LG Offenburg, Urteil vom 12. März 2002, 2 O 23/02
“Roberto Blanco II” Gegendarstellungsvoraussetzungen
Gericht
LG Offenburg
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
12. 03. 2002
Aktenzeichen
2 O 23/02
Leitsatz des Gerichts
Es besteht grundsätzlich kein Gegendarstellungsanspruch, wenn lediglich aus Tatsachen Schlussfolgerungen gezogen und nur Gerüchte und Mutmaßungen wiedergegeben werden.
Eine Gegendarstellung darf nur so viel Raum in Anspruch nehmen, als zur klaren und konzentrierten Widerlegung der Erstmitteilung erforderlich ist. Auf eine Mitteilung im Umfang von zwei Sätzen durfte im entschiedenen Fall nur eine Entgegnung im Umfang von ebenfalls zwei Sätzen verlangt werden.
Tenor
1. Der Beklagten wird auferlegt, in dem gleichen Teil der Zeitschrift VIEL SPASS, in dem der Artikel „Seine Frau hat jetzt die Nase voll!“ (VIEL SPASS vom 09.01.2002, Seite 3) erschienen ist und mit gleicher Schrift unter Hervorhebung des Wortes Gegendarstellung als Überschrift durch drucktechnische Anordnung und Schriftgröße in der nächsten für den Druck nnoch nicht abgeschlossenen Nummer die folgenden Gegendarstellungen zu veröffentlichen:
In VIEL SPASS Nr. 3 /2002 vom 09.01.2002 wird unter der Überschrift “Seine Frau hat jetzt die Nase voll” über mich im Zusammenhang mit den von mir für meinen Sohn und dessen Mutter Nicole Geyer geleisteten Unterhaltszahlungen berichtet:
“… er zahlt auch noch die Raten für ihren [Nicole Geyer’s] Fiat und natürlich die Möbel für die neue Wohnung. Und zur Taufe kaufte er der jungen Mutter ein Designer-Kleid für über 3.500,- Mark.”
Hierzu stelle ich fest:
1. Ich zahle nicht die Raten für Nicole Geyer’s Fiat und nicht die Möbel für ihre neue Wohnung.
2. Ich habe Nicole Geyer nicht zur Taufe meines Sohnes Roberto Robin ein Designer?Kleid für über 3.500,- Mark gekauft.
Im übrigen wird der Antrag abgewiesen.
2. Die Beklagte trägt 1/3, der Kläger 2/3 der Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar
Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger verlangt im Wege der einstweiligen Verfügung Gegendarstellung einiger Äußerungen in einer Druckschrift der Beklagten.
In der Zeitschrift „VIEL SPASS”, die von der Beklagten als Verlegerin herausgegeben wird, erschien in der Ausgabe Nr. 3 vom 09.01.2002 auf Seite 3 ein Artikel über den Kläger mit der Überschrift „Seine Frau hat jetzt die Nase voll”. Gegen diese Berichterstattung wandte sich der Kläger und forderte durch Anwaltsschriftsatz vom 21.01.2002 die Beklagte auf, folgende von ihm unterschriebene Gegendarstellung abzudrucken:
In VIEL SPASS Nr.3/2002 vom 9.1.02 wird unter der Überschrift “Seine Frau hat jetzt die Nase voll” über den Verkauf meines gemeinsamen Hauses mit meiner Frau Mireille Blanco in München berichtet:
“Immer häufiger tauchen Gerüchte auf, dass sie sich nach 37 Jahren von Ehemann Roberto Blanco (64) trennen will. Sie hat wohl die Nase voll. … Der Hausverkauf – es ist wohl ein Hinweis darauf, das Mireille nicht mehr gemeinsam mit Roberto unter einem Dach wohnen möchte. Dass sie in Zukunft ihre eigenen Wege gehen möchte.”
