OLG Dresden, Berufungsurteil vom 21. Februar 2003, 21 U 1948/02
Anspruch gegen Zwischenpächter auf Räumung und Herausgabe von Kleingartengrundstücken
Gericht
OLG Dresden
Art der Entscheidung
Berufungsurteil
Datum
21. 02. 2003
Aktenzeichen
21 U 1948/02
Leitsatz des Gerichts
Die Eintragung der ehemaligen Organisationen des Verbands der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter (VKSK) auf Kreis- und Ortsebene (§§ 1, 2 der Verordnung über das Kleingarten- und Siedlungswesen und die Kleintierzucht v. 3. 12. 1959 – DDR-GBl 1960 I, 1) als rechtsfähige Vereine nach § 22 I des Vereinigungsgesetzes der DDR vom 21. 2. 1990 (DDR-GBl I, 75) hat zu einem identitätswahrenden Formwechsel geführt. Die von den ehemaligen Verbänden mit den Räten der Kreise und Gemeinden abgeschlossenen Verträge über die Nutzung von Bodenflächen zur Erholung bestanden mit den Vereinen fort. Die Beschlussfassungen auf Verbandsebene, insbesondere die auf dem Hauptverbandstag des VKSK vom 27. 10. 1990, haben an dieser gesetzlichen Rechtsfolge nichts geändert.
Mit dem In-Kraft-Treten des Schuldrechtsanpassungsgesetzes zum 1. 1. 1995 ist der Grundstückseigentümer nach § 8 II SchuldRAnpG in die zwischen den örtlichen Räten und den ehemaligen Kreis- oder Ortsverbänden des VKSK abgeschlossenen (Zwischenpacht-)Verträge eingetreten.
Die vom allgemeinen Miet- und Pachtrecht abweichende Bestimmung in § 30 II SchuldRBerG dient ausschließlich dem Schutz der unmittelbar Nutzungsberechtigten. Der gesetzlich angeordnete Eintritt des Grundstückseigentümers in den Vertrag mit den unmittelbar Nutzungsberechtigten nach § 30 II SchuldRAnpG tritt daher nicht ein, wenn die unmittelbar Nutzungsberechtigten die Nutzung der Bauwerke und der ihnen überlassenen Grundstücke seit langem aufgegeben haben und es sich bei den Bauwerken um halbfertige Ruinen handelt. Der Grundstückseigentümer kann in solch einem Fall bei Beendigung des Zwischenpachtvertrags nach § 556 I BGB a.F. die Herausgabe und Räumung vom Zwischenpächter verlangen.
Tatbestand
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Kl. verlangt vom Bekl. unter Beseitigung von Aufbauten die Beräumung und Herausgabe eines Grundstücks in einer Größe von 2,07 ha. Die Kl. ist die Tochter und alleinige Erbin des Erblassers JF (fortan: Erblasser), der Eigentümer des Grundstücks war. Nachdem der Erblasser seine Zustimmung zum Abschluss eines Nutzungsvertrags verweigert hatte, erklärte der Rat des Kreises B. am 3. 11. 1987 den zwischen ihm und dem Erblasser geschlossenen Vertrag über die landwirtschaftliche Nutzung der streitgegenständlichen Bodenfläche gemäß den Bestimmungen der DDR-Grundstücksverkehrsverordnung (GVVO) für rechtswirksam. Anschließend übergab der Rat der Gemeinde mit einer Vereinbarung ohne Datum, genehmigt am 18. 3. 1988 durch den Rat des Kreises B., Abteilung Land- und Nahrungsgüterwirtschaft, das Grundstück dem Verband der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter Kreisvorstand B. (VKSK B.) zur Errichtung von Kleingartenanlagen. Der VKSK B. überließ seinerseits das Grundstück an Mitglieder der Kleingartensparte A., die anschließend damit begannen, ohne Bauzustimmung des Rates der Gemeinde Gartenlauben bzw. Wochenendhäuschen – z.T. mit voller Unterkellerung – zu errichten. Die Mitglieder sind zwischenzeitlich unbekannt verzogen oder an einer Nutzung der auf dem streitbefangenen Grundstück befindlichen Baulichkeiten nicht mehr interessiert. Mit Schreiben vom 3. 