OLG Brandenburg, Berufungsurteil vom 13. Februar 1997, 5U 69/96
Verpachtung einer landwirtschaftlichen Nutzfläche an einen Konkurrenzbewerber
Gericht
OLG Brandenburg
Art der Entscheidung
Berufungsurteil
Datum
13. 02. 1997
Aktenzeichen
5U 69/96
Leitsatz des Gerichts
Die Befristung der Laufzeit von Pachtverträgen über landwirtschaftliche Nutzflächen unter der treuhänderischen Verwaltung der THA/BvS bzw. der von ihr beauftragten BVVG auf die Dauer eines Pachtjahres verstößt regelmäßig nicht gegen § 9 AGBG oder § 242 BGB.
Zur Frage, unter welchen Umständen die Verpachtung an einen Konkurrenzbewerber wegen Verstoßes gegen Art. 3 I GG gem. § 134 BGB unwirksam sein und dem anderen Bewerber gegen die THA/BvS bzw. gegen die BVVG ein Anspruch auf Abschluß eines – langfristigen – Landpachtvertrages zustehen kann.
Tatbestand
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Kl. begehren von der Bekl. (eine Agrargenossenschaft) aus eigenem und aus abgetretenem Recht die Räumung und Herausgabe landwirtschaftlicher Nutzflächen in der Gemarkung Z. mit einer Gesamtgröße von etwa 95 ha.
Die Rechtsvorgängerin der Bekl. war seit Jahrzehnten Nutzerin und Rechtsträgerin mehrerer in Volkseigentum überführter und im Kreis L. belegener landwirtschaftlicher Nutzflächen der Gemarkung Z., Flur 1, 2, 4 und 5, und der Gemarkung J., Flur 1 und 2. Insgesamt bewirtschaftete die Bekl. bis 1992 landwirtschaftliche Nutzflächen mit einer Gesamtgröße von etwa 1013,3 ha; hiervon entfielen auf die volkseigenen Flächen in der Gemarkung Z. 236,27 ha und auf die volkseigenen Flächen in der Gemarkung J. 144,36 ha. Diese – ehemals – volkseigenen landwirtschaftlichen Nutzflächen wurden der Bekl. ab dem Pachtjahr 1990/1991 seitens der Treuhandanstalt (THA) und sodann durch die BVVG – handelnd für die THA bzw. (nach Umbenennung) für die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS) – zunächst aufgrund jährlich befristeter Landpachtverträge zur Nutzung überlassen. Weitere durch die Bekl. bewirtschaftete ehemals volkseigene Flächen in der Gemarkung K. (10,26 ha) wurden ab 1991 von der THA an die Kl. zu 2 verpachtet. Auf entsprechenden Hinweis der THA durch Schreiben vom 22. 6. 1992 beantragte die Bekl. unter Vorlage einer Sanierungs- und Betriebsentwicklungskonzeption vom 22. 10. 1991 mit Datum vom 8. 7. 1992 die langfristige – 12jährige – Verpachtung eines Anteils in Höhe von 341 ha der ehemals volkseigenen landwirtschaftlichen Nutzflächen in J. und Z. Bereits für das Pachtjahr 1992/93 lagen konkurrierende Pachtanträge vor, und zwar seitens der Bekl., des Kl. zu 1 – bei dem es sich um den Erben des früheren Alteigentümers handelt -, der Kl. zu 2 und der GbR W. . Entsprechend einer Empfehlung der Kreisbodenkommission des Kreises L. vom 6. 10. 1992 verpachtete die BVVG der GbR W – als Wiedereinrichter – ab dem Pachtjahr 1992/93 insgesamt 57,45 ha Acker- und Grünland in der Gemarkung Z. (Flur 1 und 2). Über die verbliebenen ehemals volkseigenen landwirtschaftlichen Nutzflächen in den Gemarkungen Z. und J. schloß die BVVG (als Vertreterin der THA) mit der Bekl. einen auf die Dauer des Pachtjahres 1992/1993 befristeten Landpachtvertrag. Auch für das Pachtjahr 1993/94 lagen konkurrierende Pachtanträge vor, insbesondere seitens des Kl. zu 1 und der Bekl. Aufgrund der Beratung vom 20. 4. 1993 empfahl die Kreisbodenkommission des Kreises L. der BVVG insoweit den Abschluß eines langfristigen – 12jährigen – Landpachtvertrages mit der Bekl. Dieser Empfehlung schloß sich die Landesbodenkommission am 21. 9. 1993 an. Die BVVG beabsichtigte jedoch, etwa 100 ha an den Kl. zu 1 zu verpachten und teilte dies dem Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten des Landes Brandenburg (MELF) im September 1993 mit. Der Kl. zu 1 hatte für das Pachtjahr 1992/93 zunächst die Verpachtung von etwa 280 ha beantragt und änderte diesen Antrag 1993 auf etwa die Hälfte dieses Umfangs. Das MELF wandte sich im folgenden gegen eine geplante Verpachtung an den Kl. zu 1, konnte hierüber mit der BVVG jedoch kein Einvernehmen erzielen. Mit Schreiben vom 10. 1. 1994 teilte die BVVG der Bekl. mit, daß etwa 100 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche zum 1. 10. 