Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 25. Juli 2014, 12 U 162/13
Bambus, der an die Grenze zum Nachbargrundstück gepflanzt wird, kann rechtlich wie eine eine Hecke eingestuft werden.
Gericht
OLG Karlsruhe
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
25.07.2014
Aktenzeichen
12 U 162/13
Leitsatz des Gerichts
1. Eine Anpflanzung von Bambus (Gattung Phyllostachys) kann im Sinne des baden-württembergischen Nachbarrechts als Hecke anzusehen sein, auch wenn Bambus im botanischen Sinne den Gräsern zuzurechnen ist.
2. Ein Metallgitterzaun ist kein Drahtzaun im Sinne des baden-württembergischen Nachbarrechtsgesetzes.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Entfernung bzw. den Rückschnitt von Pflanzen im Bereich der Grundstücksgrenze zwischen den Grundstücken der Parteien.
Der Kläger ist Eigentümer der Grundstücke B-Straße 76 und 76 b (…) in H.. Der Beklagte ist Eigentümer des Grundstücks B-Straße 76 a (…), das an das Grundstück B-Straße 76 östlich und an das Grundstück B-Straße 76 b nördlich und westlich angrenzt. Bei dem Grundstück B-Straße 76 b handelt es sich um ein Wege- sowie Garagengrundstück, über das auch das Grundstück B-Straße 76 a des Beklagten erschlossen ist. (…)
Der Kläger hat vorgetragen, die Ehefrau des Beklagten habe im April 2004 vier Bündel Bambus der Gattung Phyllostachys anliefern lassen. Diese seien auf dem Grundstück des Beklagten durch eine Gartenbaufirma am 14.07.2004 an der östlichen Grundstücksgrenze zu dem Grundstück B-Straße 76 b im Abstand von ca. 2 bis 3 m zueinander innerhalb einer angelegten Rhizomsperre eingepflanzt worden. Der Kläger ist der Auffassung, die Anpflanzung mit Bambus stelle eine Hecke im Sinne des Nachbarrechts dar. Der Bambus sei zu nah an die Grundstücksgrenze gepflanzt und überdies zu kürzen. Die Pflanzung sei zu entfernen, soweit sie den Mindestabstand von 50 cm beim Austritt aus dem Erdreich unterschreite und auf die zulässige Höhe von 1,80 m zurückzuschneiden. Die Hecke aus Bambus verursache eine erhebliche Beeinträchtigung des Grundstücks des Klägers, da die Sicht erheblich beeinträchtigt werde und bei Feuchtigkeit und Schneefall der Bambus sich deutlich über die Grundstücksgrenze zum Grundstück des Klägers neige. Der Anspruch auf Entfernung sei auch nicht verjährt. Durch die erhebliche Ausbreitung des Bambus innerhalb der Rhizomsperre und bei einer Lebensdauer der einzelnen Halme von 5 – 7 Jahren sei Verjährung noch nicht eingetreten. (…)
Der an der Ostgrenze des Grundstücks des Beklagten zum Grundstück des Klägers errichtete Metallgitterzaun überschreite die zulässige Höhe von 150 cm bei weitem und erscheine zudem bei seitlichem Augenschein als grün glänzende Wand. Der Zaun sei entweder zu entfernen oder – soweit er die zulässige Höhe überschreite – zu kürzen.
Der Kläger hat in erster Instanz beantragt:
1. Der Beklagte wird verurteilt, die sich an der östlichen Grundstücksgrenze seines Grundstückes Flurstück Nummer …/4 B-Straße 76 a, in … H. befindliche Hecke aus Bambus zu entfernen.
2. Der Beklagte wird verurteilt, die sich an der östlichen Grundstücksgrenze auf seinem Grundstück Flurstück …/4, B-Straße 76, in 69 120 H. nördlich und südlich der Bambushecke befindliche Hecke aus Holzgewächsen auf eine Höhe von 1,80 m zurückzuschneiden.
3. (…)
4. Der Beklagte wird verurteilt, die auf seinem Grundstück Flurstück …/4, B-Straße 76 a in … H. an der östlichen Grundstücksgrenze zu dem Grundstück des Klägers in der Süd Ost Ecke stehende Trauerweide auf eine Höhe von 2,42 m zurückzuschneiden.