7. 1990 sprach der Rat der Gemeinde einen Baustopp aus. Mit Schreiben vom 18. 9. 1990 verfügte das Landratsamt einen Baustopp für alle auf dem streitgegenständlichen Grundstück begonnenen Vorhaben sowie ein Verbot der Nutzung für die fertig gestellten Vorhaben. Im Jahre 1990 hat sich der Bekl. als Rechtsnachfolger der Fachrichtung „Kleingärtner der Kreisorganisation B. des VKSK“ im Vereinsregister nach dem Gesetz über Vereinigungen – Vereinigungsgesetz – vom 21. 2. 1990 (DDR-GBl I, 75), geändert durch das Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Vereinigungen – Vereinigungsgesetz – vom 22. 6. 1990 (DDR-GBl I, 470 und 546), registrieren lassen. Im Bereich des Landkreises B. war er der einzige Verein, der in diesem Jahr auf Kreisebene gegründet wurde. Aus der Kleingartensparte A. ist der Verein Wochenendsiedlersparte A.e.V. hervorgegangen. Mit Beschluss des außerordentlichen Verbandstags vom 27. 10. 1990 beschloss der Verband der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter (fortan: VKSK) seine eigene Auflösung, nachdem sich aus den einzelnen Fachrichtungen dieses Verbands eigenständige Fachverbände bzw. Landesverbände ausgegliedert und eigene Rechtsfähigkeit erworben hatten. Mit Protokoll vom 27. 1. 1998, unterzeichnet vom Vorsitzenden des Bekl. sowie vom Vorsitzenden des Vereins Wochenendsiedlersparte A.e.V., wurde u.a. ausgeführt, dass bei der Auflösung des Vereins zum 31. 12. 1997 das streitgegenständliche Grundstück entschädigungslos an den Bekl. zurückgegeben werde, sämtliche auf dem Gelände befindlichen Gegenstände dem Bekl. übergeben sowie alle weiteren Grundstücksverhandlungen vom Bekl. übernommen würden und dieser in die Rechte und Pflichten der bisher gültigen Verträge des Vereins eintrete. Wegen arglistiger Täuschung focht der Bekl. das Übergabeprotokoll vom 27. 1. 1998 mit Schreiben vom 19. 11. 1998 an und führte hierbei aus, dass ein Beschluss der Mitgliederversammlung zur Auflösung nicht vorgelegen habe und nicht sämtliche Mitglieder ihre Zustimmung zur Auflösung des Vereins erteilt hätten. Mit anwaltlichem Schreiben vom 11. 5. 2000 bot der Erblasser dem Bekl. den Neuabschluss eines Nutzungsvertrags für die streitbefangene Grundstücksfläche an, wobei er vom bisherigen Bestehen einer vertraglichen Beziehung ausging. Nach wiederholter Nachfrage des Erblassers im Schreiben vom 24. 1. 2001 erklärte der Bekl. mit anwaltlichem Schreiben vom 19. 2. 2001, dass die früheren Bemühungen um den Abschluss eines Pachtvertrags gescheitert seien und hierzu auch keine Bereitschaft mehr bestünde. Ein Pachtverhältnis habe zwischen den Parteien niemals bestanden. Die Kl. hat die Auffassung vertreten, der Bekl. sei passivlegitimiert. Als Zwischenpächter sei dieser zur Herausgabe des Grundstücks sowie zur Beräumung und Beseitigung der Aufbauten verpflichtet.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kl. führte zur antragsgemäßen Verurteilung des Bekl.
Entscheidungsgründe
Auszüge aus den Gründen:
I. Der Kl. steht gegen den Bekl. ein Anspruch auf Herausgabe und Räumung des streitbefangenen Grundstücks gem. § 556 I BGB a.F. i.V. mit § 581 II BGB a.F.zu.