1994 an den Kläger zu 1 zu übergeben seien und die Bekl. dies in ihrer Bewirtschaftung berücksichtigen solle. In Besprechungen zwischen der BVVG und dem MELF im Zeitraum von März bis Juli 1994 vertrat das MELF wiederholt die Auffassung, daß die gesamten noch verbliebenen ehemals volkseigenen landwirtschaftlichen Nutzflächen in Z. und J. – mit einer Größe von insgesamt etwa 320 ha – langfristig (auf eine Laufzeit von 12 Jahren) an die Bekl. verpachtet werden sollten, um eine drohende Existenzgefährdung der Bekl. zu vermeiden. Am 28. 3. 1994 verpachtete die BVVG der Bekl. auf eine Laufzeit von 12 Jahren von den in den Gemarkungen J. und Z. belegenen, ehemals volkseigenen Nutzflächen einen Anteil mit einer Größe von insgesamt 221,4 ha. Mit gleichem Datum verpachtete die BVVG der Bekl. auch die übrigen, ausschließlich in der Gemarkung Z. belegenen, ehemals volkseigenen Flächen (46 Flurstücke) mit einer Größe von insgesamt 100,6 ha, allerdings nur für eine Laufzeit von 1 Jahr, nämlich für das Pachtjahr 1993/94. Mit Schreiben vom 25. 7. 1994 teilte die BVVG der Bekl. und dem Kl. zu 1 ihre Entscheidung mit, wonach der kurzfristige Pachtvertrag mit der Bekl. über die in Z. belegenen 100,6 ha nochmals bis zum 31. 8. 1995 verlängert werde, der Kl. zu 1 hieraus jedoch mit Wirkung ab dem 1. 9. 1995 einen Anteil von etwa 95 ha verpachtet erhalten solle. Hiergegen erhob die Bekl. Widerspruch und beantragte mit Schreiben vom 1. 3. 1995 bei der BVVG den Abschluß eines langfristigen Pachtvertrages auch über die in Z. belegenen 100,6 ha. Bereits mit Vertrag vom 16. 2. 1995 hatte die BVVG indessen insgesamt 95,0032 ha (40 Flurstücke) der in Z. belegenen 100,6 ha ehemals volkseigenen landwirtschaftlichen Nutzflächen mit Wirkung ab dem 1. 9. 1995 für eine Laufzeit von 12 Jahren an den Kl. zu 1 verpachtet. Diese Flächen sind Gegenstand des Rechtsstreits im Berufungsrechtszug.
Gem. § 5 des Pachtvertrages vom 16. 2. 1995 wurde das vom Kl. zu 1 zuletzt – im September 1994 – vorgelegte Betriebskonzept über eine Fläche von etwa 100 ha zur Grundlage der Verpachtung gemacht und vereinbart, daß der Kl. zu 1 bis zum 30. 9. 1997 seinen Wohnsitz in der Nähe des Pachtgegenstandes nehmen werde. Mit Datum vom 31. 7. 1995 schloß der Kl. zu 1 mit den Kl. zu 2 einen Vertrag über die Bewirtschaftung der von dem Kl. zu 1 angepachteten, streitigen Flächen, und zwar zunächst für eine Laufzeit von 3 Jahren. Dieser Bewirtschaftungsvertrag wurde vom Amt für Landwirtschaft des Landkreises D.-S. auf seine Vereinbarkeit mit den Bestimmungen des Landpachtvertrages vom 16. 2. 1995 (§ 15: Verbot der Unterverpachtung/Nutzungsüberlassung an Dritte) geprüft und ohne Beanstandung am 19. 9. 1995 registriert. Nach dem Abschluß des Pachtvertrages vom 16. 2. 1995 stritten die Bekl. und die BVVG um eine Verpflichtung der BVVG zur langfristigen Verpachtung der streitigen Flächen an die Bekl. Mit Schreiben vom 25. 8. 1995 forderte die BVVG die Bekl. auf, die streitigen Flächen am 1. 9. 1995 zu übergeben. Von diesem Übergabetermin setzte die BVVG den Kl. zu 1 mit Schreiben vom 28. 8. 1995 in Kenntnis. Mit Schreiben vom 28. 8. 1995 teilte die Bekl. der BVVG mit, daß sie die Übergabe verweigere. Am 1. 9. 1995 erklärte der Vertreter der BVVG am Übergabeort gegenüber den Kl., daß die Bekl. die Herausgabe der Flächen verweigere, die Übergabe an den Kl. zu 1 aber dennoch erfolgen werde, mit Ausnahme der von der Bekl. noch nicht abgeernteten Flächen. Hierauf begannen die Kl. zu 2 mit der Bestellung der vom Kl. zu 1 angepachteten Flächen, wurden von der Bekl. jedoch daran gehindert. Mit Anwaltsschreiben vom 4. 9. 1995 untersagte die Bekl. den Kl. zu 2 die weitere Bewirtschaftung der streitigen Flächen unter Hinweis auf Besitzschutzansprüche wegen verbotener Eigenmacht. Mit Schriftwechsel vom 25./27. 9. 1995 trat die BVVG, handelnd für die BvS, den „fälligen Herausgabeanspruch gem. § 985 BGB gegen die Agrargenossenschaft J.-Z. gem. § 364 BGB an Erfüllungs Statt” an den Kl. zu 1 ab, wobei „die Abtretung der Herausgabeansprüche gem. § 985 BGB – zunächst – bis zum 31. 3. 1996 befristet“ ist. Durch – undatierte – Vereinbarung trat die BVVG, handelnd für die BvS, ihre Herausgabeansprüche gegen die Bekl. aus dem Pachtvertrag vom 28. 3. 1994 an den Kl. zu 1 ab.