5. (…)
6. (…)
7. Der Beklagte wird verurteilt, den Metallgitterzaun entlang der Ostgrenze des Grundstückes FIst.Nr. …/4, B-Straße 76 a, soweit er die Höhe von 150 cm über seinem Grundstück überschreitet, zu kürzen oder zu entfernen.
Zu Klageantrag Ziffer 1. (Entfernung der Bambushecke) hilfsweise:
1H. Der Beklagte wird verurteilt, die sich entlang der östlichen Grundstücksgrenze auf seinem Grundstück Flurstück …/4, B-Straße 76 in … H. befindliche Hecke aus Bambus aus den Bereichen in denen der Grenzabstand weniger als 0,50 m beträgt zu entfernen und in den Bereichen in denen der Grenzabstand mehr als 0,50 m beträgt, auf eine Höhe von 1,80 m zurückzuschneiden.
Der Beklagte hat in erster Instanz beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, bei der Bambusanpflanzung handle es sich nicht um ein Gehölz im Sinne des NRG, weshalb sie auch keine Hecke darstelle. Die Bambussträucher seien nicht mit weniger als 0,5 m Abstand zur Grundstücksgrenze eingepflanzt worden. (…)
Mit Urteil vom 24.10.2013, auf dessen Feststellungen im Übrigen verwiesen wird, soweit sie zu den vorliegend getroffenen nicht in Widerspruch stehen, hat das Landgericht den Beklagten zur teilweisen Entfernung, im Übrigen zum Rückschnitt der Bambushecke auf eine Höhe von 1,80 m (Klageantrag Ziffer 1H) (…) sowie zur Kürzung des Metallgitterzauns auf eine Höhe von 150 cm (Klageantrag Ziffer 7) verurteilt. Im Übrigen (…) hat es die Klage abgewiesen.
Die Bambusanpflanzung werde zwar nicht unmittelbar von den Gehölzarten des NRG erfasst. Dies stehe der rechtlichen Einordnung als Hecke i. S. v. § 12 NRG aber nicht entgegen; der Gesetzeswortlaut enthalte keine Vorgabe dazu, welche Pflanzenart als Heckenpflanze anzusehen sei. Maßgeblich sei insoweit das Erscheinungsbild, insbesondere das Vorhandensein eines Dichtschlusses. Von einem solchen sei vorliegend aber unzweifelhaft auszugehen. Da der Pflanzenabstand nach den Feststellungen des Sachverständigen zwischen 0,53 m und 1,20 m betrage, habe der Kläger keinen Anspruch auf Entfernung der Anpflanzung insgesamt. Soweit allerdings der Grenzabstand von der Mittelachse der am nächsten gelegenen Halme in Teilbereichen weniger als 0,5 m betrage, bestehe ein Anspruch auf Entfernung der betreffenden Teile. Verjährung sei nicht eingetreten, da der zu nah gewachsene Bambusteil nicht schon bei Anpflanzung im Jahr 2004 vorhanden gewesen sei, sondern erst durch die artgemäße Ausbreitung entstanden sei. Überdies könne der Kläger gem. § 12 Abs. 2 NRG Rückschnitt auf eine Höhe von 1,80 m verlangen.
Die nördlich und südlich der Bambushecke befindlichen Holzgewächse stellten nach den Feststellungen beim Ortstermin eine Hecke mit dem erforderlichen Dichtschluss dar, weshalb auch insoweit ein Anspruch auf Kürzung auf 1,80 m gem. § 12 Abs. 2 NRG bestehe. (…)
Schließlich bestehe ein Anspruch des Klägers auf Kürzung des Metallgitterzauns auf eine Höhe von 1,50 m von der Oberkante des Grundstücks des Klägers aus gemessen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er sein erstinstanzliches Begehren um Klageabweisung im Wesentlichen weiterverfolgt. (…) Hinsichtlich der Bambusbepflanzung gehe das Landgericht fehlerhaft davon aus, dass diese vom NRG als Gehölzart erfasst werde und eine Hecke i. S. v. § 12 NRG darstelle. Der Bambus stelle aber kein Gehölz dar, sei vielmehr botanisch als Teil der Gräser einzuordnen und werde von den Regelungen des NRG nicht erfasst. Eine „analoge Heckenbejahung“ sei nicht gerechtfertigt, da eine Verwurzelung aufgrund der vorhandenen Wurzelsperre nicht stattfinde und es aufgrund des lichten Charakters des Bambus an einer Verschattung fehle. (…)
Soweit das Landgericht den Zaun entlang der Ostgrenze des Grundstücks des Beklagten als Metallgitterzaun i. S. v. § 11 NRG klassifiziere, verkenne es, dass es sich um einen Drahtzaun aus Metall handle. Insoweit greife die Ausnahme des § 11 Abs. 2 NRG ein und eine Kürzung sei nicht erforderlich.
