OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 15. März 2000, 7 U 53/99
Kfz-Schaden beim Durchfahren einer großen Wasserlache
Gericht
OLG Frankfurt a.M.
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
15. 03. 2000
Aktenzeichen
7 U 53/99
Leitsatz des Gerichts
Fährt der Versicherungsnehmer mit seinem kaskoversicherten Pkw in eine überflutete Straßenunterführung hinein und legt im aufgestauten Wasser eine Strecke von 26 m zurück, beruht der hierdurch verursachte Motorschaden (Wasserschlag) auf grober Fahrlässigkeit.
Tatbestand
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Der Kl. hat die Bekl. aus einer Fahrzeugvollversicherung wegen der Schäden an seinem Pkw in Anspruch genommen, die dadurch entstanden, dass der Kl. eine auf der Fahrbahn entstandene Wasserfläche durchfahren wollte, wobei er nach 26 m zum Stehen kam.
Die Klage hatte in beiden Instanzen keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Auszüge aus den Gründen:
Ein Anspruch des Kl. auf Ersatz der behaupteten Schäden an seinem Pkw auf Grund des Schadensereignisses vom 26. 1. 1995 folgt zunächst nicht aus §§ 1 , 49 VVG i.V. mit § 12 Abs. 1 I lit. c AKB. Ein solcher Anspruch scheitert daran, dass das Schadensereignis nach der eigenen Darstellung des Kl. nicht als unmittelbare Einwirkung einer Überschwemmung gewertet werden kann. Unmittelbar war eine Einwirkung von Naturgewalten auf den Pkw nur dann, wenn nicht ein weiteres Ereignis bzw. eine weitere Ursache den Eintritt des Schadens vermittelt hat (vgl. BGH, NJW 1984, 369 = VersR 1984, 28; VersR 1964, 712; OLG Frankfurt a.M., VersR 1966, 437; OLG Hamm, NJW-RR 1989, 26; LG Göttingen, VersR 1970, 1040; Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl., § 12 AKB Rdnr. 28). Da das Fahrverhalten des Kl. mitursächlich für den schließlich eingetretenen behaupteten Versicherungsfall geworden ist, weil der Kl. in den Überschwemmungsbereich hineingefahren ist, ist von einer fehlenden Unmittelbarkeit des Schadenseintritts auszugehen.
Ein Anspruch des Kl. aus §§ 1 , 49 VVG i.V. mit § 12 Abs. 1 II lit. e AKB scheitert daran, dass die Bekl. wegen einer dem Kl. anzulastenden grob fahrlässigen Herbeiführung des Schadensereignisses gem. § 61 VVG leistungsfrei geworden ist. Der Senat sieht allerdings ein Unfallereignis als gegeben an, da ein unmittelbar von außen her plötzlich mit mechanischer Gewalt einwirkendes Ereignis zu dem von dem Kl. behaupteten, bisher nicht geklärten Wasserschlag geführt hat. Da das Wasser unmittelbar von außen auf das Fahrzeug des Kl. eingewirkt hatte und die Einwirkung auch plötzlich, im Sinne von unausweichlich verstanden, (vgl. BGH, NJW 1985, 1398; OLG Hamm, NJW-RR 1987, 279), Schäden verursacht haben soll, lag ein Unfallereignis vor. Die Gewalteinwirkung erfolgte nach den Regeln der Mechanik, wenn die Wasserbewegung den von dem Kl. behaupteten Wasserschaden zur Folge hatte, da nicht etwa chemische Einwirkungen die von dem Kl. behaupteten nachteiligen Einwirkungen auf sein Fahrzeug herbeigeführt hatten. Nach der Darstellung des Kl. soll Wasser auf Grund des Aufpralls in den Verbrennungsraum des Zylinders eingedrungen sein und hierbei Beschädigungen der Zylinderwandung mit der Gefahr der Abreißung der Pleuelstange zur Folge gehabt haben (vgl. auch AG Neustadt, NVersZ 1987, 301).
Der Klärung einer solchen, das Fahrzeug des Kl. schädigenden Einwirkung durch eindringendes Wasser bedarf es jedoch nicht, weil auf Grund der einleuchtenden Ausführungen des Sachverständigen C davon auszugehen ist, dass der Kl. grob fahrlässig das Schadensereignis durch einen Bedienungsfehler, was für den Leistungsausschluss ausreicht (vgl. OLG Hamm, NJW-RR 1995, 988 = VersR 1995, 1345; OLG Stuttgart, VersR 1995, 1044), herbeigeführt hat. Der Senat folgt der Ansicht des LG, dass der Unfallhergang dafür spricht, dass der Kl. bei dem Hereinfahren in das aufgestaute Wasser objektiv von dem erforderlichen Sorgfaltsmaßstab in ungewöhnlichem Maße abgewichen ist, subjektiv eine schlechthin anzunehmende Unentschuldbarkeit zu Grunde zu legen ist. Der Senat kann es offen lassen, in welcher Entfernung der Kl. ab dem Einbiegevorgang in die K 103 Wasser auf der Fahrbahn der K 103 erkennen konnte. Eine grobe Fahrlässigkeit des Kl. lag jedenfalls darin, dass er nach den einleuchtenden Feststellungen des Sachverständigen nach Erreichen des aufgestauten Wassers weiterhin das Gaspedal getreten halten muss, bis zu dem Moment, in dem das Fahrzeug trotz Gasgebens stehen geblieben ist. Der Sachverständige hat einleuchtend bekundet, dass der Kl. mit dem Fahrzeug in dem Wasser eine Strecke von ca. 26 m zurückgelegt hatte, für die es keine ausreichende Erklärung bietet, dass der Kl. nach seiner Behauptung versehentlich vom Bremspedal auf das Gaspedal abgerutscht war. Vielmehr spricht die im Wasser zurückgelegte Strecke dafür, dass der Kl. auch weiterhin das Gaspedal betätigt haben muss und den Pkw zu beschleunigen versucht hat, um durch das aufgestaute Wasser zu gelangen. Damit erweist sich die Darstellung des Kl. als unrichtig, er sei zunächst bewusst in das Wasser hinein gefahren, habe dann aber, weil ihm Bedenken gekommen seien, ob er durch das Wasser gelangen könne, sofort bremsen wollen, oder ob er sofort versucht habe zu bremsen, als er plötzlich nach dem Abbiegen in die K 103 die Wasserlache gesehen habe, hierbei versehentlich vom Brems- auf das Gaspedal gerutscht sei. Da nach alledem fest steht, dass der Kl. bewusst in das Wasser gefahren ist, dort versucht hat, durch Gasgeben durch das Wasser fahren zu können, hat er in objektiv und subjektiv unentschuldbarer Weise die ihn treffenden Sorgfaltspflichten verletzt, so dass die Bekl.gem. § 61 VVG leistungsfrei geworden ist.
Gegen die Annahme der Richtigkeit der Feststellungen des gerichtlich bestellten Gutachters C sprechen nicht die von dem Privatgutachter W angestellten Überlegungen, die sich der Kl. zu Eigen gemacht hat.