Weiterhin heißt es unter Bezugnahme auf die Geburt meines unehelichen Sohnes Roberto Robin Blanco:
„Und seitdem hat Roberto Blanco keine Gelegenheit ausgelassen, seinen Vaterstolz öffentlich zu zeigen – durch die Zeitungen gingen Fotos, die den glücklichen Vater zeigen, wie er den Kinderwagen mit Robertino schiebt, wie er mit dem Sohn im Bettchen knutscht, wie er mit ihm am Strand einer Karibik-Insel tollt.“
Darüber hinaus wird über mich im Zusammerhang mit den von mir für meinen Sohn und dessen Mutter Nicole Geyer geleisteten Unterhaltszahlungen berichtet:
„… er zahlt auch noch die Raten für ihren [Nicole Geyers’s] Fiat und natürlich die Möbel für die neue Wohnung. Und zur Taufe kaufte er der jungen Mutter ein designer-Kleid für über 3 500 Mark.“
Hierzu stelle ich fest:
1. Meine Frau beabsichtigt nicht, sich von mir zu trennen.
2. Der beabsichtigte Verkauf unseres Hauses in München hat nichts mit unserer Ehe zu tun.
3. Die Fotos, die mich mit Roberto Robin im Kinderwagen, im Bett und am Strand einer Karibik-Insel zeigen, sind nicht mit meinem Einverständnis veröffentlicht worden.
4. Ich zahle nicht die Raten für Nicole Geyer’s Fiat.
5. Ich zahle nicht die Möbel für Nicole Geyer’s neue Wohnung.
6. Ich habe Nicole Geyer nicht zur Taufe meines Sohnes Roberto Robin ein Designer-Kleid für über 3.500 Mark gekauft.
Die Beklagte lehnte mit Schreiben ihres Vertreters vom 25.01.2002 (Schutzschrift) den Abdruck der Gegendarstellung ab unter Hinweis auf presserechtliche Bestimmungen, die sie als nicht eingehalten angesehen hat. Nach der Rechtshängigkeit seines Antrages auf Erlass einer einstweiligen Verfügung forderte der Kläger mit Schreiben vom 05.02.2002 die Beklagte zum Abdruck einer neu formulierten Gegendarstellung auf wie folgt:
In VIEL SPASS Nr. 3/2002 vom 9.1.02 wird unter der Überschrift „Seine Frau hat jetzt die Nase voll“ über den Verkauf meines gemeinsamen Hauses mit meiner Frau Mireille Blanco in München berichtet:
„Immer häufiger tauchen Gerüchte auf, dass sie sich nach 37 Jahren von Ehemann Roberto Blanco (64) trennen will. Sie hat wohl die nase voll. … Der Hausverkauf – es ist wohl ein Hinweis darauf. Dass Mireille nicht mehr gemeinsam mit Roberto unter einem Dach wohnen möchhte. Dass sie in Zukunft ihre eigenen Wege gehen möchte.“
Darüber hinaus wird über mich im Zusammenhang mit denn von mir für meinen Sohn und dessen Mutter Nicole Geyer geleisteten Unterhaltszahlungen berichtet:
„… er zahlte auch noch die Raten für ihren [Nicole Geyer’s] Fiat und natürlich die Möbbel für die neue Wohnung. Und zur Taufe kaufte er der jungen Mutter ein Designer-Kleid für über 3 500 Mark.
Hierzu stelle ich fest:
1. Meine Frau beabsichtigt nicht, sich von mir zu trennen.
2. Der beabsichtigte Verkauf unseres Hauses in München hat nichts mit unserer Ehe zu tun.
3. Ich zahle nicht die Raten für Nicole Geyer’s Fiat und nicht die Möbel für ihre neue Wohnung.
4. Ich habe Nicole Geyer nicht zur Taufe meines Sohnes Roberto Robin ein Designer-Kleid für über 3.500 Mark gekauft.
Die Prozessbevollmächtigten der Beklagten lehnten mit Schreiben vom 08.02.2002 auch diese Erklärung ab, im wesentlichen mit derselben Begründung wie bisher (vgl. AS 55-65).
