OLG Hamm, Beschluss über Beschwerde vom 22. August 2005, 1 Ss OWi 272/05
Zulässige Höchstgeschwindigkeit – Unvermeidbarer Verbotsirrtum
Gericht
OLG Hamm
Art der Entscheidung
Beschluss über Beschwerde
Datum
22. 08. 2005
Aktenzeichen
1 Ss OWi 272/05
Tenor
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.
Der Betroffene wird freigesprochen.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Staatskasse.
Entscheidungsgründe
Gründe:
I.
Das Amtsgericht Siegen hat den Betroffenen mit Urteil vom 25. Januar 2005 wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen (§ 24 StVG, § 18 Abs. 5 S. 2 Nr. 1, § 49 Abs. 1 Nr. 18 StVO) zu einer Geldbuße in Höhe von 110,- € verurteilt. Nach den zugrunde liegenden Feststellungen befand sich der Betroffene am 23. Oktober 2003 auf einer gewerblichen Fahrt zwecks Güterbeförderung und befuhr dabei gegen 16.20 Uhr die Bundesautobahn A ## in Höhe des Kilometers 103 in Fahrtrichtung G mit einem Kraftfahrzeug der Marke Daimler-Chrysler, Typ “Sprinter”, wobei er nach Auswertung des im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle sichergestellten Schaublattes unter Berücksichtigung eines Toleranzabzugs von 6 km/h eine vorwerfbare Geschwindigkeit von 120 km/h erzielte. Zur Fahrzeugeigenschaft hat das Amtsgericht folgende Feststellungen getroffen:
“Bei dem von dem Betroffenen gefahrenen Fahrzeug handelt es sich laut Fahrzeugschein um ein als Pkw einzuordnendes Kraftfahrzeug mit einem zulässigen Gesamtgewicht von 4,6 t. Das Fahrzeug ist mit einer separaten Ladefläche ausgestattet, die durch eine dauerhaft installierte Wand von der mit einer Sitzbank versehenen Fahrgastzelle abgetrennt ist. Der Laderaum ist durch eine Blechtrennwand mit Fenster von der Fahrgastzelle getrennt. Die Wand ist mit Nieten an der Fahrzeugkarosserie befestigt. Im Laderaum befinden sich rechts und links hinter der BSäule Seitenfenster. In der Fahrgastzelle sind neben dem Fahrersitz zwei Sitzmöglichkeiten vorhanden. Des weiteren ist der Laderaum seitlich mit Holz beplankt. Der Fahrzeugboden ist mit Holzplatten ausgelegt, die an der Bodengruppe festgenietet sind. Im Laderaum sind zahlreiche Zurrmöglichkeiten vorhanden. Des weiteren verfügt das Fahrzeug an der Hinterachse über Zwillingsreifen. … Die Ladefläche des Kraftfahrzeugs war mit Aktivkohle beladen.”
Das Amtsgericht hat das von dem Betroffenen geführte Fahrzeug straßenverkehrsordnungsrechtlich unter Rückgriff auf die in § 4 Abs. 4 Nr. 1 und 3 Personenbeförderungsgesetz – PBefG – und § 23 Abs. 6 a StVZO (a.F.) verwendeten Begriffsbestimmungen als Lastkraftwagen eingestuft, da es nach konkreter Bauart und Einrichtung zur Beförderung fremden Transportgutes bestimmt und geeignet sei. Diese Auslegung des in der StVO, speziell in § 18 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 StVO verwendeten Begriffs des Lastkraftwagens in Abgrenzung zu dem nach Bauart und Einrichtung zur Personenbeförderung bestimmten Personenwagen entspreche dem Normzweck der für Lastkraftwagen geltenden Geschwindigkeitsbeschränkungen, da von diesen größeren und schwereren Fahrzeugen aufgrund ihrer Masseträgheit höhere Unfallgefahren ausgingen. Für die Bestimmung der Art des Kraftfahrzeugs sei der zulassungsrechtliche Status d.h. die Bezeichnung der Kraftfahrzeugart in den Kraftfahrzeugpapieren unmaßgeblich. Die irrige Auffassung des Betroffenen, der aufgrund der Bezeichnung des Fahrzeugs im Kraftfahrzeugschein als “PKW” davon ausgegangen sei und darauf vertraut habe, dass die auf Autobahnen für Lastkraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t geltende Geschwindigkeitsbeschränkung von 80 km/h gemäß § 18 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 StVO für das von ihm gesteuerte Fahrzeug nicht gelte, hat das Amtsgericht als Verbotsirrtum angesehen und sich auch insoweit auf gleichlautende Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts (Beschluss vom 23. Juli 2003, veröffentlicht in NJW 2004, 396), des Oberlandesgerichts Karlsruhe (Beschluss vom 25. August 2004, veröffentlicht in DAR 2004, 715) und des Oberlandesgerichts Jena (Beschluss vom 12. Oktober 2004, veröffentlicht in NJW 2004, 3579) bezogen. Das Amtsgericht hat diesen Verbotsirrtum – ohne nähere Begründung – als vermeidbar eingestuft und dem Verbotsirrtum durch Absehen von dem nach der Bußgeldkatalog-Verordnung verwirklichten einmonatigem (Regel-) Fahrverbot Rechnung getragen. Gleichzeitig hat es die dort vorgesehene Regelbuße von 100,- € aufgrund einer Vorbelastung des Betroffenen, gegen den mit Entscheidung vom 2. Juli 2003, rechtskräftig seit dem 19. Juli 2003, wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit innerhalb geschlossener Ortschaften um 19 km/h eine Geldbuße in Höhe von 75,- € festgesetzt worden war, um 10,- € auf 110,- € erhöht.
Gegen dieses in seiner Anwesenheit verkündete Urteil hat der Betroffene mit Anwaltsschriftsatz vom 26. Januar 2005, am selben Tage bei dem Amtsgericht Siegen eingegangen, Rechtsbeschwerde eingelegt und deren Zulassung beantragt. Mit weiterem Schriftsatz seines Verteidigers vom 10. März 2005, der innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils an den Betroffenen bei dem Amtsgericht Siegen eingegangen ist, hat der Betroffene die Rechtsbeschwerde mit der Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts begründet und beantragt, ihn unter Aufhebung des angefochtenen Urteils freizusprechen. Der Betroffene vertritt die Auffassung, dass der zulassungsrechtliche Status des Kraftfahrzeugs, wie er sich aus der EG-Typgenehmigung und den Eintragungen im Fahrzeugschein ergebe, aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsstaatlichkeit sowie im Hinblick auf die Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland zur Beachtung der Betriebserlaubnis-Richtlinie 70/156/EWG auch maßgeblich für die verkehrsordnungsrechtliche Einstufung als PKW bzw. LKW i.S.d. StVO sei.
II.
Mit Beschluss vom 16. August 2005 hat der Einzelrichter des Senats auf den zulässigen Antrag des Betroffenen die Rechtsbeschwerde gemäß § 79 Abs. 1 S. 2, 8 § 80 Abs. 1 Nr. 1 OWiG zur Fortbildung des (materiellen) Rechts und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zugelassen und die Sache gleichzeitig gemäß § 80 a Abs. 3 OWiG dem mit drei Richtern besetzten Senat für Bußgeldsachen übertragen. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, die Rechtsbeschwerde – nach deren Zulassung – als unbegründet zu verwerfen.
III.
Die zulässige Rechtsbeschwerde hat mit der Sachrüge Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie zur Freisprechung des Betroffenen im Wege einer eigenen Sachentscheidung des Senats nach § 79 Abs. 6 OWiG, denn nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen handelte der Betroffene nicht vorwerfbar, da er hinsichtlich der bei zutreffender rechtlicher Würdigung vorsätzlich begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit gemäß § 24 StVG, § 18 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 StVO, § 49 Abs. 1 Nr. 18 StVO einem unvermeidbaren Verbotsirrtum i.S.d. § 11 Abs. 2 OWiG unterlag.
1.
