lG München I, Urteil vom 22. November 2010, 1 S 11024/10
Streit um Efeu
Gericht
lG München I
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
22. 11. 2010
Aktenzeichen
1 S 11024/10
Entscheidungsgründe
Entscheidungsgründe:
II. … 3. b) Nachdem somit die Beschlussfassung zu TOP 16 die Einleitung eines Rechtsstreits sowohl gegen die Kl. als auch gegen die Eigentümer G und M betraf, waren diese schon nach dem Wortlaut des § WEG § 25 WEG § 25 Absatz V WEG insgesamt von der Abstimmung ausgeschlossen.
Auf die Frage, ob die gemeinsam zu Verklagenden als Gesamtschuldner den Eigentümern gegenüber haften oder nicht, kann es demgegenüber nicht ankommen, weil dies, wie die §§ ZPO § 59, ZPO § 60 ZPO zeigen, nicht Voraussetzung für eine gemeinsame Klage gegen mehrere Streitgenossen ist. Hierzu reicht es vielmehr gem. § ZPO § 60 ZPO aus, wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden sollen. Ob diese Voraussetzungen tatsächlich gegeben sind, braucht im Rahmen eines Anfechtungsprozesses allerdings ebenfalls nicht endgültig geklärt zu werden. Erforderlich ist lediglich, dass nach den Angaben des den Beschluss Beantragenden eine gemeinsame Klage gegen die mehreren Wohnungseigentümer gem. §§ ZPO § 59, ZPO § 60 ZPO nicht von vornherein aussichtslos erscheint. Dies ist vorliegend unter Zugrundelegung des Vortrags der beklagten Partei, die von der Klagepartei weitgehend unbestritten geblieben ist, nämlich dass die Verunreinigung der Fassade an allen drei Wänden auf den Rückschnitt des dort befindlichen Efeus durch die Inhaber der jeweils angrenzenden Sondernutzungsfläche zurückzuführen ist, der Fall.
Ob die gemeinsame Klage gegen die Kl. und die Eigentümer G und M tatsächlich zulässig ist und Erfolg hat, muss dann von dem hierüber zur Entscheidung berufenen Gericht beurteilt werden, da eine detaillierte Prüfung u. U. komplizierter rechtlicher und tatsächlicher Sachverhalte den Eigentümern im Rahmen der Beschlussfassung einerseits nicht zugemutet werden kann und andererseits die Entscheidung des eigentlich zuständigen Gerichts nicht durch das Beschlussverfahren vorweggenommen werden soll.
Wenn aber gegen mehrere Wohnungseigentümer gemeinsam im Wege eines Rechtsstreits vorgegangen werden soll und dies rechtlich möglich ist, so ist es auch nicht willkürlich, die Entscheidung hierüber einheitlich in einem Beschluss zu treffen. Eine Verpflichtung, über das Vorgehen gegen die Kl. und die Eigentümer G und M getrennt abzustimmen und von der Abstimmung jeweils nur den konkret davon betroffenen Eigentümer auszuschließen, wie sie das AG angenommen hat, bestand daher nach Auffassung der Kammer nicht. Den vom Stimmrechtsausschluss des § WEG § 25 WEG § 25 Absatz V WEG betroffenen Miteigentümern entstehen dadurch auch keine unzumutbaren Nachteile, da sie durch das Prozessrecht hinreichend geschützt sind und die Klage auf Kosten der übrigen Eigentümer bzw. der Wohnungseigentümergemeinschaft abgewiesen wird, sofern ein entsprechender Anspruch tatsächlich nicht besteht bzw. nicht erweislich ist.
c) Die seitens der Kammer vorgenommene Auslegung der Vorschrift des § WEG § 25 WEG § 25 Absatz V WEG steht auch im Einklang mit einer Entscheidung des BayObLG, die weitgehend Zustimmung erhalten hat (vgl. BayObLG, NJW-RR 1998, NJW-RR Jahr 1998 Seite 231 = NZM 1998, NZM Jahr 1998 Seite 161; Spielbauer/Then, WEG, § 25 Rdnr. 30; Merle, in: Bärmann, WEG, 11. Aufl., § 25 Rdnr. 132). Danach ist, wenn die Wohnungseigentümer beschließen, einen Rechtsstreit gegen einen Eigentümer und einen Dritten anzustrengen, der betroffene Eigentümer auch insoweit vom Stimmrecht ausgeschlossen, als der Dritte verklagt werden soll. Es ist nicht ersichtlich, warum etwas anderes gelten sollte, wenn der Rechtsstreit, wie vorliegend, nicht gegen den Eigentümer und einen außen stehenden Dritten, sondern einen weiteren bzw. mehrere weitere Eigentümer geführt werden soll.
