Streichung der Norm ergibt. Vielmehr müssen sie die Entscheidung in anhängigen oder neu eingeleiteten Verfahren bis zur verfassungskonformen Neuregelung durch den Gesetzgeber aussetzen (vgl. BGH, NJW 1980, 2804 (2805) m. w. Nachw.; Senatsbeschl., vom 27. 1. 1982 – IV b ZB 720/81; Heußner, NJW 1982, 257 (258) m. w. Nachw.). Nach diesen Grundsätzen sind die Gerichte bis zu der Neuregelung, die das BVerfG dem Gesetzgeber zu § 1579 II BGB aufgetragen hat, nicht befugt, solche Verfahren, in denen ein besonders gelagerter Härtefall im Sinne der Entscheidung des BVerfG vorliegt, zur Entscheidung zu bringen, indem sie § 1579 II BGB als verfassungswidrig außer acht lassen und Abs. 1 der Vorschrift uneingeschränkt anwenden. Ebenso wenig besteht mangels eines entsprechenden Ausspruchs über einen vorläufigen Fortbestand der Vorschrift im Urteil des BVerfG die Möglichkeit, § 1579 II BGB in seinem verfassungswidrigen Teil weiter anzuwenden (vgl. hierzu Heußner, NJW 1982, 258 f.). Vielmehr muss ein derartiges Verfahren ausgesetzt werden, bis der Gesetzgeber die verfassungskonforme Regelung getroffen hat. Im Interesse einer – gerade auf dem Gebiet des Unterhaltsrechts dringend gebotenen – möglichst zügigen Rechtspflege muss es den Gerichten jedoch vorbehalten bleiben, bereits jetzt zu entscheiden, ob im Einzelfall ein besonderer Härtefall vorliegt. Gelangt das Gericht zur Verneinung der Frage, so hat es die insoweit mit dem Grundgesetz vereinbare Vorschrift des § 1579 II BGB unverändert anzuwenden und in der Sache zu entscheiden.
Demgemäß wird das BerGer. gegebenenfalls auch im vorliegenden Verfahren unter Abwägung der Interessen beider Parteien prüfen müssen, ob der Unterhaltsanspruch der Bekl. eine unverhältnismäßige Belastung des Kl. bedeutet und deshalb ein besonders gelagerter Härtefall anzunehmen ist.
3. Dass die Bekl. bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des Prozessvergleichs vom 12. 6. 1979 mit H eheähnlich zusammenlebte und der Kl. davon Kenntnis hatte, steht der Berücksichtigung dieses Verhältnisses im vorliegenden Abänderungsverfahren, insbesondere bei der Prüfung, ob der Unterhaltsanspruch herabzusetzen oder auszuschließen ist, nicht entgegen.
a) Wie in Rechtsprechung und Schrifttum anerkannt ist, können nicht nur Gesetzesänderungen, sondern auch Änderungen einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Störungen vertraglicher Vereinbarungen führen, die nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage im Wege der Anpassung zu bereinigen sind. Das gilt jedenfalls, soweit die Vereinbarungen noch nicht abgewickelt sind – insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen – und es, wie im vorliegenden Fall, um die Anpassung für die Zukunft geht. Grundlage dieser Beurteilung ist, dass beim Abschluss einer Vereinbarung ein beiderseitiger Irrtum über die Rechtslage das Fehlen der Geschäftsgrundlage bedeuten kann, wenn ohne diesen beiderseitigen Rechtsirrtum die Vereinbarung nicht geschlossen worden wäre. Das ist der Fall, wenn der Geschäftswille der Vertragsparteien auf der gemeinsamen irrigen Rechtsauffassung oder auf der gemeinschaftlichen Erwartung vom Fortbestand einer bestimmten Rechtsprechung aufgebaut war (vgl. BGHZ 25, 390 (392 ff.) = NJW 1958, 297; BGHZ 58, 355 (362 f.) = NJW 1972, 1577; Palandt-Heinrichs, BGB, 42. Aufl., § 242 Anm. 6 Ca cc sowie Dh; Roth, in: MünchKomm, § 242 Rdnr. 580; vgl. auch BGHZ 70, 295 (298) = NJW 1978, 949).