Mit ihrer am 7. 9. 1995 eingegangenen Klage haben die Kl. zugleich einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung gestellt, der durch – rechtskräftiges – Urteil des AG – LwGer. – Guben vom 13. 9./11. 10. 1995 zurückgewiesen worden ist. Die Kl. haben behauptet, der Vorstandsvorsitzende der Bekl. St habe bei einer Besprechung im Büro der Bekl. im Frühsommer 1995 gegenüber dem Kl. zu 1 erklärt, daß die streitigen Flächen nach Aberntung an den Kl. zu 1 übergeben würden. Die Kl. haben der BVVG und der BvS den Streit verkündet und beantragt, die Bekl. zu verurteilen, die streitigen Flächen in der Gemarkung Z. an den Kl. zu 1 zu Händen der Kl. zu 2 geräumt herauszugeben. Die Bekl. hat geltend gemacht, bei einem Gespräch zwischen ihrem Vorstandsvorsitzenden St und dem Kl. zu 1 im Spätherbst 1990 im Hause des Kl. zu 1 habe die Ehefrau des Kl. zu 1 auf die Frage, ob der Kl. zu 1 an einer Anpachtung der Flächen in Z. interessiert sei, entgegnet, daß solche Interessen nicht bestünden und der Kl. zu 1 nicht als Konkurrent auftreten werde. Hierauf habe der Kl. zu 1 geschwiegen, so daß St den Eindruck gewonnen habe, daß der Kl. zu 1 kein Interesse an der Anpachtung der Flächen in Z. habe. Die Flächen in Z. seien die Basis des Sanierungs- und Betriebsentwicklungskonzepts der Bekl. gewesen, und im Vertrauen auf den Eindruck im Gespräch vom Spätherbst 1990 sei sie, die Bekl., erst gegründet worden. Das LwGer. hat die Bekl. antragsgemäß zur Räumung und Herausgabe der Flächen verurteilt. Auf die Berufung der Bekl. hin hat der Kl. zu 1 Anschlußberufung bzgl. einer weiteren Teilfläche in Z. eingelegt. – Die Anschlußberufung hatte Erfolg, die Berufung der Bekl. wurde zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe
Auszüge aus den Gründen:
Die Berufung der Bekl. ist zulässig. … Auch die – unselbständige – Anschlußberufung des Kl. zu 1 ist zulässig (§§ 521 I , 522 I , 522a ZPO). Die Zulässigkeit der Anschlußberufung setzt keine Beschwer voraus; sie kann insbesondere durch den erstinstanzlich erfolgreichen Kl. allein zum Zwecke der Klageänderung oder -erweiterung eingelegt werden (s. Baumbach/Albers, ZPO, 55. Aufl., 1997, § 521 Rdnr. 10; Zöller/Gummer, ZPO, 20. Aufl., 1997, § 521 Rdnr. 20, 22, 26; Thomas/Putzo, ZPO, 19. Aufl., 1995, § 521 Rdnr. 11). Das Flurst. 208 der Flur 4 der Gemarkung Z. war zunächst übersehen und daher nur versehentlich nicht zum Gegenstand der Klage gemacht worden. Hierauf hat der Senat im Termin vom 23. 1. 1997 gem. §§ 139 , 278 III ZPO hingewiesen; die Parteien haben diesen Hinweis zustimmend zur Kenntnis genommen. Vor diesem Hintergrund bedurfte die hierauf eingelegte Anschlußberufung keiner gesonderten Begründung (§ 522a II ZPO; s. etwa Thomas/Putzo, § 522a ZPO Rdnr. 9 m.w. Nachw.).
Die Berufung der Bekl. ist nicht begründet. Die Anschlußberufung des Kl. zu 1 hat in der Sache Erfolg.
Die Klage ist zulässig. Der Rechtsweg zu den Zivilgerichten nach § 13 GVG ist eröffnet. Fehlt eine spezielle gesetzliche Rechtswegzuweisung, so ist die Natur des Rechtsverhältnisses entscheidend, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Wird das Rechtsverhältnis durch die Überordnung eines staatlichen Hoheitsträgers gegenüber einem Privaten oder durch Rechtsnormen geprägt, die einen Hoheitsträger besonders berechtigen oder verpflichten, so ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet (§ 40 VwGO). Ist das Rechtsverhältnis hingegen durch einen privatrechtlichen Vertrag und eine Gleichordnung der Beteiligten geprägt, so ist der Zivilrechtsweg (§ 13 GVG) eröffnet (s. hierzu und zum vorstehenden grundlegend GmS OGB BGHZ 97, 312 (313f.); NJW 1988, 2295 (2296); Zöller/Gummer, ZPO, 20. Aufl., 1997, § 13 GVG Rdnr. 19; Baumbach/Albers, ZPO, 55. Aufl., 1997, § 13 GVG Rdnr. 7ff.). Im vorliegenden Fall geht es um Ansprüche, die unter Privaten geltend gemacht werden und in den Vorschriften des BGB ihre Grundlage finden (insbes.: §§ 398 , 596 I BGB).