Der Kläger meint, die Beklagte sei zur Gegendarstellung verpflichtet, da die darin bezeichneten Behauptungen unwahr seien.
Der beabsichtigte Verkauf des Hauses habe nichts mit seiner Ehe zu tun, die vollkommen intakt sei. Auch die Tatsache, dass er seinen väterlichen Pflichten gegenüber seinem Sohn nachgehe, sei kein Indiz für eine beabsichtigte Trennung. Die Verbreitung von Gerüchten durch die Beklagte sei eine gegendarstellungsfähige eigene Tatsachenbehauptung. Im übrigen gebe es die in dem Artikel erwähnten Gerüchte über seine Ehe tatsächlich nicht. Soweit über Schwierigkeiten in der Ehe berichtet worden sei, habe es sich um Erfindungen der Presse gehandelt, gegen die er sich gewehrt habe bzw. es noch tun werde.
Er habe die in dem Artikel erwähnten Fotos, die ihn mit seinem Sohn zeigen, nicht an die Presse gegeben oder zu deren Abdruck eingewilligt.
Schließlich habe er Frau Nicole Geyer die Raten für einen neuen Fiat, die Möbel für eine neue Wohnung oder das Kleid, welches sie bei der Taufe des Sohnes Roberto Robin trug, nicht bezahlt.
Der Kläger beantragt,
der Beklagten aufzuerlegen, in dem gleichen Teil der Zeitschrift VIEL SPASS, in dem der Artikel “Seine Frau hat jetzt die Nase voll!” (VIEL SPASS vom 09.01.2002, Seite 3) erschienen ist und mit gleicher Schrift unter Hervorhebung des Wortes Gegendarstellung als Überschrift durch drucktechnische Anordnung und Schriftgröße in der nächsten für den Druck noch nicht abgeschlossenen Nummer die mit Schriftsatz vom 21.01.2002 an die Beklagte übersandte Gegendarstellung (siehe oben) zu veröffentlichen.
hilfsweise,
der Beklagten aufzuerlegen, in dem gleichen Teil der Zeitschrift VIEL SPASS, in dem der Artikel “Seine Frau hat jetzt die Nase voll!” (VIEL SPASS vom 09.01.2002, Seite 3) erschienen ist und mit gleicher Schrift unter Hervorhebung des Wortes Gegendarstellung als Überschrift durch drucktechnische Anordnung und Schriftgröße in der nächsten für den Druck noch nicht abgeschlossenen Nummer die mit Schriftsatz vom 05.02.2002 an die Beklagte übersandte Gegendarstellung (siehe oben) zu veröffentlichen:
Die Beklagte beantragt, den Antrag abzuweisen.
Sie meint, dem Kläger stehe der Gegendarstellungsanspruch nicht zu, da er den gesetzlichen Voraussetzungen nicht entspreche.
Bei der vom Kläger beanstandeten Erstmitteilung handele es sich nicht um eine Tatsachenbehauptung, sondern um die Äußerung eines Verdachts, der ersichtlich die Schlussfolgerung aus mitgeteilten Tatsachen sei. Im übrigen sei über Gerüchte berichtet worden, die tatsächlich schon seit Wochen vor ihrer Veröffentlichung in den Printmedien im Umlauf gewesen seien.
Soweit der Kläger gegendargestellt haben möchte, die Fotos, die ihn mit seinem Sohn zeigen, seien ohne sein Einverständnis veröffentlicht worden, liege darin eine unzulässige Ergänzungsmitteilung, die nicht gegendarstellungsfähig sei.
Bei dem Begehren des Klägers wegen der Aufwendungen für die Mutter seines nichtehelichen Sohnes handele es sich um eine unzulässige, weil zu lange (sog. “geschwätzige”) Gegendarstellung.
Die von der Beklagten eingereichte Schutzschrift (Az.: 2 OH 12/02) war beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Wegen der Einzelheiten des Vortrags wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Parteien sowie der Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.02.2002 verwiesen.