Nach dem vom Amtsgericht festgestellten Sachverhalt hat der Betroffene gegen das Verbot, mit Kraftfahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t, die nicht Personenkraftwagen sind, auf Autobahnen schneller als 80 km/h zu fahren (§ 18 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 StVO) verstoßen und damit in objektiver Hinsicht den Tatbestand einer Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24 StVG i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 18 StVO verwirklicht. Durch die mittels Inaugenscheinnahme erfolgte Auswertung des Schaublattes aus dem mitgeführten EG-Kontrollgerät, welches ein geeignetes Beweismittel zur Feststellung von Geschwindigkeitsüberschreitungen darstellt, hat das Amtsgericht nach Abzug des zum Ausgleich von etwaigen Mess- bzw. Aufzeichnungsfehlern üblichen Toleranzwertes von 6 km/h (zu vgl. Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl., § 57 a StVZO Rdnr. 6 m.w.N.) eine vorwerfbare Geschwindigkeit von 120 km/h ermittelt. Da für den vom Betroffenen geführten Mercedes Sprinter die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen nach § 18 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 StVO 80 km/h betrug, liegt eine Geschwindigkeitsüberschreitung um 40 km/h vor, von der auch das Amtsgericht ausgegangen ist. Das Amtsgericht hat zutreffend angenommen, dass es sich bei dem von dem Betroffenen gesteuerten Fahrzeug nicht um einen Personenkraftwagen i.S.d. § 18 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 StVO handelt. Die StVO unterscheidet innerhalb der Gruppe der Kraftfahrzeuge (vgl. § 1 Abs. 2 StVG) verschiedene Fahrzeugarten, nämlich Personenkraftwagen, Lastkraftwagen, Wohnmobile, Kraftomnibusse, Krafträder und selbstfahrende Arbeitsmaschinen, wie sich insbesondere aus § 3 Abs. 3 und § 18 Abs. 5 StVO ergibt. Eine Definition dieser Fahrzeugarten findet sich in der StVO nicht, insbesondere enthält diese keine gesetzliche Definition der dort verwendeten Begriffe “Personenkraftwagen” und “Lastkraftwagen”. Die Bestimmung der maßgeblichen Kriterien für die Zuordnung eines Kraftfahrzeugs zu den Personenkraftwagen oder Lastkraftwagen im Sinne der Verhaltensvorschriften der StVO ist deshalb am Leitgedanken der StVO, also unter Berücksichtigung ihres Regelungszwecks, auszurichten (so bereits OLG Karlsruhe, DAR 2004, 715 und OLG Jena, NJW 2004, 3579). Leitgedanke der StVO ist der Schutz der Verkehrssicherheit d.h. die Verhinderung von Verkehrsunfällen (vgl. VkBl. 1970, 797). Diesem Regelungszweck entsprechend ist für die Einordnung eines Kraftfahrzeugs als LKW oder PKW auf dessen konkrete Bauart, Ausstattung und Einrichtung abzustellen, weil diese Eigenschaften des Fahrzeugs für dessen Verwendung, insbesondere die Beladung, von maßgeblicher Bedeutung sind und damit das Fahrverhalten des Fahrzeugs und dessen Beherrschbarkeit entscheidend prägen (vgl. OLG Karlsruhe und OLG Jena jeweils a.a.O.; im Ergebnis auch BayObLG, NJW 2004, 306; Müller, Anmerkung zum Beschluss des OLG Karlsruhe vom 25.08.2004 in ZVS 2005, 45; Hentschel, NJW 2005, 42 ff.). Es erscheint daher sachgerecht und folgerichtig, für die Unterscheidung von Personenkraftwagen und Lastkraftwagen auf die gesetzliche Legaldefinition in § 4 Abs. 4 PBefG zurückzugreifen, die an die Bauart, Ausstattung und Einrichtung des Fahrzeugs anknüpft (vgl. auch OLG Karlsruhe und OLG Jena jeweils a.a.O.; BayObLG, NZV 1997, 449; OLG Hamm VRS 56, 127), weil diese Merkmale die Zweckbestimmung des Fahrzeugs entscheidend prägen. Nach § 4 Abs. 4 Nr. 1 PBefG sind Personenkraftwagen solche Kraftfahrzeuge, die nach ihrer Bauart und Ausstattung zur Beförderung von nicht mehr als neun Personen (einschließlich Führer) geeignet und bestimmt sind. Als Lastkraftwagen werden demgegenüber in § 4 Abs. 4 Nr. 3 PBefG Kraftfahrzeuge bezeichnet, die nach ihrer Bauart und Einrichtung zur Beförderung von Gütern bestimmt sind. Das zulässige Gesamtgewicht eines Fahrzeugs ist dagegen, wie sich auch aus einem Umkehrschluss aus § 18 