Diese Rechtsgrundlage ist im vorliegenden Fall anwendbar (1). Die in § 556 I BGB a.F. genannten Voraussetzungen für eine Rückgabepflicht des Bekl. liegen vor, denn das zwischen der aktivlegitimierten Kl. (2) und dem passivlegitimierten Bekl. (3) bestehende Nutzungsverhältnis wurde durch einverständliche Vertragsaufhebung wirksam beendet (4). Schließlich umfasst die Rückgabepflicht des Bekl. aus § 556 I BGB a.F. neben der Verschaffung der tatsächlichen Gewalt auch die Räumung (5a), wobei durchgreifende Einwendungen des Bekl. nicht bestehen (5b).
1. § 556 I BGB a.F. ist im vorliegenden Fall anwendbar. Art. 232 § 2 I EGBGB ordnet an, dass bestehende Mietverhältnisse sich vom 3. 10. 1990 an nach den Vorschriften des BGB richten. Gleichlautendes regelt Art. 232 § 3 I EGBGB für Pachtverträge. Dies bedeutet, dass das neue Recht für die nach dem Wirksamwerden des Beitritts entstandenen Rechte und Pflichten heranzuziehen ist. Dagegen sind vor dem Beitritt abgeschlossene Sachverhalte grundsätzlich nach dem damals in der DDR geltenden Recht zu beurteilen (vgl. BGH, VIZ 1999, 353 = NZM 1999, 478). Danach wäre hier die Verpflichtung zur Beseitigung der Baulichkeiten, die auf der Grundlage eines in der DDR begründeten Schuldverhältnisses vor dem Beitritt errichtet wurden, eigentlich nach den §§ 112, 113 DDR-ZGB zu beurteilen. Dies gilt jedoch nur für gewöhnliche Miet- und Nutzungsverträge. Für Verträge zur Nutzung von Bodenflächen zur Erholung i.S. der §§ 312ff. DDR-ZGB hingegen erklärt § 6 I SchuldRAnpG die Bestimmungen des BGB über den Miet- oder den Pachtvertrag für anwendbar. Der sachliche Anwendungsbereich des Schuldrechtsanpassungsgesetzes ist vorliegend eröffnet.
a) Das Schuldrechtsanpassungsgesetz regelt gem. § 1 I Nr. 1 SchuldRAnpG Rechtsverhältnisse an Grundstücken im Beitrittsgebiet, die auf Grund eines Vertrags zum Zwecke der kleingärtnerischen Nutzung, Erholung oder Freizeitgestaltung überlassen worden sind. Die am 18. 3. 1988 genehmigte Vereinbarung zwischen dem Rat der Gemeinde und dem VKSK B. bestimmte zwar unter der Nr. 1, dass die Fläche zur Errichtung von Kleingartenanlagen übergeben werde. Für die Abgrenzung zwischen einer kleingärtnerischen Nutzung in einer Anlage nach § 20a BKleingG und einer Nutzung zu anderen Erholungszwecken kommt es jedoch nicht auf die vertragliche Beschreibung, sondern auf die am 3. 10. 1990 tatsächlich ausgeübte Nutzung an (vgl. BGH, VIZ 2000, 159 [161] = NZM 2000, 250). Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die auf dem Grundstück des Erblassers errichteten Bauwerke nicht die Erzeugung von Obst, Gemüse und anderen Früchten durch Selbstarbeit der Pächter fördern, sondern der Erholung und anderer Freizeitgestaltung der Nutzer dienen sollten.
b) Wurde das Grundstück einem anderen als dem unmittelbar Nutzungsberechtigten (Zwischenpächter) zum Zwecke der vertraglichen Überlassung an Dritte übergeben, sind die Bestimmungen dieses Gesetzes gem. § 1 II SchuldRAnpG auch auf diesen Vertrag anzuwenden. Vorliegend erfüllt die am 18. 3. 1988 genehmigte Vereinbarung diese Voraussetzung, weil der Rat der Gemeinde das streitbefangene Grundstück dem VKSK B. als Zwischenpächter zur Errichtung von Kleingartenanlagen übergeben hat.
