Gefahr erkannt: Sorgfältige Treppenbenutzer müssen Verhalten in zumutbarer Weise darauf einstellen

Sturz auf der Treppe zu einer Arztpraxis
Sturz auf der Treppe zu einer Arztpraxis

Ohne Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht kann beim Treppensturz nach dem Besuch einer Arztpraxis kein Schadensersatz oder Schmerzensgeld geltend gemacht werden. Der Hauseigentümer muss auch nicht vor leicht zu erkennenden Gefahren warnen.

So entschied das Landgericht Coburg.


Sturz auf der Treppe zu einer ArztpraxisIm Mai 2010 stürzte die Klägerin nach Besuch einer Arztpraxis im ersten Stock auf der letzten Stufe der Treppe zum Erdgeschoß. Dabei verletzte sie sich am Knöchel und brach sich das Fersenbein. Die Klägerin behauptete, dass das Treppenhauslicht nicht funktioniert hätte. Die natürliche Belichtung sei unzureichend gewesen. Sie hätte deshalb nicht sehen können, wo die Treppe endet. Die Klägerin meinte, dass die Hauseigentümerin ihrer Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen wäre. Diese sei im Hinblick auf die Arztpraxis im Haus besonders hoch anzusetzen. Deswegen wollte sie Schmerzensgeld in einer Größenordnung von 10.000 Euro und über 1.000 Euro Schadenersatz.

 

Die beklagte Hauseigentümerin gab an, dass die Beleuchtung im Treppenhaus am Unfalltag funktioniert hätte. Zudem wäre das Treppenhaus durch ein Oberlicht in der Eingangstür sowie ein großes Fenster zwischen Erd- und Obergeschoß ausreichend durch Tageslicht beleuchtet. Ein sorgfältiger Treppenbenutzer hätte erkannt, wo die Treppe endet.

Das Landgericht Coburg konnte eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht bei der Hauseigentümerin nicht erkennen. Die Verkehrssicherungspflicht umfasst nur die Beseitigung bzw. Warnung vor Gefahren, die ein sorgfältiger Benutzer nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann. Das Gericht wies darauf hin, dass auch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine vollkommene Verkehrssicherheit, die jeden Unfall ausschließt, nicht erreicht werden kann. Die Klägerin selbst gab an, dass bereits bei Betreten des Hauses das Treppenhauslicht nicht funktioniert habe. Daher konnte und musste sie sich auf dem Rückweg darauf einstellen, dass ihr eine künstliche Beleuchtung im Treppenhaus nicht zur Verfügung stand. Sie wäre verpflichtet gewesen, die Treppe äußerst vorsichtig und langsam zu begehen. Ein sorgfältiger Treppenbenutzer hätte sich während des Hinabgehens auch am Handlauf festgehalten. Auch wenn dieser Handlauf auf der Höhe der letzten Stufe endet, hielt es das Gericht für leicht möglich, sich weiterhin am Handlauf festzuhalten und die letzte Stufe zu meistern. Damit lag nach Auffassung des Landgerichts eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht selbst dann nicht vor, falls das Treppenhauslicht wirklich nicht gebrannt haben sollte.

Darüber hinaus hat das Gericht den Unfallort in Augenschein genommen und konnte die Beleuchtung durch einfallendes Tageslicht selbst beurteilen. Schließlich wies das Gericht auch darauf hin, dass eine Warnung der Klägerin nicht erforderlich war, weil sie nach eigener Angabe selbst erkannt hatte, dass das Treppenhauslicht nicht funktioniert. (Urteil vom 06.11.2012, 11 O 235/11)

QUELLE: Landgericht Coburg (Pressemitteilung)