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 StVO und § 3 Abs. 3 Nr. 2 a StVO ergibt, allein kein Abgrenzungskriterium, sondern ein eigenständiges Merkmal. Für die straßenverkehrsordnungsrechtliche Zuordnung sogenannter Kombinationskraftwagen, d.h. von Kraftfahrzeugen mit kombiniertem Verwendungszweck, die nach ihrer Bauart und Einrichtung geeignet und bestimmt sind, wahlweise vorwiegend der Beförderung von Personen oder vorwiegend der Beförderung von Gütern zu dienen und die außer dem Führer Sitzplätze für nicht mehr als acht Personen haben, hat die Rechtsprechung zudem bislang ergänzend auf die zulassungsrechtliche Regelung des § 23 Abs. 6 a StVZO (a.F.) zurückgegriffen, die der Verordnungsgeber bei der Umsetzung der Betriebserlaubnis-Richtlinie 70/156/EWG durch die 20. Verordnung zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften vom 9. Dezember 1994 (VkBl. 1995, 3 ff.) bewusst aufrecht erhalten hat; danach galten solche Kombinationskraftfahrzeuge, sofern sie ein zulässiges Gesamtgewicht von 2,8 t nicht überschritten, als Personenkraftwagen (vgl. OLG Karlsruhe und OLG Jena jeweils a.a.O.; BayObLG, NJW 2004, 306; NZV 1997, 449; VRS 101, 457; OLG Hamm, NZV 1997, 323; VRS 47, 469; OLG Stuttgart VRS 68, 302; KG, NZV 1992, 162; AG Linz, DAR 2004, 265). Auch bei der steuerrechtlichen Einordnung eines Kraftfahrzeugs als Personenkraftwagen oder Lastkraftwagen, die begrifflich nach den jeweils geltenden verkehrsrechtlichen Vorschriften vorzunehmen ist (vgl. § 2 Abs. 2 Fahrzeugsteuergesetz 2002), hat sich der Bundesfinanzhof bislang in ständiger Rechtsprechung an den in § 4 Abs. 4 Nr. 1 und 3 PBefG und § 23 Abs. 6 a StVZO (a.F.) getroffenen Regelungen orientiert (vgl. BFH in BFG/NV 2003, 659; DAR 2001, 90; BB 1998, 309 und 1465) und dem § 23 Abs. 6 a StVZO (a.F.) im Umkehrschluss entnommen, dass sogenannte Kombinationskraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 2,8 t steuerrechtlich nicht als Personenkraftwagen, sondern als “anderes”, der (günstigeren) Gewichtsbesteuerung unterliegendes Fahrzeug zu behandeln sind (BFH in BB 1998, 309). Diese – vielfach kritisierte – steuerrechtliche Privilegierung der sogenannten Kombinationskraftfahrzeuge mit über 2,8 t zulässigem Gesamtgewicht (insbesondere von Geländewagen und Großraum-Limousinen sowie Kleinbussen) sollte durch ersatzlose Streichung des § 23 Abs. 6 a StVZO beseitigt und damit eine Besteuerung in Anknüpfung an die objektive Beschaffenheit des Fahrzeugs und sein äußeres Erscheinungsbild ermöglicht werden. Ob nach der zwischenzeitlich mit Wirkung zum 1. Mai 2005 erfolgten Streichung des § 23 Abs. 6 a StVZO durch Art. 1 Nr. 1 der 27. Verordnung zur Änderung der StVZO vom 2. November 2004 (BGBl. I, S. 2712) die in § 23 Abs. 6 a StVZO (a.F.) anhand des zulässigen Gesamtgewichts vorgenommene Grenzziehung weiterhin für die verkehrsordnungsrechtliche Einordnung sogenannter Kombinationskraftfahrzeuge von Bedeutung sein wird, kann vorliegend dahinstehen, da zum Zeitpunkt des hier in Rede stehenden Verkehrsverstoßes die zulassungsrechtliche Regelung des § 23 Abs. 6 a StVZO noch gültig war. Allerdings kann die PKW-Eigenschaft des von dem Betroffenen geführten Fahrzeugs schon deshalb nicht aus § 23 Abs. 6 a StVZO (a.F.) hergeleitet werden, da vorliegend aufgrund des zulässigen Gesamtgewichts des Mercedes Sprinter von 4,6 t der in der genannten Regelung festgesetzte Grenzwert von 2,8 t überschritten ist. Deshalb kann auch dahingestellt bleiben, ob die Einordnung eines vom Fahrzeughersteller als Kombinationskraftfahrzeug konstruierten und durch seine Verwandlungsfähigkeit charakterisierten Fahrzeugs mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 2,8 t, das unter Anwendung der Vorschrift des § 23 Abs. 6 a StVZO (a.F.) als PKW zugelassen ist, als Personenkraftwagen nach einer Umrüstung, die die wahlweise Beförderung von Personen aufgrund der nunmehrigen baulichen Einrichtung bzw. Beschaffenheit ausschließt, entfällt (so OLG Hamm VRS 47, 469; OLG Karlsruhe, VRS 68, 383; a.A. OLG Stuttgart VRS 68, 302).