2. Die Kl. ist auf Grund gesetzlichen Vertragseintritts gem. § 8 II SchuldRAnpG aktivlegitimiert.
a) Gemäß § 8 I 1 SchuldRAnpG tritt der Grundstückseigentümer in die sich ab dem 1. 1. 1995 ergebenden Rechte und Pflichten aus einem Vertragsverhältnis über den Gebrauch oder die Nutzung eines Grundstücks ein, das staatliche Stellen i.S. des § 10 I SachenRBerG bis zum Ablauf des 2. 10. 1990 im eigenen oder in seinem Namen mit dem Nutzer abgeschlossen haben. Ist der Vertrag mit einem Zwischenpächter i.S. des § 1 II SchuldRAnpG abgeschlossen worden, tritt gem. § 8 II SchuldRAnpG der Grundstückseigentümer in dieses Vertragsverhältnis ein.
b) Vorliegend erfüllt die am 18. 3. 1988 genehmigte Vereinbarung zwischen dem Rat der Gemeinde und dem VKSK B., wonach Letztgenanntem das streitbefangene Grundstück zur Errichtung von Kleingartenanlagen übergeben wurde, diese Voraussetzungen, da es sich bei dem Rat der Gemeinde um eine staatliche Stelle i.S. des § 8 I 1 SchuldRAnpG i.V. mit § 10 I SachenRBerG handelt (aa) und die Vereinbarung ihrerseits wirksam ist (bb).
aa) § 10 I 1 SachenRBerG nennt als Regelbeispiele für staatliche Stellen insbesondere Verwaltungsstellen, Vorstände Landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften oder sonstige Organe. Verwaltungsstelle sind neben Kreisen, Bezirken sowie staatlichen Verwaltern insbesondere die Räte der Gemeinden, so dass es sich bei dem Rat der Gemeinde um eine staatliche Stelle i.S. des § 10 I SachenRBerG handelt (vgl. Vossius, SachenRBerG, 1. Aufl. [1995], § 10 Rdnr. 11).
bb) Gegen die Wirksamkeit der am 18. 3. 1988 genehmigten Vereinbarung zwischen dem Rat der Gemeinde und dem VKSK B. bestehen keine Bedenken. Die in Nrn. 1 und 4 getroffenen Vereinbarungen können sich auf § 4 Verordnung über das Kleingarten- und Siedlungswesen und die Kleintierzucht vom 3. 12. 1959 (DDR-GBl 1960 I, 1) stützen, wonach der VKSK allein berechtigt war, Grundstücke zum Zwecke der Weiterverpachtung an Kleingärtner zu pachten.
3. Der Bekl. ist passivlegitimiert. Zwar scheidet eine gewillkürte Rechtsnachfolge des Bekl. auf Grund der Vereinbarung mit dem Verein Wochenendsiedler A.e.V. vom 27. 1. 1998 aus (a). Die Passivlegitimation ergibt sich jedoch daraus, dass der Bekl. auf Grund Registrierung nach dem Vereinigungsgesetz der DDR zwar die rechtliche Form gewechselt hat, im Übrigen aber mit dem früheren Kreisverband B. im VKSK identisch ist (b).