Der Beklagte beantragt:
1. Das Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 24.10.2013 zu dem Aktenzeichen 4 O 294/12 wird aufgehoben.2. Die Klage wird abgewiesen.(…)
Der Kläger verteidigt das landgerichtliche Urteil, soweit seinem Klagebegehren entsprochen wurde, und beantragt die Zurückweisung der Berufung.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Beklagten ist – soweit über sie nach teilweiser Rücknahme des Rechtsmittels zu entscheiden ist – zulässig. In der Sache hat sie allerdings nur teilweise Erfolg, nämlich insoweit, als eine Verpflichtung zum Rückschnitt der Bambus-Hecke und der Hecke nördlich und südlich des Bambus nur außerhalb des Zeitraums vom 01.03. – 30.09. besteht und soweit der Beklagte in erster Instanz zum Rückschnitt des japanischen Schnurbaums verurteilt wurde. Im Übrigen ist die Berufung des Beklagten unbegründet.
1. Teilweise Entfernung / Rückschnitt der Bambusanpflanzung
a. Der Kläger hat einen Anspruch auf Rückschnitt der Bambushecke auf eine Höhe von 1,80 m gemäß § 12 Abs. 3 NRG.
Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der streitgegenständlichen Bambusanpflanzung um eine Hecke i. S. v. § 12 NRG handelt.
Unter einer Hecke versteht man eine Gruppe gleichartig wachsender Gehölze, die in langer und schmaler Erstreckung in einer Linie aneinander gereiht sind. Wesentlich ist dabei die Geschlossenheit der Pflanzenkörper unter sich, der Verbund zu einer wandartigen Formation. Dabei genügt es, wenn der Dichtschluss erst im Laufe der Zeit aufgrund der artgemäßen Ausdehnung der Pflanzen erreicht wird (Senat, Urteil v. 20.12.2012 – 12 U 26/12; Pelka, Das Nachbarrecht in Baden-Württemberg, 21. Aufl. 2010, Anm. zu § 12 NRG, S. 103; Bruns, NRG Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2012, § 12 NRG, Rn. 13).
Das Landgericht hat auf der Grundlage des durchgeführten Augenscheins festgestellt, dass die Bambusanpflanzung auf einer erheblichen Länge entlang der Grundstücksgrenze über eine Höhenausdehnung von mehreren Metern beginnend knapp über dem Erdboden einen Dichtschluss aufweist. Diese Feststellung hat der Senat seiner Entscheidung gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugrunde zu legen. Im Falle der Einnahme eines Augenscheins durch das Erstgericht sind im Berufungsverfahren grundsätzlich die hierbei getroffenen und im Protokoll oder aber im erstinstanzlichen Urteil enthaltenen Feststellungen zugrunde zu legen. Eine Wiederholung des Augenscheins durch das Berufungsgericht ist nur dann veranlasst, wenn die erstinstanzlichen Feststellungen lückenhaft oder widersprüchlich sind oder wenn schlüssig – etwa durch Vorlage von Lichtbildern – andere tatsächliche Verhältnisse dargelegt werden (Zöller – Gummer/Heßler, 30. Aufl. 2014, § 529 ZPO, Rn. 6). Solches ist vorliegend aber weder dargetan noch sonst ersichtlich. Vielmehr ergibt sich der vom Landgericht festgestellte Dichtschluss auch aus den Lichtbildern im schriftlichen Sachverständigengutachten. Soweit der Beklagte mit der Berufung auf den „lichten Charakter“ des Bambus hinweist, setzt er seine eigene Würdigung der Wahrnehmungen vor Ort an die Stelle der gerichtlichen Beweiswürdigung. Hiermit hat er in der Berufung allerdings keinen Erfolg.