Die sachgerechte Anwendung der Begriffsbestimmungen des § 4 Abs. 4 Nr. 1 u. 3 PBefG bei der straßenverkehrsordnungsrechtlichen Einordnung des von dem Betroffenen gesteuerten Mercedes Sprinter ergibt vorliegend, dass es sich hierbei um einen LKW und nicht um einen PKW handelt. Nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen war das Fahrzeug nach seiner konkreten Bauart und Einrichtung nicht (auch nicht wahlweise) zur Personenbeförderung, sondern zum Gütertransport bestimmt. Das Fahrzeug war mit einer separaten Ladefläche ausgestattet, die durch eine dauerhaft installierte und mit Nieten an der Fahrzeugkarosserie befestigten Wand von der mit einer Sitzbank versehenen Fahrgastzelle abgetrennt war. Der Laderaum war seitlich mit Holz beplankt, der Fahrzeugboden mit Holzplatten ausgelegt, die an der Bodengruppe festgenietet waren. Entsprechend dieser durch Bauart und Einrichtung geprägten Zweckbestimmung wurde das Fahrzeug bei der in Rede stehenden Fahrt auch zum Gütertransport eingesetzt. Nach den amtsgerichtlichen Feststellungen befand sich der Betroffene mit dem von ihm gesteuerten Kraftfahrzeug, dessen Ladefläche mit Aktivkohle beladen war, auf einer gewerblichen Fahrt zwecks Güterbeförderung.
Das Amtsgericht hat den Umstand, dass das betreffende Fahrzeug eine EG-Typgenehmigung der Klasse M 1, die sich auf Personenkraftwagen bezieht (“für die Personenbeförderung ausgelegte und gebaute Kraftfahrzeuge mit höchstens acht Sitzplätzen außer dem Fahrersitz”), besitzt und dementsprechend im Kraftfahrzeugschein als PKW bezeichnet wird, zu Recht als unerheblich für die Frage der straßenverkehrsordnungsrechtlichen Einstufung im Sinne der Verhaltensvorschriften der StVO erachtet. In der obergerichtlichen Rechtsprechung wird zu Recht seit langem die Auffassung vertreten, dass dem zulassungsrechtlichen Status des Fahrzeugs als Personenkraftwagen oder Lastkraftwagen und seiner Bezeichnung in den Fahrzeugpapieren (Betriebserlaubnis, Fahrzeugbrief und Fahrzeugschein) bei der Frage nach der straßenverkehrsordnungsrechtlichen Einstufung keine maßgebliche Bedeutung zukommt (vgl. BayObLG, NJW 2004, 306, NZV 1997, 449; OLG Karlsruhe, DAR 2004, 715; OLG Jena, NJW 2004, 3579; OLG Düsseldorf, NZV 1991, 483 – zum Sonntagsfahrverbot des § 30 Abs. 3 StVO -; OLG Hamm, NZV 1997, 323 – ebenfalls zu § 30 Abs. 3 StVO -; Hentschel, § 30 StVO Rdnr. 10). Die Bezeichnung der Fahrzeugart in den Fahrzeugpapieren kann allenfalls im Rahmen der Frage nach einem etwaigen Verbotsirrtum des Fahrzeugführers von Bedeutung sein (vgl. BayObLG, OLG Jena und OLG Düsseldorf jeweils a.a.O.). Die Feststellungswirkung der im Rahmen des Zulassungsverfahrens ausgestellten Fahrzeugpapiere, insbesondere der Betriebserlaubnis, beschränkt sich darauf, dass das Fahrzeug betriebssicher ist und überhaupt am Straßenverkehr teilnehmen