a) Eine gewillkürte Rechtsnachfolge des Bekl. ergibt sich nicht aus der vertraglichen Vereinbarung mit dem Verein Wochenendsiedler A.e.V. gemäß dem Protokoll vom 27. 1. 1998. Hierbei kann offen bleiben, ob diese vertragliche Vereinbarung nach der mit Schreiben vom 19. 11. 1998 erklärten Anfechtung des Bekl. wegen arglistiger Täuschung überhaupt noch Bestand hat. Jedenfalls verlangt eine derartige Vertragsübernahme entweder die Zustimmung sämtlicher Beteiligter oder einen dreiseitigen Vertragsabschluss (vgl. BGHZ 96, 302 = NJW 1986, 918 = WM 1986, 163). Beides liegt hier unstreitig nicht vor. Darüber hinaus stellt die zwischen dem Bekl. und dem Verein Wochenendsiedlersparte A.e.V. entsprechend dem Protokoll vom 27. 1. 1998 getroffene Übernahmevereinbarung – ihre Gültigkeit unterstellt – allenfalls eine Freistellungsverpflichtung des Bekl. gegenüber dem Verein dar, aus der die Kl. selbst gegenüber dem Bekl. keinerlei Rechte herleiten kann.
b) Die Passivlegitimation des Bekl. ergibt sich jedoch entgegen der Auffassung des AusgangsGer. daraus, dass der Bekl. auf Grund Registrierung gem. § 22 I 1 des Vereinigungsgesetzes der DDR vom 21. 2. 1990 (DDR-GBl I, 75), geändert durch das Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Vereinigungen – Vereinigungsgesetz – vom 22. 6. 1990 (DDR-GBl I, 470 und 546), zwar die rechtliche Form gewechselt hat, im Übrigen aber mit dem früheren Kreisverband B. im VKSK identisch ist.
aa) Nach § 4 Verordnung über das Kleingarten- und Siedlungswesen und die Kleintierzucht vom 3. 12. 1959 (DDR-GBl 1960 I, 1) war allein dem VKSK das Zwischenpachtprivileg, also die Befugnis, Grundstücke zum Zwecke der Weiterverpachtung an Kleingärtner anzupachten, zuerkannt worden. In Ausübung dieses Privilegs schlossen in der Rechtswirklichkeit der DDR die Kreisverbände dieses Verbands – hier der VKSK B. – die Zwischenpachtverträge (vgl. OLG Naumburg, ZOV 2001, 398, und ergänzend Kärsten, NJ 1994, 104). Der Kreisverband war nach § 2 I Verordnung über das Kleingarten- und Siedlungswesen und die Kleintierzucht vom 3. 12. 1959 eine juristische Person und hatte sich gem. § 2 II 1 dieser Verordnung nur bei dem Rat des Kreises – Abteilung Land- und Forstwirtschaft – registrieren zu lassen. Die Rechtslage änderte sich im Zusammenhang mit den politischen Umwälzungen in der DDR. Die Kreisverbände konnten sich gem. § 22 I des Gesetzes über Vereinigungen – Vereinigungsgesetz – vom 21. 2. 1990 (DDR-GBl I, 75), geändert durch das Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Vereinigungen – Vereinigungsgesetz – vom 22. 6. 1990 (DDR-GBl I, 470 und 546), innerhalb von sechs Monaten bei dem für ihren Sitz zuständigen KreisG registrieren lassen. Mit der Registrierung erlangten sie als Vereinigung Rechtsfähigkeit, die gem. Art. 231 § 2 I EGBGB über den 2. 10. 1990 hinaus erhalten geblieben ist. Die Registrierung hat an der Identität der rechtsfähigen Vereinigungen nichts geändert. Die von VKSK-Organisationen abgeschlossenen Nutzungsverträge wirken nunmehr identitätswahrend für und gegen den Verein, der aus ihnen jeweils hervorgegangen ist (vgl. OLG Jena, Beschl. v. 27. 11. 1999 – 6 W 716/99, zit. nach Juris, sowie Rövekamp, Schuldrechtsanpassung, RWS-Skript 274, S. 64).