Entgegen der Ansicht des Beklagten steht der Annahme einer Hecke i. S. v. § 12 Abs. 3 NRG auch nicht entgegen, dass Bambus nach den Begrifflichkeiten der Botanik den Gräsern zuzuordnen ist. Der Begriff des „Gehölzes“ im Sinne der genannten Definition einer Hecke ist nicht auf solche Pflanzen beschränkt, die auch biologisch exakt als „Gehölz“ einzuordnen sind. Maßgeblich für den Begriff der Hecke ist vielmehr das äußere Erscheinungsbild – insbesondere die Geschlossenheit – der Anpflanzung und die vor diesem Hintergrund bestehende Einwirkung auf das Nachbargrundstück, insbesondere etwa durch Lichtentzug (vgl. zur Einordnung einer Bambus-Anpflanzung als Hecke: LG Konstanz, Urteil v. 07.09.2000 – 1 S 34/00B, NJOZ 2001, 240; AG Schwetzingen, Urteil v. 19.04.2000 – 51 C 39/00, NJW-RR 2000, 1468; AG Stuttgart, Urteil v. 12.12.1995 – 11 C 322/95, RdL 1998, 131; Bruns, a.a.O., § 12 NRG, Rn. 21; Birk, Nachbarrecht für Baden-Württemberg, 5. Aufl. 2004, § 16 NRG, Fn. 3).
Überdies weisen – hierauf weist der Sachverständige L. ausdrücklich hin – die streitgegenständlichen Bambus-Pflanzen durchaus eine Neigung zum Verholzen auf, wenngleich diese nicht zu einer Festigkeit und Starrheit der einzelnen Triebe führt, vielmehr die für Gräser typische Biegsamkeit erhalten bleibt. Inwiefern die fehlende Starrheit der Bambus-Pflanzen eine hinsichtlich der Einwirkungen auf das Nachbargrundstück abweichende Beurteilung rechtfertigen sollte, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Der Wortlaut des § 12 NRG enthält mit dem Begriff der „Hecke“ keine Begrenzung auf eine bestimmte Art oder Gattung der in Betracht kommenden Pflanzen. Mit dem Wortlautverständnis des § 12 NRG ist die Annahme einer Hecke im Falle einer den erforderlichen Dichtschluss aufweisenden Bambus-Anpflanzung ohne Weiteres in Einklang zu bringen.
Soweit der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten ausführt, dass es sich bei Bambus nicht um ein „Gehölz“ handle, steht dies der vom Landgericht zutreffend vorgenommenen rechtlichen Würdigung nicht entgegen. Zum einen beziehen sich die Ausführungen des Sachverständigen ersichtlich auf die Frage der Einordnung des Bambus unter § 16 NRG vor dem Hintergrund des im Berufungsverfahren nicht mehr gegenständlichen Hauptantrages Ziffer 1 der Klageschrift. Zum anderen beziehen sich die Darlegungen des Sachverständigen auf den Begriff des Gehölzes im botanischen Sinne. Auf Anpflanzungen in diesem Sinne ist der Begriff der Hecke aber – wie ausgeführt – nicht beschränkt.
Soweit der Beklagtenvertreter im Senatstermin darauf hingewiesen hat, dass von den Bambuspflanzen eine relevante Verschattung nicht ausgehe, erschließt sich dies dem Senat in Anbetracht des Dichtschlusses der Bambusanpflanzung nicht. Überdies setzt das Bestehen eines Anspruchs aus § 12 Abs. 3 NRG eine konkrete Beeinträchtigung der Nutzung des Nachbargrundstücks durch Beschattung nicht voraus. Vor diesem Hintergrund ist auch unerheblich, ob das Grundstück des Klägers in dem an die Bambushecke angrenzenden Bereich kiesbefestigt ist oder in sonstiger Weise genutzt wird.
b. Der Anspruch des Klägers auf Rückschnitt ist allerdings gemäß § 12 Abs. 3 NRG dahingehend begrenzt, dass eine Verpflichtung des Beklagten zum Rückschnitt in der Zeit vom 01. März bis 30. September nicht besteht.