kann; das Zulassungsverfahren betrifft insoweit also nur die Frage des “Ob” und nicht des “Wie” der Teilnahme am Straßenverkehr (OLG Karlsruhe, DAR 2004, 715; OLG Jena, NJW 2004, 3579). Die Bezeichnung der Art des Fahrzeugs in den Fahrzeugpapieren ist generell weder dazu bestimmt noch dazu geeignet, über die Maßgeblichkeit von Vorschriften der StVO zu bestimmen. Beim Fahrzeugbrief (§ 25 StVZO), der der Sicherung des Eigentums und anderer Rechte an dem Fahrzeug dient (Hentschel, § 25 StVZO Rdnr. 2), und beim Fahrzeugschein (§ 24 StVZO), der aufgrund der Betriebserlaubnis oder der EG-Typgenehmigung ausgefertigt und ausgehändigt wird und die Zulassung des betreffenden Fahrzeugs für eine näher bezeichnete Person bescheinigt, können der darin beschriebene bzw. vorausgesetzte und der tatsächliche Zustand des Fahrzeugs bereits kurz nach der Zulassung auseinanderfallen, wie insbesondere auch die Regelung des § 27 StVZO (Meldepflicht bei Änderung der tatsächlichen Verhältnisse) zeigt. Die Betriebserlaubnis (§§ 18 ff. StVZO) ist für zulassungspflichtige Fahrzeuge lediglich Voraussetzung dafür, dass diese überhaupt auf öffentlichen Straßen in Betrieb genommen werden können. Mit ihr wird die Anerkennung der Vorschriftsmäßigkeit und damit der Betriebssicherheit eines Fahrzeugs bescheinigt (Hentschel, § 2 StVZO Rdnr. 2). Mehr besagt die Betriebserlaubnis jedoch nicht. Die Betriebserlaubnis beinhaltet die Genehmigung der Inbetriebnahme des Fahrzeugs in Bezug auf eine bestimmte Fahrzeugart, die im Fahrzeugschein vermerkt wird. Zwar erfolgt auch im Zulassungsverfahren, in dem die technischen Anforderungen an Kraftfahrzeuge geregelt sind und geprüft werden, eine abstrakte Überprüfung dahingehend, ob das betreffende Kraftfahrzeug nach seiner technischen Ausrüstung d.h. nach seinen technischen Merkmalen (Bremssystem etc.) im Rahmen des durch die Fahrzeugart bestimmten Verwendungszwecks für sich gesehen verkehrssicher mit der vom Hersteller angegebenen Höchstgeschwindigkeit betrieben werden kann. Allein diese technische Eignung stellt das Zulassungsrecht sicher. Die zulassungsrechtlichen Vorschriften treffen jedoch keine Aussage darüber, ob die aus rein fahrzeugtechnischer und damit zulassungsrechtlicher Sicht unbedenkliche und mögliche (Höchst-)Geschwindigkeit unter Berücksichtigung verkehrsordnungsrechtlicher Gesichtspunkte im Einzelfall auch gefahren werden darf. Ebensowenig bietet das Zulassungsrecht die Gewähr dafür, dass der dort vorausgesetzte, abstrakt-generelle Verwendungszweck des Fahrzeugs im Einzelfall auch der tatsächlichen aktuellen Beschaffenheit und Nutzung des Fahrzeugs entspricht, selbst wenn betriebserlaubnisrelevante Änderungen i.S.d. § 19 Abs. 2 Nr. 1 StVZO, die nur bei Veränderungen an betriebswichtigen Teilen gegeben sind (vgl. OLG Karlsruhe VRS 68, 384), nicht vorgenommen wurden.