bb) Die Registrierung des Kreisverbands als rechtsfähiger Verein hat zu einer „Rechtsnachfolge“ durch identitätswahrenden Formwechsel geführt. Mit der am 18. 3. 1988 genehmigten Vereinbarung übergab der Rat der Gemeinde das streitbefangene Grundstück dem Kreisvorstand des VKSK B. zur Errichtung von Kleingartenanlagen. Im Vereinsregister hat sich der Bekl. als Rechtsnachfolger der Fachrichtung „Kleingärtner der Kreisorganisation B. des VKSK“ registrieren lassen. Darüber hinaus ist unstreitig, dass sich der Bekl. im Jahre 1990 im Bereich des Landkreises B. als einziger Verein ins Vereinsregister hat eintragen lassen. Für die Passivlegitimation spielt es keine Rolle, dass der VKSK B. nach Abschluss der am 18. 3. 1988 genehmigten Vereinbarung seinerseits die streitbefangene Grundstücksfläche an Mitglieder der Kleingartensparte A. überließ, deren Mitglieder anschließend baurechtswidrige Gartenlauben und Wochenendhäuschen zu errichten begannen. Entscheidend bleibt der identitätswahrende Eintritt des Bekl. in den am 18. 3. 1988 genehmigten Nutzungsvertrag.
cc) Die nachfolgenden Beschlüsse im Verband des VKSK, hier auf dem Hauptverbandstag vom 27. 10. 1990, konnten an der Identität der Kreisverbände nach § 2 I Verordnung über das Kleingarten- und Siedlungswesen und die Kleintierzucht vom 3. 12. 1959 mit den aus der Registrierung auf Kreisebene entstandenen Vereinen nichts ändern. Die gesetzlichen Rechtsfolgen aus der Identität in Bezug auf die vertraglichen Nutzungsverhältnisse waren einer verbandsautonomen Beschlussfassung entzogen.
Es mag daher sein, dass der VKSK ausschließlich dem Verband der Garten- und Siedlerfreunde als Rechtsnachfolger der Fachrichtung für das Kleingarten- und Siedlungswesen sowie für die Wochenendsiedler und Mietergärtner das Recht der Weiterführung aller zwischen dem VKSK und Eigentümern bzw. Rechtsträgern sowie Nutzern von Grundstücken auf der Grundlage der Verordnung über das Kleingarten- und Siedlungswesen und Kleintierzucht vom 3. 12. 1959 geschlossenen Kleingartennutzungsverhältnisse übertragen hat. Jedenfalls war der Verbandstag nicht befugt, über die zwischen den Vereinen auf Kreisebene und den staatlichen Stellen geschlossenen Verträge Verfügungen zu treffen, dass nur einige Nutzungsverträge auf bestimmte regionale Verbände übergehen sollten.
Im Übrigen ergibt sich aus der Anlage 7 zu diesem Protokoll, dass der Verbandstag über das Vermögen der Sparten bzw. Vereine gerade keine Regelung treffen wollte (vgl. OLG Jena, Beschl. v. 24. 11. 1999 – 6 W 716/99, zit. nach Juris).
4. Den am 18. 3. 1988 genehmigten Nutzungsvertrag haben die Parteien wirksam beendet.
Hierbei kann offen bleiben, ob die mit Schriftsatz vom 24. 1. 2001 erklärte Kündigung wirksam ist. Gegen die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung sprechen insbesondere die in § 23 SchuldRAnpG genannten Bedingungen und Übergangsfristen. Jedenfalls ist das Scheitern der Vertragsverhandlungen über den Abschluss eines neuen Pachtvertrags über den 31. 12. 2000 hinaus im Jahre 2001 gem. §§ 133 , 157 BGB als einverständliche Vertragsaufhebung zu würdigen. Beide Parteien haben hierdurch zum Ausdruck gebracht, dass sie einen Nutzungsvertrag für die Zukunft nicht wollen, da eine Fertigstellung der Bauwerke und ihre Nutzung zu Erholungszwecken auf Grund eines Vertrags nicht mehr zu erwarten ist.