Entscheidungsgründe
I.
Der Hauptantrag ist zulässig, aber unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf die im Hauptantrag geltend gemachte Gegendarstellung nach § 11 Landespressegesetz Baden-Württemberg (LPresseG).
Das baden-württembergische Landespressegesetz findet Anwendung, da der beanstandete Artikel von der Beklagten als Verlegerin mit Sitz in Offenburg herausgegeben wurde und mangels anderweitiger Anhaltspunkte auch von Offenburg als Erscheinungsort der Zeitschrift auszugehen ist (vgl. Seitz/Schmidt/Schoener, Der Gegendarstellungsanspruch, 3. Aufl. 1998, Rdnr. 44-46).
Der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Gegendarstellungsanspruch erfüllt in allen Punkten nicht die in § 11 LPresseG normierten Voraussetzungen.
1. Soweit der Kläger der Erstmitteilung “immer häufiger tauchen Gerüchte auf, dass sie sich nach 37 Jahren von Ehemann Roberto Blanco (64) trennen will. Sie hat wohl die Nase voll. … Der Hausverkauf es ist wohl ein Hinweis darauf, dass Mireille nicht mehr gemeinsam mit Roberto unter einem Dach wohnen möchte. Dass sie in Zukunft ihre eigenen Wege gehen möchte.” mit der Darstellung entgegentreten will: „1. Meine Frau beabsichtigt nicht, sich von mir zu trennen.” und „2. Der beabsichtigte Verkauf unseres Hauses in München hat nichts mit unserer Ehe zu tun.”, hat dieser Antrag keinen Erfolg, weil eine Tatsachenbehauptung der Beklagten nicht veröffentlicht worden ist.
Die beanstandete Erstmitteilung enthält nämlich nur zum bevorstehenden Hausverkauf eine Tatsachenbehauptung. Diese wird von dem Kläger allerdings nicht bestritten und soll auch nicht gegendargestellt werden. Bei den übrigen Mitteilungen hat die Beklagte Gerüchte wiedergegeben, die es wegen einer Trennung der Ehefrau von dem Kläger geben soll, sowie Mutmaßungen über eine bevorstehende Trennung, weil der Kläger das gemeinsame Haus verkaufen wolle und sich öffentlich mit seinem nichtehelichen Sohn und dessen Mutter zeige.
Zwar ist grundsätzlich für die Annahme einer Tatsachenbehauptung nicht Voraussetzung, dass die Meldung als sicher hingestellt wird, denn auch in der Äußerung eines Verdachts kann die Behauptung stecken, dass etwas tatsächlich so sei (Seitz/Schmidt/Schoener, Rdnr. 319). Eine Gegendarstellung kommt aber jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn der Verdacht ersichtlich Schlussfolgerung aus ebenfalls mitgeteilten Tatsachen ist /Seitz/Schmidt/Schoener, Rdnr. 319; LG Düsseldorf, Urteil vom 12.02.1992, 12 O 12/92 – AfP 1992, 315). Vorliegend wurde als Tatsache mitgeteilt, dass der Kläger das gemeinsame Haus verkaufen wolle und sich öffentlich mit der Mutter seines nichtehelichen Sohnes zeige. Daraus wurde der Schluss gezogen, der Kläger und seine Ehefrau beabsichtigten, sich zu trennen. Entgegen der Ansicht des Klägers ist diese Schlussfolgerung nicht völlig abwegig. Der Verkauf des gemeinsamen Hauses eines Ehepaares wird nach der Lebenserfahrung in vielen Fällen den Verdacht nähren, dass eine Trennung bevorsteht. Dies gilt insbesondere dann, wenn keine weiteren Gründe für den Verkauf bekannt sind und gleichzeitig der Ehemann in der Öffentlichkeit mit seinem nichtehelichen Sohn und dessen Mutter gesehen wird.