Insofern bei der rechtlichen Beurteilung dieser Ansprüche Einwände der Bekl. aus einem Rechtsverhältnis gegenüber der THA/BvS – als bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts – bzw. gegenüber der BVVG – als eine im April 1992 von der THA und drei öffentlichrechtlichen Kreditinstituten gegründete GmbH, die seit dem 1. 7. 1992 aufgrund eines Treuhand- und Geschäftsbesorgungsvertrages für die THA/BvS tätig wird (s. Peinemann, AgrarR 1995, 225 (227)) – in Rede stehen (§§ 404 , 986 BGB), ändert dies nichts an der Eröffnung des Zivilrechtsweges. Zwar erfüllt die THA/BvS – und die für sie handelnde BVVG – in bezug auf die Privatisierung ehemaligen (land- und forstwirtschaftlich genutzten) Volkseigentums eine öffentlichrechtliche Aufgabe (s. Art. 25 I EinigungsV; §§ 1 VI , 2 I TreuhG; §§ 1 I, 2 Satzung der THA v. 18. 7. 1990; § 4 der 3. DVO/TreuhG; s. auch KG, NJW 1991, 360 und 2299; OVG Berlin, NJW 1991, 715 (716); VG Berlin, NJW 1991, 376 (377); VG Berlin, VIZ 1994, 141; Weimar, TreuhG, 1993, § 2 Rdnr. 6ff., 8; Ebbing, Die Verkaufspraxis der THA 1995, S. 318f.; Peinemann, AgrarR 1995, 225 (226, 227)). Die Privatisierung führt die THA/BvS – und die für sie handelnde BVVG – indessen in den Formen des Privatrechtes (insbesondere: im Wege des Abschlusses privatrechtlicher Verträge) durch. Die Wahl der privatrechtlichen Form ist zulässig und erstreckt sich auch auf das „ob“ der Privatisierung, des Vertragsabschlusses oder der Vergabe von Vermögensgegenständen und Aufträgen. Die THA/BvS handelt bewußt ausschließlich in Form des Privatrechts (vgl. etwa § 8 TreuhG; §§ 2, 3 der Satzung der THA). Bei der Privatisierungstätigkeit handelt es sich nicht um einen Gegenstand der Leistungsverwaltung, sondern allgemein um die Erfüllung öffentlicher Aufgaben in den Rechtsformen des Privatrechts. Im Rahmen dieses sog. Verwaltungsprivatrechts bleibt der Hoheitsträger zwar an die Grundrechte, insbesondere an Art. 3 GG (Gleichbehandlungsgebot; Willkürverbot) und an das Übermaßverbot, gebunden, und zwar auch dann, wenn sich der Hoheitsträger (hier: THA/BvS) einer juristischen Person des Privatrechts (hier: BVVG) bedient (s. dazu allg.: Palandt/Heinrichs, BGB, 56. Aufl., 1997, § 242 Rdnr. 11; BGHZ 52, 325 (328f.); 65, 284 (287); 91, 84 (96f.); 93, 372 (381f.) = NJW 1985, 1892; BGHZ 97, 312 (317)). Die öffentlichrechtlichen Bindungen des Verwaltungsprivatrechts lassen indes die Einordnung des Rechtsverhältnisses als Privatrechtsverhältnis und die Eröffnung des Zivilrechtsweges nach § 13 GVG unberührt; dies gilt insbesondere auch für die Privatisierungstätigkeit der THA/BvS und der von ihr beauftragten BVVG (so auch Palandt/Heinrichs, vor § 305 BGB Rdnr. 41; OVG Berlin, NJW 1991, 715 (716); KG, VIZ 1991, 37 = NJW 1991, 2299; KG, VIZ 1994, 252 (253) und 494 (495); VG Berlin, NJW 1991, 141; Baumbach/Albers, § 13 GVG Rdnr. 65 m.w. Nachw.; Peinemann, AgrarR 1995, 225 (227, 230); Horn, DB 1995, 309 (310); Hormann, VIZ 1996, 1; Ebbing, S. 321ff.; diff. wohl Weimar, TreuhG, 1993, § 1 Rdnr. 46, 74f.; Weimar, ZIP 1993, 1, 7, 12, 14; a.A. noch VG Berlin, NJW 1991, 376 (378); KG, NJW 1991, 360).
Die Zuständigkeit des LwGer. ist gem. § 48 II 1 i.V. mit § 23 II LwVG nicht mehr zu prüfen (s. etwa Barnstedt/Steffen, LwVG, 5. Aufl., 1993, § 48 Rdnr. 46). Insoweit die Klage auf einen Herausgabeanspruch gem. §§ 398 , 596 I BGB gestützt wird, ergibt sich die Zuständigkeit des LwGer. im übrigen aus § 1 Nr. 1a LwVG. Für die Frage, ob die BVVG zur Fortsetzung des Pachtvertrages bzw. zum Abschluß eines langfristigen Pachtvertrages mit der Bekl. verpflichtet ist, dürftet es zwar an der Zuständigkeit des LwGer. fehlen (Peinemann, AgrarR 1995, 225 (230); Barnstedt/Steffen, § 1 LwVG Rdnr. 79 m.w. Nachw.). Hierbei handelt es sich jedoch letztlich um eine Vorfrage des Bestehens bzw. der Durchsetzbarkeit des geltend gemachten Herausgabeanspruches (§§ 398 , 596 I BGB), und es gilt der allgemeine Grundsatz, daß ein für den Klageantrag selbst zuständiges Gericht auch über Vorfragen entscheiden darf, für die, wenn es sich um die Hauptfrage handeln würde, an sich die Zuständigkeit eines anderen Gerichtes (hier: des Zivilprozeßgerichts) gegeben wäre (Barnstedt/Steffen, § 1 LwVG Rdnr. 82 m.w. Nachw.).
Die zulässige Klage ist – unter Einschluß des mit der Anschlußberufung eingeführten, zunächst übersehenen Flurst. 208 der Flur 4 der Gemarkung Z. – begründet. Dem Kl. zu 1 steht gegen die Bekl. ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen landwirtschaftlichen Nutzflächen gem. §§ 398 , 596 I BGB aus abgetretenem Recht der BVVG, handelnd für die BvS, zu.