b) Wenn hiernach schon eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Anpassung einer Unterhaltsvereinbarung ermöglichen kann, so gilt das erst recht für eine Änderung der Rechtslage, die durch die Nichtigerklärung oder Unvereinbarkeitserklärung einer Norm durch das BVerfG eintritt (§ 31 II 1 BVerfGG). Dem steht § 79 II BVerfGG nicht entgegen. Diese Vorschrift, die die Rechtsfolgen von Nichtigerklärungen des BVerfG regelt, aber anerkanntermaßen auch in Fällen gilt, in denen das BVerfG eine Norm nicht für nichtig, sondern, wie hier, für unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt (BVerfGE 37, 217 (262 f.) = NJW 1974, 1609), kommt hier nicht zum Zuge, weil sie nicht mehr anfechtbare „Entscheidungen“ betrifft und Prozessvergleiche nicht darunterfallen (vgl. Kneser, AöR 89 (1964), 177 N. 1; Löwisch, JZ 1961, 733; Maunz-Schmidt-Bleibtreu-Klein-Ulsamer, BVerfGG, § 79 Rdnr. 23; Steiner, in: Festgabe zum 25jährigen Bestehen des BVerfG, S. 653 ff.; vgl. auch Geiger, BVerfGG, § 79 Anm. 4; Lechner, BVerfGG, 3. Aufl., § 79 Anm. 2). Allerdings hat das BVerfG in BVerfGE 32, 387 dargelegt, § 79 II BVerfGG sei der allgemeine Rechtsgrundsatz zu entnehmen, dass eine Entscheidung des BVerfG, mit der eine Vorschrift für nichtig erklärt werde, grundsätzlich keine Auswirkung auf abgewickelte Rechtsbeziehungen haben solle. Diesen Gedanken lasse insbesondere § 79 II 4 BVerfGG erkennen, wonach Ansprüche wegen ungerechtfertigter Bereicherung ausgeschlossen seien. Es widerspreche dem Sinn dieser Regelung, wenn eine Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit einer gesetzlichen Bestimmung auf abgewickelte bürgerlichrechtliche Vertragsbeziehungen einwirke und etwa über den Gedanken des Wegfalls oder des Fehlens der Geschäftsgrundlage zu einem neuen Anspruch führe. Auch in dieser Hinsicht müsse die von § 79 BVerfGG getroffene Entscheidung beachtet werden, dass bei der Feststellung der Nichtigkeit von Gesetzesnormen wegen der unabsehbaren Folgen für den Rechtsverkehr dem Gedanken der Rechtssicherheit der Vorrang gebühre vor der Berücksichtigung der Einzelfallgerechtigkeit (BVerfGE 32, 387 (389 f.)). Diese Auffassung bezieht sich jedoch, wie in der Entscheidung hervorgehoben wird, auf „bereits vollständig abgewickelte bürgerlichrechtliche Vertragsbeziehungen”. Damit kann sie für eine Vereinbarung über die Entrichtung einer laufenden Unterhaltsrente von vornherein keine Gültigkeit haben.
c) Der Kl. hat vorgetragen, die Parteien seien beim Abschluss des Unterhaltsvergleichs im Einklang mit der damals herrschenden Rechtsprechung davon ausgegangen, dass sich der Kl. den Unterhaltsansprüchen der Bekl. selbst angesichts ihres eheähnlichen Zusammenlebens mit H nicht widersetzen könne. Die Bekl. hat das nicht bestritten. Danach haben die Parteien die Rechtslage, wie sie von der damaligen Rechtsprechung zu § 1579 BGB, insbesondere auch zu Abs. 2 der Vorschrift, beurteilt wurde, als Grundlage für die Regelung ihrer unterhaltsrechtlichen Beziehungen genommen und sind dabei stillschweigend davon ausgegangen, dass sich daran auch in Zukunft nichts ändern werde. Diese Geschäftsgrundlage hat die Entscheidung des BVerfG entfallen lassen und dadurch zu einer Störung der Vereinbarung geführt. Wenn die Bekl. unter diesen Umständen im Falle der Annahme einer besonderen Härte auf einer weiteren Erfüllung des Vergleichs entsprechend der früheren Rechtslage bestände, verstieße das gegen Treu und Glauben. Die nach § 242 BGB aus dem Wegfall der Geschäftsgrundlage abzuleitende Rechtsfolge besteht in der Anpassung der Vereinbarung an die jetzige, durch die Entscheidung des BVerfG eingetretene Rechtslage (vgl. auch BGHZ 58, 355 (362 f.) = NJW 1972, 1577).
d) Außer der neuen Rechtslage sind es auch Veränderungen in tatsächlicher Hinsicht, die eine umfassende Beurteilung der Frage des Unterhaltsausschlusses ermöglichen. Als derartige Änderung der Verhältnisse kommt einmal die auch vom BerGer. hervorgehobene Feststellung der Nichtehelichkeit der beiden Kinder I und J im Dezember 1979 in Betracht. Soweit es das Kind I betrifft, wurde mit dieser rechtskräftigen Feststellung ferner die Möglichkeit eröffnet, im Rahmen der Härteregelung den Umstand zu berücksichtigen, dass die Bekl. als Beginn ihrer Beziehungen zu H den Jahresanfang 1977 angegeben und damit die Möglichkeit der außerehelichen Zeugung dieses Kindes geleugnet hat (vgl. oben II 1 a). Bis zur Feststellung stand dem das Verbot des § 1593 BGB entgegen (zur entsprechenden Problematik i. R. von § 1598c BGB vgl. Senatsbeschl., NJW 1983, 824 = FamRZ 1983, 267). Schließlich würde es eine weitere Veränderung der Verhältnisse seit dem Abschluss des Prozessvergleichs bedeuten, wenn das BerGer. aufgrund tatrichterliche Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass es zwischen der Bekl. und H entsprechend den Darlegungen unter II 1 c bb zu einer die Voraussetzungen des § 1579 I Nr. 4 BGB erfüllenden Verfestigung des Verhältnisses gekommen ist. Einer solchen Verfestigung der Beziehungen, aber auch dem vorgenannten Umstand der Verleugnung der außerehelichen Zeugung des Kindes I kann für die Frage der Zumutbarkeit einer weiteren Inanspruchnahme des Kl. und damit für die Prüfung des Unterhaltsausschlusses aus Gründen besonderer Härte im Sinne der Entscheidung des BVerfG eine wesentliche Bedeutung zukommen (vgl. auch Senatsbeschl., NJW 1983, 117 = FamRZ 1983, 32).
4. Der Senat hat keine Bedenken, dass die Anpassung an die Veränderungen, die sich seit dem Abschluss des Prozessvergleichs in den unterhaltsrechtlichen Beziehungen der Parteien ergeben haben, insgesamt im Wege der Abänderungsklage nach § 323 IV ZPO, bei der sich anerkanntermaßen Voraussetzung und Umfang der Abänderung nach materiellem Recht richten (vgl. zuletzt Beschl. des Großen Senats, NJW 1983, 228 = FamRZ 1983, 22 (24)), durchgesetzt werden kann.