c. Soweit der Grenzabstand der Bambus-Hecke weniger als 0,50 m beträgt, ist das Landgericht zutreffend von einem Anspruch auf Entfernung des betreffenden Teils der Anpflanzung ausgegangen. Der Senat tritt insoweit den zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil bei. (…)
2. Kürzung des Metallgitterzauns
Soweit der Beklagte sich mit seiner Berufung gegen die Verurteilung zur Kürzung des Metallgitterzauns wendet, bleibt das Rechtsmittel in der Sache ohne Erfolg. Zutreffend ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Kläger ein entsprechender Anspruch auf Kürzung des Metallgitterzauns auf eine Höhe von 150 cm gem. § 11 Abs. 2 NRG zusteht.
Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Sachverständigen hat der unmittelbar entlang der Ostgrenze des Grundstücks des Beklagten errichtete Zaun – von der Oberfläche des Grundstücks des Klägers aus gemessen (vgl. insoweit zur Messung vom Oberflächenniveau des Grundstück des anspruchsberechtigten Nachbarn aus: Pelka, a.a.O., Anm. zu § 11 NRG, S. 99) – eine Höhe von 2,15 m und überschreitet damit die dort zulässige Höhe einer „toten Einfriedung“ i. S. v. § 11 NRG als dauerhafte, mit dem Boden fest verbundenen Einfriedung nicht pflanzlicher Art (vgl. Bruns, NRG Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2012, § 11 NRG, Rn. 13) von 1,50 m.
Entgegen der Ansicht des Beklagten handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Metallgitterzaun auch nicht um einen – von der Höhenbeschränkung auf 1,50 m ausgenommenen – Drahtzaun i. S. v. § 11 Abs. 2 NRG. Ein Drahtzaun in diesem Sinne ist ein Zaun aus Maschendraht o.Ä., der kaum Schatten wirft (vgl. Bruns, a.a.O., § 11 NRG, Rn. 27).
Bereits der Wortlaut von § 11 Abs. 2 NRG spricht gegen die rechtliche Einordnung des streitgegenständlichen Metallgitterzauns unter die insoweit normierte Ausnahmeregelung. Unter einem Metalldraht ist – dem allgemeinen Sprachgebrauch entsprechend – ein dünn, lang und biegsam geformtes Metall zu verstehen. Der streitgegenständliche Zaun hingegen besteht nach unwidersprochenem Vortrag des Klägers aus Doppelstabmatten, gefertigt aus massiven geschweißten Rundeisenstäben (vgl. zur Differenzierung zwischen Zäunen aus Eisen einerseits und Drahtzäunen i. S. v. § 11 Abs. 2 NRG andererseits: Bruns, a.a.O., § 11 NRG, Rn. 13). Dies ergibt sich überdies aus den vom Sachverständigen hinsichtlich der Verhältnisse an der Ostgrenze des Grundstücks des Beklagten gefertigten Lichtbildern.
Zwar mag der vom streitgegenständlichen Metallgitterzaun ausgehende Schattenwurf vergleichbar gering sein wie derjenige eines Drahtzaunes. Dies rechtfertigt vor dem Hintergrund des Wortlauts von § 11 Abs. 2 NRG jedoch nicht eine ausdehnende Auslegung der Vorschrift dahingehend, dass über Drahtzäune hinaus auch aus massiven Metallstäben bzw. Stabmatten gefertigte Zäune erfasst wären. Soweit § 11 Abs. 2 NRG Drahtzäune vom Erfordernis eines Grenzabstandes bei einer 1,50 m überschreitenden Höhe ausnimmt, handelt es sich um eine Ausnahmeregelung. Als solche ist die Vorschrift, die die Rechtsposition des von dem Zaun betroffenen Grundstücksnachbarn beschränkt, aber eng und dem Wortlaut entsprechend auszulegen. Eine nur geringfügige Schattenwirkung käme beispielsweise auch bei einem aus dünnen Latten mit großem Zwischenabstand bestehenden Holzzaun in Betracht. Auch ein solcher wird jedoch nach dem klaren Wortlaut von § 11 Abs. 2 NRG von der insoweit normierten Ausnahmeregelung hinsichtlich des Abstandserfordernisses bei einer Höhe von mehr als 1,50 m nicht erfasst. (…)