Der Herausgabeanspruch der THA/BvS, handelnd durch die BVVG, ist dem Kl. zu 1 durch undatierte Vereinbarung – wohl aus 1996 – abgetreten worden (§ 398 BGB). Bedenken gegen die Wirksamkeit der Abtretung sind nicht ersichtlich.
Die im kurzfristigen Pachtvertrag vom 28. 3. 1994 vereinbarte und bis zum 31. 8. 1995 einvernehmlich verlängerte Frist ist abgelaufen. Mit dem Fristablauf ist das Besitzrecht der Bekl. aus dem Pachtvertrag erloschen (§§ 581 I 1, 585 I und II , 586 I 1, 594 S. 1 BGB). Eine Verlängerung gem. § 594 S. 2-4 BGB kommt für den vorliegenden Fall erkennbar nicht in Betracht; die Vertragslaufzeit betrug weniger als 3 Jahre, und ein qualifiziertes Fortsetzungsverlangen gem. § 594 S. 2 und 4 BGB liegt nicht vor.
Die Befristung der Pachtlaufzeit auf 1 Jahr ist wirksam vereinbart worden. Eine Unwirksamkeit der Befristung ergibt sich nicht aus den Bestimmungen des AGBG. Insoweit ist bereits nicht ausreichend dargetan, daß es sich bei der Vereinbarung der Pachtlaufzeit in § 2 des Pachtvertrages überhaupt um eine seitens der BVVG gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) handelt. Gerade der umfangreiche Schriftwechsel und die häufigen Besprechungen zwischen der Bekl. und der BVVG über die Bemessung und das Ausmaß der Verlängerung der Pachtdauer deuten darauf hin, daß insoweit eine Individualabrede vorliegt. Zwar behält eine vorformulierte Klausel ihre Bedeutung als AGB auch dann, wenn sie Leerraum für unselbständige Ergänzungen vorsieht (Palandt/Heinrichs, § 1 AGBG Rdnr. 5; Kötz, in: MünchKomm-BGB, Bd. 1, 3. Aufl., 1993, § 1 AGBG Rdnr. 5). Eine vorformulierte Bedingung wird erst dann zur Individualvereinbarung, wenn der Verwender eine echte Verhandlungsbereitschaft erkennen läßt und der Gegner die tatsächliche Möglichkeit zur Änderung und Einflußnahme erhält (BGH, NJW 1992, 2759 (2760) m.w. Nachw.; Palandt/Heinrichs, § 1 AGBG Rdnr. 5, 17f. m.w. Nachw.; Kötz, in: MünchKomm, § 1 AGBG Rdnr. 17ff.). Andererseits enthält die nachträgliche handschriftliche Änderung einer Klausel – wie hier – ein Indiz für eine Individualabrede nach § 1 II AGBG (BGH, NJW 1992, 2283 (2285)). Unter Berücksichtigung dessen, daß die Pachtdauer der zentrale Punkt der Verhandlungen und Gespräche zwischen der Bekl. und der BVVG war, spricht tatsächlich alles dafür, daß die Vertragsdauer individuell vereinbart worden ist (vgl. auch Peinemann, AgrarR 1996, 47; Hormann, VIZ 1996, 1 (5)). Dies gilt im vorliegenden Falle umso mehr, als noch nachträglich die Verlängerung der Pachtdauer bis zum 31. 8. 1995 vereinbart worden ist. – Selbst aber, wenn man die Vereinbarung einer Pachtdauer von 1 Jahr als AGB ansähe, bestünden keine Bedenken hinsichtlich ihrer Wirksamkeit. Schon im Hinblick auf das Schriftbild und die systematische Einordnung dieser Bestimmung scheidet eine Unwirksamkeit gem. § 3 AGBG (als „überraschende Klausel”) offensichtlich aus. Eine Unwirksamkeit nach dem Katalog der §§ 10 , 11 AGBG ist nicht erkennbar und käme im übrigen auch gem. § 24 S. 1 Nr. 1 AGBG i.V. mit § 17 II GenG nicht in Betracht. Die Klausel wäre schließlich auch nicht gem. § 9 AGBG unwirksam. Insbesondere enthält die Vereinbarung einer Einjahresfrist keine Abweichung von dem Leitbild der gesetzlichen Bestimmungen des Landpachtrechts (§§ 585ff. . BGB; §§ 8 , 9 II AGBG). Aus § 585a und § 594a BGB ergibt sich, daß Landpachtverträge – formlos – auch für Laufzeiten von unter 2 Jahren abgeschlossen werden können. Daß bei Laufzeiten von lediglich 1 Jahr das in § 595 BGB geregelte Verfahren über das Fortsetzungsverlangen gem. § 595 V BGB faktisch ausgeschlossen wird, steht der Zulässigkeit von Einjahresverträgen nicht entgegen. Denn in diesen Fällen bedarf der Pächter regelmäßig keines Vertrauensschutzes, wie er in § 595 BGB zugrunde gelegt wird, weil er von vornherein um die kurze Dauer seiner Pachtzeit weiß und sich hierauf einzurichten hat. Im übrigen wäre das Fortsetzungsverlangen der Bekl. hier ohnehin gem. § 595 III Nr. 4 BGB ausgeschlossen, da der Abschluß von Landpachtverträgen über ehemals volkseigene landwirtschaftliche Nutzflächen – wie ausgeführt – in einem direkten inneren Zusammenhang mit der öffentlichen Privatisierungsaufgabe der THA/BvS steht (Art. 25 I EinigungsV; §§ 1 VI , 2 I TreuhG; §§ 1 I, 2 der Satzung der THA; § 4 der 3. DVO/TreuhG). Im Vorfeld der schwierigen Vergabeentscheidungen im Zusammenhang mit der Privatisierung ehemals volkseigener land- und forstwirtschaftlicher Nutzflächen gem. § 1 VI TreuhG, §§ 3 , 4 der 3. DVO/TreuhG und den Bestimmungen des Übertragungsgesetzes vom 22. 7. 1990 war es gerechtfertigt, wenn die BVVG zunächst davon Abstand nahm, langfristige Verpachtungen einzugehen und sich auf diese Weise den erforderlichen Entscheidungsspielraum für eine langfristige Verpachtung und eine abschließende Privatisierung offenzuhalten. Ansonsten wäre der BVVG nur die Alternative verblieben, eine Verpachtung der Flächen überhaupt zu unterlassen – eine Alternative freilich, die den Interessen der LPG-Nachfolgebetriebe weit weniger entsprochen hätte als der Abschluß kurzfristiger Pachtverträge.
