LG Detmold, Berufungsurteil vom 26. März 2014, 10 S 218/12
Vom Mieter eingebrachte Pflanzen als wesentlicher Bestandteil des Grundstücks
Gericht
LG Detmold
Art der Entscheidung
Berufungsurteil
Datum
26. 03. 2014
Aktenzeichen
10 S 218/12
Leitsatz des Gerichts
Die grundsätzlich zugunsten des Mieters bestehende Vermutung, dass die Verbindung von ihm eingebrachter Anlagen regelmäßig nur zu einem vorübergeheden Zweck erfolgt, kann für Pflanzen nicht uneingeschränkt angewandt werden, da diese nach einigen Jahren nicht mehr ohne Schwierigkeiten und Risiken für ihren Bestand zu entfernen sind.
Tenor
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 04.12.2012 verkündete Urteil des Amtsgerichts Detmold wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens nach einem Gegenstandswert von 2.874,26 €
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
I.
Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 544 Abs. 1 S. 1 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
II.
Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet.
1. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Schadensersatzanspruch aus eigenem Recht wegen einer etwaigen Beschädigung der Thuja-Hecke auf dem vormals von ihm gemieteten Grundstück. Der einzig in Betracht kommende Anspruch aus § 823 BGB besteht nicht.
a) Das Eigentum des Klägers an der Hecke ist nicht verletzt worden, denn die Hecke stand zum Zeitpunkt der angeblichen Schädigungshandlung nicht in seinem Eigentum. Das Amtsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass die Thujapflanzen mit dem Einpflanzen wesentliche Bestandteile des Grundstücks (§§ 93, 94 Abs. 1 S. 2 BGB) geworden und damit in das Eigentum des Grundstückseigentümers übergegangen sind (§ 946 BGB). Der Kläger kann nicht beweisen, dass die Pflanzen nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden worden und dadurch als sogenannte Scheinbestandteile des Grundstücks (§ 95 BGB) in seinem Eigentum verblieben wären:
aa) Für die Frage, ob eine mit einem Grundstück verbundene Sache dessen wesentlicher Bestandteil oder nur ein Scheinbestandteil wird, kommt es entscheidend auf den Willen desjenigen an, der die Verbindung mit dem Grundstück hergestellt hat. Maßgeblich ist insofern der Zeitpunkt, in dem die Verbindung hergestellt wurde (vgl. Ellenberger in Palandt, BGB, 73. Aufl. 2014, § 95 Rn. 2).
bb) Die grundsätzlich zugunsten eines Mieters bestehende Vermutung, dass die Verbindung von ihm eingebrachter Anlagen regelmäßig nur zu einem vorübergehenden Zweck erfolgt, kann für Pflanzen nicht uneingeschränkt angewandt werden, da diese nach einigen Jahren nicht mehr ohne Schwierigkeiten und Risiken für ihren Bestand zu entfernen sind. Das Umpflanzen von Gehölzen ist dann nur mit großem Aufwand und von einem Fachmann durchführbar und birgt auch dann noch das Risiko, dass sie am neuen Standort nicht wieder anwachsen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 03.04.1998, 22 U 161/97, NJW-RR 1999, S. 160).
cc) Nach der persönlichen Anhörung des Klägers im Kammertermin am 12.03.2014 spricht nichts dafür, dass die Pflanzen Scheinbestandteile gewesen wären. Der Kläger hat keine Umstände genannt, die darauf hindeuten würden, dass die Verbindung mit dem Grundstück nur eine vorübergehende sein sollte, und auch keine konkreten Aussagen über seine innere Willensrichtung im Zeitpunkt des Anpflanzens gemacht.Gegen einen vorübergehenden Zweck spricht allerdings, dass er die Hecke in unmittelbarem Zusammenhang mit den ebenfalls von ihm gepflanzten Bodendeckern und dem von ihm gesäten Rasen genannt hat, die jeweils unstreitig wesentliche Bestandteile des Grundstücks sind.Zudem hat er angegeben, die Hecke habe insbesondere dem Sichtschutz dienen sollen. Dies stellt einen auf das konkrete Grundstück bezogenen Zweck dar, der dagegen spricht, dass der Kläger eine spätere Entfernung der Hecke beabsichtigte.
b) Ob aufgrund eines Verhaltens des Beklagten eine Verletzung des Besitzes des Klägers an der Hecke erfolgte, braucht nicht geklärt zu werden. Der Kläger weist zwar zu Recht darauf hin, dass auch der berechtigte Besitz als sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB geschützt ist. Dem Kläger ist aber, weil das Mietverhältnis über das Grundstück inzwischen beendet ist und er in der Zwischenzeit keine Aufwendungen zur Beseitigung der Beschädigungen an der Hecke getroffen hat, jedenfalls kein Schaden entstanden.
aa) Ein Schaden besteht auch nicht unter dem Gesichtspunkt, dass der Kläger von seinem früheren Vermieter für die Überlassung der beschädigten Hecke nur eine geringere Ausgleichszahlung erhalten würde als für eine unbeschädigte Hecke. Insofern kommt es nicht darauf an, ob man zur Begründung einer vom Vermieter zu zahlenden Vergütung auf einen Verzicht des Klägers auf sein Wegnahmerecht aus § 539 Abs. 2 BGB oder auf einen Anspruch wegen des mit der Verbindung der Pflanzen mit dem Grundstück eingetretenen Eigentumsverlustes des Klägers (§§ 946, 951 BGB) abstellt. Denn im Innenverhältnis zwischen dem Kläger und seinem früheren Vermieter war letzterer während der Mietzeit gemäß § 535 Abs. 1 S. 2 BGB zur Erhaltung der Mietsache – und damit auch der Hecke – verpflichtet, so dass eine Verschlechterung der Hecke nicht zu einer Verminderung des klägerischen Anspruchs führen würde.Auch unter Zugrundelegung der vom Kläger erstmals im Termin am 12.03.2014 vorgelegten – und vom Beklagten hinsichtlich ihrer Echtheit bestrittenen – Vereinbarung vom 30.11.2013 ergäbe sich nichts anderes. Die darin enthaltene Übernahme einer Verpflichtung zur Wiederherstellung der Hecke durch den Kläger würde aus den zuvor genannten Gründen erst zur Entstehung des Schadens führen. Der Ersatz eines solchen, vom Kläger selbst herbeigeführten Schadens wäre aber gemäß § 254 Abs. 1 BGB ausgeschlossen.
bb) Die für die Erstellung des Kostenvoranschlags geltend gemachten Kosten stellen keinen ersatzfähigen Schaden dar, weil ein solcher Kostenvoranschlag im Zweifel nicht zu vergüten ist (§ 632 Abs. 3 BGB) und der Kläger nicht darlegt, wieso es zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung erforderlich gewesen sein sollte, eine diesbezügliche Zahlungsverpflichtung einzugehen.
2. Ein Schadensersatzanspruch aus abgetretenem Recht (§§ 823 Abs. 1, 398 BGB) besteht jedenfalls deswegen nicht, weil der Kläger auf das Bestreiten des Beklagten hin keinen Beweis für den Abschluss einer Abtretungsvereinbarung angeboten hat.
3. Mangels eines Anspruchs in der Hauptsache bestehen auch die geltend gemachten Nebenforderungen nicht.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.