5. § 556 I BGB a.F. deckt auch die von der Kl. begehrte Rechtsfolge, nämlich die Herausgabe und Räumung des streitbefangenen Grundstücks (a), wobei keine durchgreifenden Einwendungen des Bekl. bestehen (b).
a) Vom Wortlaut her verlangt § 556 I BGB a.F. lediglich die Rückgabe des streitbefangenen Grundstücks nach der Beendigung des Vertragsverhältnisses. Anerkannt ist jedoch, dass § 556 I BGB a.F. auch die Verpflichtung umfasst, während der Vertragsdauer auf dem Grundstück errichtete Bauten zu beseitigen (BGH, VIZ 1995, 595 = DtZ 1995, 370, und NJW-RR 1994, 847). Bis zum Beitritt war zwar ein derartiges Begehren nach § 112 II DDR-ZGB zu beurteilen, wonach ein Anspruch des Vermieters auf Beseitigung baulicher Veränderungen nur in Betracht kam, wenn diese ohne seine Zustimmung vorgenommen wurden. Allerdings gilt diese Rechtsgrundlage nur für Miet- und Nutzungsverträge nach §§ 94ff. DDR-ZGB. Verträge – so wie hier – zur Nutzung von Bodenflächen zur Erholung gem. §§ 312f. DDR-ZGB unterstellt § 6 I SchuldRAnpG in vollem Umfang dem Miet- und Pachtrecht des BGB, soweit nicht im Schuldrechtsanpassungsgesetz etwas Abweichendes bestimmt worden ist. Nach § 15 I 1 SchuldRAnpG werden die Nutzer – unter den dort genannten, hier nicht vorliegenden (s.u. bcc) Voraussetzungen – von der Verpflichtung zur Beseitigung der errichteten Bauwerke befreit. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass bei der Beendigung des Vertragsverhältnisses im Übrigen neben der Pflicht zur Herausgabe auch die Pflicht des Nutzers zur Räumung aus dem seit dem 1. 1. 1995 grundsätzlich anwendbaren § 556 I BGB a.F. besteht (vgl. BGH, VIZ 1999, 164).
b) Dem Herausgabe- und Räumungsanspruch stehen keine durchgreifenden Einwendungen entgegen.
aa) Der Anspruch ist nicht durch Erfüllung gem. § 362 I BGB erloschen. Hierbei kann dahinstehen, ob die Möglichkeit zur tatsächlichen Inbesitznahme und das Verhandeln über den Abschluss eines neuen Nutzungsvertrags einer Rückgabe gleichsteht. Jedenfalls gehört zur Rückgabe außer der Verschaffung der tatsächlichen Gewalt auch die Räumung (vgl. BGHZ 104, 285 = NJW 1988, 2665 = ZIP 1988, 917). Diese hat der Bekl. jedoch bislang nicht durchgeführt.
bb) Auch auf den Einwand, er könne die auf dem streitbefangenen Grundstück befindlichen Baulichkeiten wegen fehlenden Eigentums nicht beseitigen, kann sich der Bekl. nicht mit Erfolg berufen. Der Bekl. ist nicht mit der Beendigung des Vertrags mit der Kl. von der vertraglichen Verpflichtung aus § 556 I BGB a.F. zur Beseitigung der halbfertigen Bauwerke nach § 275 II BGB a.F. frei geworden. Die Kl. ist nicht in ein Vertragsverhältnis mit den unmittelbar Nutzungsberechtigten eingetreten. Es besteht auch kein Sondereigentum Dritter an den Bauwerken mehr.
Richtig ist allerdings, dass § 30 II SchuldRAnpG zum Schutze der unmittelbar Nutzungsberechtigten auch im Falle einer vom Zwischenpächter zu vertretenden vorzeitigen Vertragsbeendigung den Eintritt des Grundstückseigentümers in das Vertragsverhältnis zwischen dem Zwischenpächter und dem unmittelbar Nutzungsberechtigten anordnet. Damit wird regelmäßig die Rechtsfolge des § 556 III BGB a.F. (jetzt § 546 II BGB) ausgeschlossen, nach der der Grundstückseigentümer mit der Beendigung des Pachtvertrags die Herausgabe und Räumung auch vom Unterpächter verlangen kann, mit dem er sich in keinem Vertragsverhältnis befindet (vgl. dazu BGH, NJW 2001, 1355 = NZM 2001, 286). Das Schuldrechtsanpassungsgesetz ändert diese Rechtsfolge im Interesse des Schutzes des unmittelbar Nutzungsberechtigten ab. Dieser soll seine bauliche Investition grundsätzlich jedenfalls bis zum Ende der in § 23 SchuldRAnpG bestimmten Kündigungsschutzfristen nutzen können.