Auf eine Nichtigkeit des kurzfristigen Pachtvertrags vom 28. 3. 1994 bzw. der Verlängerungsvereinbarung bis zum 31. 8. 1995 wegen (widerrechtlicher) „Drohung“ (§ 123 I BGB) hat sich die Bekl. nicht ausdrücklich berufen. Abgesehen davon, daß eine zur Anfechtung berechtigende widerrechtliche „Drohung“ nicht dargelegt und auch sonst nicht erkennbar ist, ergäbe sich hieraus im übrigen (nur) die Nichtigkeit des Pachtvertrages (§ 142 I BGB), mit der Folge, daß der Bekl. aus dem Pachtvertrag von vornherein (also: auch schon im Zeitraum vor dem 31. 8. 1995) kein Besitzrecht zustehen würde. Einwendungen aus dem Verhältnis zwischen der Bekl. und dem Kl. zu 1 greifen nicht durch. Insofern stützt sich die Bekl. auf eine stillschweigende bzw. konkludente Zusage des Kl. zu 1 bei einer Besprechung im Spätherbst 1990, wonach dieser kein Interesse an der Anpachtung der streitigen Flächen habe. Aus dem bloßen Schweigen des Kl. zu 1 auf die entsprechende Erklärung seiner Ehefrau kann die Bekl. jedoch noch keine rechtsverbindliche Vereinbarung zwischen den Bet. herleiten (§§ 133 , 157 BGB). Auch der Einwand einer unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB) kann hierauf nicht mit Erfolg gestützt werden. Der Bekl. war seit 1993 bekannt, daß die BVVG die Absicht trug, etwa 100 ha der in Z. belegenen ehemals volkseigenen landwirtschaftlichen Nutzflächen an den Kl. zu 1 zu verpachten. Es verblieb der Bekl. daher ausreichend Zeit, sich auf die damit verbundene Änderung der Bewirtschaftungslage einzustellen.
Die Bekl. kann auch aus ihrem Verhältnis zur BVVG, handelnd für die THA/BvS, keine Einwände herleiten und dem Kl. zu 1 entgegenhalten (§ 404 BGB). Für eine Fortgeltung des Besitzrechts aus dem Pachtvertrag bis zu einer förmlichen Bescheidung des Fortsetzungs-/Verlängerungsantrags der Bekl. (zuletzt: vom 1. 3. 1995) ist kein Rechtsgrund ersichtlich. Der BVVG obliegt keine Pflicht zur förmlichen Bescheidung solcher Anträge. Es handelt sich insofern nur um eine Aufforderung an die BVVG, ihrerseits ein Angebot abzugeben (invitatio ad offerendum), nicht aber etwa um einen Antrag auf Einleitung eines Verwaltungsverfahrens (Peinemann, AgrarR 1995, 225 (228)). Wie ausgeführt, handeln die THA/BvS und die von ihr beauftragte BVVG – mit den Einschränkungen des Verwaltungsprivatrechts – ausschließlich in Formen des Privatrechts.
Ein Anspruch auf langfristige Verpachtung der streitigen Flächen, mit der Folge, daß die BVVG gem. § 242 BGB (“dolo agit, qui petit, quod statim redditurus sit“) gehindert wäre, den Herausgabeanspruch nach § 596 I BGB zu erheben, steht der Bekl. nicht zu.
Ein solcher Anspruch wäre für die Bekl. nur dann gegeben, wenn die Verpachtung an den Kl. zu 1 willkürlich und wegen Verstoßes gegen Art. 3 I GG gem. § 134 BGB unwirksam wäre. Hierfür sind jedoch seitens der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Bekl. keine genügenden Anhaltspunkte dargetan worden.