Für den Leser der beanstandeten Erstmitteilung ist erkennbar, dass wertende Schlussfolgerungen aus mitgeteilten Tatsachen gezogen werden. So heißt es: “Der Hausverkauf – es ist wohl ein Hinweis darauf, dass Mireille nicht mehr gemeinsam mit Roberto unter einem Dach wohnen möchte.” Die bevorstehende Trennung wird also aus dem mitgeteilten Hausverkauf geschlussfolgert.
Gegen die Erstmitteilung, der Antragsteller beabsichtige sich von seiner Ehefrau zu trennen, besteht daher kein Gegendarstellungsanspruch.
Soweit es in der beanstandeten Erstmitteilung heißt: “Immer häufiger tauchen Gerüchte auf, dass sie sich nach 37 Jahren von Ehemann Roberto Blanco (64) trennen will.” waren diese Gerüchte bereits vor Erscheinen des Artikels tatsächlich im Umlauf. Das folgt aus den von der Beklagten vorgelegten Presseberichten aus der Zeit vom 09.11.2000 bis 20.12.2001; sie hat daher nicht Tatsachen in Gerüchte verpackt, sondern bestehende Gerüchte wiedergegeben. Diese Gerüchte konnten auch nicht dadurch aus der Weit geschafft werden, dass in einzelnen Zeitschriften Gegendarstellungen veröffentlicht wurden oder Unterlassungsverpflichtungen ergangen sind.
2. Es besteht kein Anspruch zur Gegendarstellung folgender Erstmitteilung “Und seitdem hat Roberto Blanco keine Gelegenheit ausgelassen,. seinen Vaterstolz öffentlich zu zeigen – durch die Zeitungen gingen Fotos, die den glücklichen Vater zeigen, wie er den Kinderwagen mit Robertino schiebt, wie er mit dem Sohn im Bettchen knutscht, wie er mit ihm am Strand einer Karibik-Insel tollt.“ Denn die Entgegnung enthält eine unzulässige Ergänzung.
Voraussetzung für eine zulässige Entgegnung ist, dass die Gegendarstellung in unmittelbarem gedanklichem Zusammenhang mit der beanstandeten Veröffentlichung steht, sich also auf diese bezieht. Ergänzungen sind (nur) dann zulässig, wenn ein schutzwürdiges Interesse dafür besteht (Seitz/Schmidt/Schoener, Rdnr. 224, 225). Vorliegend wird jedoch in der Entgegnung die Frage behandelt, ob die genannten Fotos mit Einverständnis des Klägers veröffentlicht wurden, während die Erstmitteilung dazu überhaupt keine Aussage enthält. In ihr wird lediglich festgestellt, dass die Fotos “durch die Zeitungen gingen”, ohne darauf einzugehen, ob das Einverständnis für die Veröffentlichung der Fotos erteilt worden ist und gegebenenfalls von wem. Die beantragte Entgegnung würde daher der Erstmitteilung einen anderen Inhalt geben. In solchen Fällen fehlt ein schutzwürdiges Interesse für die Ergänzung (Seitz/Schmidt/Schoener, Rdnr. 228).
3. Der Kläger hat schließlich keinen Anspruch auf Gegendarstellung der Erstmitteilung „… er zahlt auch noch die Raten für ihren Fiat und natürlich die Möbel für die neue Wohnung. Und zur Taufe kaufte er der jungen Mutter ein Designer-Kleid für über 3.500,- DM” durch: “Ich zahle nicht die Raten für Nicole Geyer’s Fiat. Ich zahle nicht die Möbel für Nicole Geyer’s neuer Wohnung. Ich habe Nicole Geyer nicht zur Taufe meines Sohnes Roberto Robin ein Designer-Kleid für über 3.500, DM gekauft.”