d) Schließlich entspricht es dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § WEG § 25 WEG § 25 Absatz V WEG, der als Sonderregelung zu § BGB § 181 BGB einen Wohnungseigentümer von der Abstimmung über Beschlüsse ausschließt, die die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits gegen ihn betreffen, um hierdurch die Willensbildung in der Eigentümergemeinschaft von privaten Sonderinteressen frei zu halten (vgl. Spielbauer/Then, § 25 Rdnr. 26; Merle, in: Bärmann, § 25 Rdnr. BAERMANNKOWEG WEG § 25 Randnummer 115), wenn sich der Stimmrechtsausschluss bei einer beabsichtigten Klage gegen mehrere Eigentümer als Streitgenossen auf sämtliche davon betroffenen Eigentümer erstreckt, unabhängig davon, ob sie als Gesamtschuldner haften und ob es sich um eine notwendige Streitgenossenschaft i. S. der § ZPO § 62 ZPO handeln würde oder nicht. Denn auch im Fall des Vorliegens lediglich gleichartiger und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grunde beruhender Ansprüche i. S. des § ZPO § 60 ZPO wäre es in der Regel willkürlich, wenn die übrigen Wohnungseigentümer bzw. die Gemeinschaft nur gegen einen der betroffenen Eigentümer rechtliche Schritte ergreifen würde, gegen die anderen hingegen nicht. Vorangegangene rechtmäßige Entscheidungen binden jedoch – anders als rechtswidrige, bestandskräftige Beschlüsse – die Wohnungseigentümer insoweit, als identische Sachverhalte in der Regel gleich und unterschiedliche ihrer Eigenart entsprechend zu behandeln sind (Staudinger/Bub, BGB, 2005, § 21 WEG Rdnr. 82). Daher würden die weiteren Eigentümer, wenn sie über die Einleitung eines Rechtsstreits gegenüber einem weiteren Eigentümer, der als Streitgenosse neben ihnen verklagt werden soll, entscheiden sollten, letztlich mittelbar auch über das Vorgehen der Wohnungseigentümer gegen sie selbst entscheiden, was die Vorschrift des § WEG § 25 WEG § 25 Absatz V WEG aber gerade verhindern will.
Darauf, ob im Ergebnis tatsächlich auf Grund eines gleichartigen Sachverhalts eine gleiche Behandlung der betroffenen Eigentümer gerechtfertigt ist oder ob auf Grund bestehender Unterschiede eine Differenzierung im konkreten Fall möglich ist, kann es im Interesse der Rechtsklarheit und einer einfachen Handhabung des § WEG § 25 WEG § 25 Absatz V WEG nicht ankommen.
4. Der streitgegenständliche Beschluss zu TOP 16 der Eigentümerversammlung vom 13. 8. 2008 ist auch materiell rechtmäßig. Denn ein Beschluss über die Einleitung eines Rechtsstreits entspricht nur dann nicht einer ordnungsgemäßen Verwaltung i. S. des § WEG § 21 WEG § 21 Absatz III WEG, wenn die beabsichtigte Klage nicht offensichtlich von vornherein aussichtslos ist (vgl. Spielbauer/Then, § 21 Rdnrn. 26 f.). Das war vorliegend jedoch nicht der Fall. Ein Anspruch der Wohnungseigentümergemeinschaft bzw. der übrigen Wohnungseigentümer gegen die Kl. und die Eigentümer G und M ist insbesondere schon nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil, wie die Klagepartei vorträgt, die Begrünung der Fassade seitens der Wohnungseigentümer in der Versammlung vom 30. 9. 1997 beschlossen wurde.
Wie sich nämlich aus dem von der Klagepartei vorgelegten Protokoll der außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 30. 9. 1997 ergibt, wurde in dem dortigen Beschluss die Pflanzenart gerade nicht festgelegt. Es wäre daher möglich, dass der Wohnungseigentümergemeinschaft ein Schaden erst durch die Wahl, Efeu anzupflanzen, entstanden ist. Ebenso könnten sich Ansprüche gegen die genannten Eigentümer auf Grund des von diesen unstreitig vorgenommenen Rückschnitts des Efeus ergeben.