Diese Norm dient indessen ausschließlich dem Schutz des unmittelbar Nutzungsberechtigten (vgl. Rövekamp, Schuldrechtsanpassung, 1995, S. 144; Zimmermann, R III B 412, § 30 SchuldRAnpG Rdnrn. 13, 14). Sie bezweckt nicht die Befreiung des Zwischenpächters von der gesetzlichen Verpflichtung aus § 556 I BGB a.F., das Grundstück mit dem Ende des Nutzungsverhältnisses geräumt herauszugeben. Die Vorschrift greift daher nach ihrem Zweck dann nicht zu Gunsten des Zwischenpächters ein, wenn auch der unmittelbar Nutzungsberechtigte die Nutzung des Bauwerks seit langem aufgegeben hat und es sich – wie hier – um halbfertige Bauruinen handelt. In diesem Falle bedarf es keines Schutzes des unmittelbar Nutzungsberechtigten, so dass die allgemeinen Folgen der vorzeitigen Vertragsbeendigung eintreten.
Danach bleibt hier der bekl. Zwischenpächter aus § 556 I BGB a.F. gegenüber der klagenden Grundstückseigentümerin zur Räumung verpflichtet. Das selbstständige Eigentum an den Bauwerken ist mit der Beendigung des Zwischenpachtvertrags nach § 11 I 1 SchuldRAnpG erloschen; die Bauwerke sind Bestandteil des Grundstücks geworden und damit in das Eigentum der Kl. übergegangen. Die Kl. kann danach von der Bekl. die Beseitigung der Bauwerke verlangen, an denen auch kein Eigentum Dritter mehr besteht.
cc) Schließlich vermag der Bekl. auch mit dem Einwand des § 15 I 1 SchuldRAnpG nicht durchzudringen. Diese Vorschrift befreit den Nutzer nur dann von seiner Verpflichtung, errichtete Bauwerke zu entfernen, wenn diese „entsprechend den Rechtsvorschriften der DDR errichtet“ worden waren. Das setzt voraus, dass das Bauwerk dem Bauordnungsrecht der DDR entsprach und nach dem Inhalt des Vertrags, auf Grund dessen das Grundstück dem Nutzer überlassen wurde, errichtet werden durfte (vgl. Entw. eines Gesetzes zur Änderung schuldrechtl. Bestimmungen, BT-Dr 12/7135, S. 46; Zimmermann, in: Prütting/Zimmermann/Heller, GrundstücksR Ost, § 12 SchuldRAnpG Rdnr. 9; BGH, VIZ 1999, 164 [165]). Hier wurden jedoch die sich auf dem streitbefangenen Grundstück befindenden Baulichkeiten gerade nicht entsprechend den Rechtsvorschriften der DDR errichtet. Eine Bauzustimmung hat der Rat der Gemeinde unstreitig nicht erteilt. Dies belegen auch die mit Schreiben des Rates der Gemeinde vom 3. 7. 1990 und mit Schreiben des Landratsamts vom 18. 9. 1990 ausgesprochenen Baustopps.
II. 1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Bei der Berechnung der Sicherheitsleistung bleiben die Räumungskosten außer Betracht, da diese bei einer Herausgabeklage ohne Relevanz sind (vgl. BGH, NJW-RR 1995, 781). Die Höhe der Sicherheitsleistung richtet sich bei fehlender Pachtzahlung vielmehr nach dem objektiven Wert der Pacht (vgl. BGH, NJW-RR 1997, 648). Dieser wurde vorliegend auf 10000 Euro geschätzt.