Liegen konkurrierende Pachtanträge vor, so ist die für die THA/BvS handelnde BVVG nach den Bindungen des Verwaltungsprivatrechts gehalten, die Grundrechte zu wahren, insbesondere den Gleichheitsgrundsatz (Art. 3 I GG) und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Bei der Beurteilung der Konkurrenzanträge und der hieraus zu treffenden Auswahl steht der BVVG in diesem Rahmen ein notwendiger Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zu. Die mit der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe verbundenen und von wirtschafts-, finanz-, struktur- und regionalpolitischen Erwägungen geprägten Privatisierungsentscheidungen der THA/BvS und der für sie handelnden BVVG erfordern diesen Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum gleichsam aus der Natur der Sache heraus. Eine weitreichende Justitiabilität der Privatisierungsentscheidungen liefe Gefahr, daß letztlich die gerichtliche Entscheidung über die Zweckmäßigkeit einer Maßnahme an die Stelle der Entscheidung durch die hierzu nach dem Einigungsvertrag berufene Anstalt gesetzt und die Grenzen der Gewaltenteilung (Art. 20 , 28 I 1 GG) überschritten würden. Die mit den Gerichtsverfahren einhergehenden erheblichen Verzögerungen würden der Privatisierungstätigkeit ihre notwendige Flexibilität nehmen und wären mit dem öffentlichen Auftrag einer alsbaldigen, zweckmäßigen Privatisierung des ehemals volkseigenen Vermögens nicht mehr vereinbar. – Nur dann, wenn die Auswahl eines Konkurrenten willkürlich erfolgt, also offensichtlich von sachfremden Erwägungen bestimmt ist, kann eine Privatisierungsentscheidung und der hierauf beruhende privatrechtliche Vertrag wegen Verstoßes gegen Art. 3 I GG gem. § 134 BGB als nichtig angesehen werden (s. dazu allg.: BGHZ 52, 325 (327, 330); 65, 284 (287f.); ferner Ebbing, aaO., S. 332ff.; Peinemann, AgrarR 1995, 225 (231)). – Wenn die Auswahl eines Konkurrenzbewerbers gem. Art. 3 I GG i.V. mit § 134 BGB nichtig ist und außer diesem nur noch ein tauglicher Bewerber verbleibt, kann sich für diesen Bewerber ausnahmsweise ein Anspruch auf Vertragsabschluß ergeben. Im übrigen gilt der Grundsatz, daß für die THA/BvS bzw. für die BVVG keine Verpflichtung zum Abschluß eines bestimmten Vertrages mit einem bestimmten Bewerber besteht (s. auch Peinemann, AgrarR 1995, 225(231); Ebbing, aaO., S. 319ff. (328)). – Entsprechendes gilt auch unter Berücksichtigung der Regelungen in den §§ 98 , 26 II GWB: Ein marktbeherrschendes öffentliches Unternehmen ist nur im Falle der unbilligen Diskriminierung – also letztlich bei Willkür, d.h. bei einem Verstoß gegen Art. 3 I GG – zu Schadensersatz, Beseitigung und Unterlassung, ggf. auch zur Neubescheidung oder zum Vertragsabschluß verpflichtet (vgl. zu diesen Rechtsfolgen etwa Immenga/Mestmäcker, GWB, 2. Aufl., 1992, § 26 Rdnr. 298-300 m.w. Nachw.).
Schon die Verteilung der ehemals volkseigenen landwirtschaftlichen Nutzflächen in den Gemarkungen J. und Z. zeigt, daß die Bekl. nicht etwa diskriminiert oder willkürlich benachteiligt worden ist: Die Bekl. hat hiervon nämlich einen Anteil von etwa 60 % – also mehr als die Hälfte – langfristig verpachtet erhalten. Sie hat einen weiteren Anteil – die hier streitgegenständlichen Flächen – von etwa 25 % bis zum 31. 8. 1995 überlassen erhalten; dieser Anteil ist seit dem 1. 9. 1995 an den Kl. zu 1 verpachtet worden. Der restliche Anteil von etwa 15 % ist schließlich an Dritte verpachtet worden. Hieraus nun ergibt sich viel eher ein Bild der abgewogenen, auf Ausgleich der widerstreitenden Interessen bedachten Entscheidung, denn ein Bild der Diskriminierung und der Willkür. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Gesichtspunkte, die nach den Richtlinien der THA/BvS für die Auswahl- und Vergabeentscheidung von Bedeutung sind. Nach den Richtlinien der THA/BvS über die Verwertung und Verpachtung ehemals volkseigener landwirtschaftlicher Nutzflächen vom 26. 6. 1992 i.d.F. vom 22. 6. 1993 ist zunächst das Kriterium des Betriebskonzepts entscheidend (s. Peinemann, AgrarR 1995, 225(229)). Weiterhin von Bedeutung sind die Gesichtspunkte der beruflichen Qualifizierung, der Ortsansässigkeit, der Selbstbewirtschaftung, des Interessenausgleichs, des Ausschlusses von Existenzgefährdungen und des grundsätzlichen Vorrangs von Wiedereinrichtern gegenüber den LPG-Nachfolgeunternehmen. Nach diesen Kriterien sind für den vorliegenden Fall keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine willkürliche, gegen Art. 3 I GG verstoßende Entscheidung erkennbar.
