Energieausweis für Wohngebäude: Verbraucher können viele Angaben nicht deuten
Zu selten werden auf dem Immobilienmarkt vorgeschriebene Angaben zur Energieeffizienz tatsächlich gemacht. Selbst wenn die Werte vorliegen, sind sie für Käufer und Mieter schwierig einzuschätzen.
Zu diesen Ergebnissen kommt eine Untersuchung der Verbraucherzentrale NRW.
Obwohl seit Mai 2014 eine Angabepflicht besteht, fehlt der Kennwert für den Energieverbrauch oder -bedarf eines Hauses in vier von zehn Anzeigen und Aushängen. Das haben örtliche Stichproben in 47 Städten ergeben. Gleichzeitig zeigte eine Telefonumfrage von TNS Emnid, dass die Verbraucher unsicher sind im Umgang mit den Werten, die ihnen Hinweise auf künftige Energiekosten geben können. Tatsächlich wird die Deutung unter anderem dadurch erschwert, dass es zwei unterschiedliche Ausweisarten gibt. Die Verbraucherzentrale NRW fordert deshalb eine Vereinheitlichung und klärt in einer landesweiten Aktion über Nutzen und Tücken des Energieausweises auf.
„Hinter dem Energieausweis steckt die gute Idee, den energetischen Zustand eines Hauses in einer einzigen Zahl zusammenzufassen“, sagt Udo Sieverding, Bereichsleiter Energie der Verbraucherzentrale NRW. „Die Energiekennwerte sind aber nur dann wirklich hilfreich, wenn sie in jeder Immobilienanzeige stehen, problemlos vergleichbar sind und richtig gedeutet werden.“ Letzteres trauen sich jedoch viele Verbraucher noch nicht zu – in der Telefonumfrage gaben dies rund 40 Prozent der Befragten an, die planen, bald selbst als Anbieter oder Nachfrager am Immobilienmarkt aktiv zu werden.
Weitere Unsicherheiten offenbarten diese am Thema grundsätzlich Interessierten bei den im Mai 2014 eingeführten Effizienzklassen A+ bis H: Mehr als drei Viertel von ihnen nahmen an, dass Neubauten strengere Bedingungen erfüllen müssen als Altbauten, um in dieselbe Klasse eingestuft zu werden. Tatsächlich gelten dabei aber für alle Gebäude dieselben Regeln.
Mangelnde Vergleichbarkeit ist dagegen an anderer Stelle wirklich ein Problem: Es gibt zwei Arten von Energieausweisen, Verbrauchs- und Bedarfsausweise. Beide münden in einem Kennwert in derselben Einheit, doch sie bringen für ein und dasselbe Haus teils stark abweichende Ergebnisse hervor. Knapp 40 Prozent der Befragten wussten das nicht. Immerhin mehr als der Hälfte der Befragten war das Problem zwar bewusst. Doch die daraus folgende Verunsicherung schwächt nach Auffassung der Verbraucherzentrale NRW das Vertrauen in den Energieausweis insgesamt.
„Damit der Energieausweis eine zuverlässige Richtschnur für die Verbraucher wird, muss er endlich vereinheitlicht werden“, fordert Sieverding. „Klarer Favorit aus Mieter- und Käufersicht ist der Bedarfsausweis, weil er auf objektiven Gebäudedaten beruht.“ Der Verbrauchsausweis auf Basis von Heizkostenabrechnungen spiegelt dagegen vor allem das Verhalten der Bewohner wider. Ziehen zum Beispiel neue Mieter ein, die weniger heizen, verringert sich der Wert. „Das Haus wird dann energetisch günstiger bewertet, ohne dass es dafür einen guten Grund gibt – an Dämmung oder Heizungsanlage hat sich schließlich nichts verändert“, erklärt Sieverding.
Vor diesem Hintergrund betont die Verbraucherzentrale NRW, dass auch die Ausweisart in Immobilienanzeigen angegeben werden muss. In rund sieben Prozent der 1700 untersuchten Anzeigen und Aushänge stand der Energiekennwert, ohne dass klar war, welcher Ausweis zugrunde liegt. Das sei genauso ein Verstoß gegen die Energieeinsparverordnung wie das komplette Weglassen des Wertes. Ab 1. Mai 2015 können dafür mehrere Tausend Euro Bußgeld verhängt werden. Schon jetzt ist dies möglich, wenn der Energieausweis Interessenten bei einem Besichtigungstermin nicht unaufgefordert vorgelegt wird. Die Schärfe dieser Regelung war in der Telefonumfrage aber nur knapp jedem Dritten bewusst.
QUELLE: Verbraucherzentrale NRW