Die Gegendarstellung darf grundsätzlich nur so viel Raum in Anspruch nehmen, als zur klaren und konzentrierten Widerlegung der Erstmitteilung erforderlich ist (Seitz/Schmidt/Schoener, Rdnr. 235), Im vorliegenden Fall ist eine klare Widerlegung bei Einhaltung des Umfangs der Erstmitteilung ohne weiteres möglich. Es handelt sich um einfache Behauptungen, die durch die jeweilige Negation dieser Behauptung widerlegt werden können, ohne dass dazu weitere Erklärungen erforderlich wären. Auf die beanstandete Erstmitteilung mit einem Umfang von zwei Sätzen kann daher zulässigerweise nur mit einem Umfang von ebenfalls zwei Sätzen entgegnet werden. Die beantragte Entgegnung mit drei Sätzen ist daher als unangemessen zurückzuweisen.
Der Hilfsantrag ist teilweise begründet.
1. Ein Gegendarstellungsanspruch bzgl. der beantragten Entgegnungen Zif. 1 und 2 besteht aus den oben genannten Gründen nicht.
2. Der Kläger hat dagegen Anspruch auf Gegendarstellung der Erstmitteilung “… er zahlt auch noch die Raten für ihren Fiat und natürlich die Möbel für die neue Wohnung, Und zur Taufe kaufte er der jungen Mutter ein Designer-Kleid für über 3.500, DM” durch (neu gefasste Formulierung im Schriftsatz vom 05.02.2002): “Ich zahle nicht die Raten für Nicole Geyer’s Fiat und nicht die Möbel für ihre neue Wohnung. Ich habe Nicole Geyer nicht zur Taufe meines Sohnes Roberto Robin ein Designer-Kleid für über 3.500, DM gekauft.”
In der Erstmitteilung liegt eine Tatsachenbehauptung, die gem. § 11 LPresseG gegendarstellungsfähig ist. In der Entgegnung wird klar und konzentriert in angemessener Form widerlegt.
Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse daran, insbesondere ist sie nicht offensichtlich unwahr. Die Wahrheit des Inhalts der Gegendarstellung hat der Kläger durch seine eigene eidesstattliche Versicherung sowie diejenige von Frau Nicole Geyer glaubhaft gemacht.
Schließlich entspricht die Gegendarstellung auch den formellen Erfordernissen. Sie wurde leserlich, schriftlich niedergelegt und vom Kläger eigenhändig unterzeichnet. Der Beklagten ist eine abdruckreife, eigenhändig unterschriebene Gegendarstellung zugeleitet worden.
Die Gegendarstellung wurde auch unverzüglich geltend gemacht. Der beanstandete Artikel erschien am 09.01.2002. Das ursprüngliche Gegendarstellungsverlangen wurde mit Schreiben vom 21.01.2002, der hilfsweise gestellte Antrag mit Schreiben vom 05.02.2002 geltend gemacht.
Der Gegendarstellungsanspruch des Klägers konnte teilweise abgewiesen werden, weil es sich dabei um eine sog. selbständige Kürzung (zur Terminologie siehe Seitz/Schmidt/Schoener, Rdnr. 707) handelt, die zulässigerweise durch das Gericht vorgenommen werden darf. Der sonst bestehende Grundsatz, dass eine Gegendarstellung nur “ganz oder gar nicht” zugesprochen werden darf, ist dann einzuschränken, wenn eine mehrgliedrige Gegendarstellung selbständige Punkte enthält, die derart unabhängig sind, dass sie aus sich heraus verständlich sind und ihre Streichung das Verständnis der anderen Punkte nicht ändert (siehe OLG München, Urt. v. 26.06.1998, Az.: 21 U 349/98, NJVV RR 1998, 1632, Seitz/Schmidt/Schoener, Rdnr. 739). Diese Situation ist vorliegend gegeben. Die Entgegnungen Zif. 1 und 2 sind von denen unter Zif. 3 und 4 sachlich unabhängig, das Verständnis der letzten beiden Sätze wird durch die voranstehenden Sätze nicht beeinflusst.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 6, 711 ZPO.
Ross
Vors. Richter am Landgericht
Wegmann
Richter am Landgericht
Cohrs
Richterin
Schnaubelt, Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
des Landgerichts