Daß das dem Pachtvertrag vom 16. 2. 1995 zugrunde gelegte Betriebskonzept des Kl. zu 1 dem Betriebskonzept der Bekl. deutlich unterlegen gewesen wäre, hat die Bekl. nicht dargetan. Zu Recht haben die Kl. auch darauf hingewiesen, daß Betriebskonzepte für 100 ha und für 1000 ha Nutzfläche nicht ohne weiteres miteinander vergleichbar sind. – Der Kl. zu 1 ist – nach dem eigenen Vorbringen der Bekl. im Berufungsrechtszug – seit Juli 1995 ortsansässig, und die Begründung eines ständigen Wohnsitzes i.S. von § 7 I BGB ist ihm im Pachtvertrag vom 16. 2. 1995 (dort: § 5 II) zudem ausdrücklich zur Auflage gemacht worden. Daß der Kl. zu 1 als Landwirt qualifiziert ist, hat die Bekl. zuletzt nicht mehr bestritten und ist durch die Aussage des Zeugen M vor dem LwGer. auch bestätigt worden. Die vorübergehende Bewirtschaftung der Flächen durch einen Dritten (hier: durch die Kl. zu 2) ist nach den Richtlinien der THA/BvS durchaus vorgesehen; es handelt sich hierbei – wie vom Amt für Landwirtschaft des Landkreises D. S. festgestellt – auch nicht etwa um eine nach § 15 des Pachtvertrages vom 16. 2. 1995 verbotene Unterverpachtung oder Nutzungsüberlassung an einen Dritten. – Zu Recht weisen die Kl. darauf hin, daß die LPG-Nachfolgebetriebe aufgrund ihrer jahrzehntelangen Ortsansässigkeit, persönlicher Verbindungen und genauer Kenntnis der örtlichen Verhältnisse im allgemeinen faktisch gegenüber anderen Konkurrenzbewerbern im Vorteil sind. Wenn es sich die THA/BvS zum Ziel gesetzt hat, Wiedereinrichter sowie im Wege der Bodenreform enteignete Alteigentümer und deren Erben vorrangig zu berücksichtigen, so hält sich diese Grundsatzentscheidung – deren Zweckmäßigkeit von den Gerichten nicht zu prüfen ist – innerhalb der durch die Bindungen des Verwaltungsprivatrechts, insbesondere durch Art. 3 I GG, gezogenen Grenzen. Ausgehend von dieser politischen Grundsatzentscheidung ist es dann zweckmäßig, wenn den Erben von Alteigentümern ein ausreichender Zeitraum für die Erarbeitung und Vorlage eines auf die örtlichen Verhältnisse abgestimmten Betriebskonzepts und für Herstellung ihrer Ortsansässigkeit eingeräumt wird und wenn diese für eine Übergangszeit die Möglichkeit erhalten, die Bewirtschaftung der gepachteten Flächen unter Einschaltung von Dritten zu bewerkstelligen.
Allenfalls dann, wenn sich für die Bekl. durch den Abgang der streitigen Flächen erkennbar eine konkrete Existenzgefährdung ergäbe und diese auch durch die Zupachtung anderer Flächen nicht behoben werden könnte, könnte sich eine Lage ergeben, in welcher die BVVG nach den Bindungen des Verwaltungsprivatrechts zumindest zu einer befristeten Fortsetzung des Landpachtvertrages mit dem LPG-Nachfolgebetrieb verpflichtet sein könnte.
Insoweit hat die Bekl. jedoch keine genügenden Anhaltspunkte vorgetragen. Das von der Bekl. vorgelegte Privatgutachten des Sachverständigen Sch vom 4. 10. 1993 hat – wie von dem Sachverständigen auch in seiner Zeugenvernehmung vor dem LwGer. bestätigt – eine Reduzierung der von der Bekl. bewirtschafteten landwirtschaftlichen Nutzflächen von etwa 950 ha auf 800 ha – um etwa 16 % – zugrunde gelegt. Für diesen Fall ermittelt der Sachverständige zunächst Ertragseinbußen und den erforderlichen Abbau von 2-3 Arbeitsplätzen; er ermittelt ferner die Gefahr, daß die Ratenzahlungen für die Abfindungsansprüche der ehemaligen LPG-Mitglieder möglicherweise nicht mehr in vollem Umfange bedient und die zur Eigenkapital- und Rücklagenbildung nötigen Mittel nicht mehr erwirtschaftet werden könnten, mit der Folge, daß sich die Bekl. veranlaßt sehen könnte, zum Zwecke der Umstrukturierung ihre Liquidation zu beschließen.
Im vorliegenden Falle geht es jedoch nicht um einen Abgang von 150 ha, sondern nur um einen Abgang von 95 ha. Es ist weiterhin zu berücksichtigen, daß die BVVG der Bekl. die Zupachtung anderer volkseigener Flächen in Aussicht gestellt hat, und daß die Bekl. bereits seit 1993 von der beabsichtigten Verpachtung der streitigen Flächen an den Kl. zu 1 unterrichtet war. Gleichwohl hat sie keine Angaben dazu vorgetragen, ob, in welcher Weise und mit welchem Erfolg sie sich innerhalb der verbliebenen nahezu 2 Jahre um die Zupachtung anderer Flächen bemüht oder Anstalten unternommen hat, ihr Bewirtschaftungskonzept rechtzeitig umzustellen.
Unter Berücksichtigung aller dieser Umstände war es für die BVVG nicht ersichtlich, daß mit dem Abgang von etwa 1/10 der von der Bekl. bewirtschafteten Flächen für diese eine konkrete Existenzgefährdung verbunden sein könnte. Die bis zum 31. 8. 1995 befristete Weiterverpachtung dieser Flächen an die Bekl. und die sich daran anschließende langfristige Verpachtung an den Kl. zu 1 hielt sich mithin in dem Rahmen, welcher der BVVG durch die Bindungen des Verwaltungsprivatrechts auferlegt ist, und war offensichtlich von dem Bemühen geprägt, einen Ausgleich der widerstreitenden Interessen herzustellen. Dann jedoch kann die Verpachtung an den Kl. zu 1 nicht wegen Verstoßes gegen Art. 3 I GG gem. § 134 BGB als nichtig angesehen werden, so daß der Bekl. gegen die BVVG auch kein Anspruch auf Verpachtung der streitigen Flächen an sie zusteht.