Auch der Umstand, dass die Zulassung des von dem Betroffenen gesteuerten Kraftfahrzeugs vorliegend auf einer EG-Typgenehmigung gemäß der Betriebserlaubnis-Richtlinie 70/156/EWG vom 6. Februar 1970 (ABl. L 42 vom 23. Februar 1970, S. 1) in der Fassung der Richtlinie 92/53 EWG des Rates vom 18. Juni 1992 zur Änderung der Richtlinie 70/156/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Betriebserlaubnis für Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger (ABl. EG Nr. 11225 S. 1), in deutsches nationales Recht umgesetzt durch die Verordnung über die EG-Typgenehmigung für Fahrzeuge und Fahrzeugteile (EG-TypV) vom 9. Dezember 1994 (VkBl. 1995, 3 ff.), zuletzt geändert am 7. Februar 2002, beruht, ändert an dieser rechtlichen Bewertung (Unerheblichkeit des zulassungsrechtlichen Status für die Einstufung als PKW oder LKW i.S.d. StVO) nichts. Zwar ist dem Hersteller (Daimler-Benz) antragsgemäß vom Kraftfahrt-Bundesamt eine EG-Typgenehmigung der Fahrzeugklasse M 1 (Personenkraftwagen) nach Anhang II Teil A zur Betriebserlaubnis-Richtlinie 70/156/EWG erteilt worden. Der Regelungscharakter der Betriebserlaubnis-Richtlinie 70/156/EWG beschränkt sich, wie die darauf beruhende nationale EG-TypV, auf das reine Zulassungsrecht, regelt also nur die Frage, ob ein Kraftfahrzeug überhaupt zum Straßenverkehr zuzulassen ist und in Betrieb genommen werden darf. Im Bereich des Verkehrsverhaltensrechts, welches im nationalen (deutschen) Recht vornehmlich durch die Regelungen der StVO bestimmt wird, hat der europäische Normgeber von seiner umfassenden (konkurrierenden) Rechtsetzungskompetenz für das Straßenverkehrsrecht (vgl. Art. 3 Abs. 1 lit. f, Art. 70, 71 Abs. 1 lit. c EGV) – im Gegensatz zum Zulassungsrecht – bislang nur punktuell Gebrauch gemacht (vgl. Blümel, Anmerkung zum Beschluss des BayObLG vom 23.07.2003 in DAR 2004, 39, 40), insbesondere wurden bislang keine EU-Vorschriften über Geschwindigkeitsbeschränkungen für Kraftfahrzeuge erlassen (vgl. Oppermann, Europarecht, 2. Aufl. Rdnr. 1447). Eine an § 4 Abs. 4 Nr. 1 und 3 PBefG orientierte, autonome Auslegung der in der StVO verwendeten Begriffe des Personenkraftwagens bzw. Lastkraftwagens, die den zulassungsrechtlichen Status des Kraftfahrzeugs als unerheblich für dessen verhaltensrechtliche Einordnung ansieht, kollidiert somit nicht mit den ausschließlich das Zulassungsrecht betreffenden Regelungen der Betriebserlaubnis-Richtlinie 70/156/EWG (so im Ergebnis auch OLG Karlsruhe, DAR 2004, 715; Blümel in DAR 2004, 40; AG Linz, Beschluss vom 3. August 2004 – 2040 Js 10336/04 -, Leitsatz in DAR 2004, 719). Der gegenteiligen Auffassung des Amtsgerichts Freiburg, der zulassungsrechtliche Status eines als PKW zugelassenen Mercedes-Sprinter-Kombifahrzeugs stehe der Bejahung des Tatbestandsmerkmals “Lastkraftwagen” i.S.d. § 18 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 StVO entgegen (vgl. AG Freiburg, Urteil vom 15. März 2004 – 29 OWi 55 Js 35869/03 -, veröffentlicht in NZV 2004, 265) und die unterschiedliche Einstufung eines Fahrzeugs im Zulassungs- und Verhaltensrecht führe im Ergebnis zur Verneinung des Geltungsanspruchs der Betriebserlaubnis-Richtlinie 70/156/EWG (vgl. AG Freiburg, Vorlagebeschluss an den EuGH vom 14. Januar 2005 – 29 OWi 550 Js 6928/04 -, veröffentlicht in juris), kann aus den genannten Gründen nicht gefolgt werden.
Nach alledem ist die in dem angefochtenen Urteil unter maßgeblicher Berücksichtigung der konkreten Bauart, Ausstattung und Einrichtung des von dem Betroffenen geführten Fahrzeugs vorgenommene straßenverkehrsordnungsrechtliche Einordnung als Lastkraftwagen zutreffend.
2.
Nach den getroffenen Feststellungen hatte der Betroffene den Tatbestand einer Verkehrsordnungswidrigkeit nach § 24 StVG, § 49 Abs. 1 Nr. 18 StVO i.V.m. § 18 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 StVO vorsätzlich (und nicht – wie vom Amtsgericht angenommen – lediglich fahrlässig) verwirklicht. Vorsätzlich i.S.d. § 10 OWiG handelt, wer die Tatbestandsverwirklichung in Kenntnis aller Tatbestandsmerkmale zumindest als möglich erkennt und billigend in Kauf nimmt. Der Betroffene kannte bei der von ihm begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung alle zum gesetzlichen Tatbestand gehörenden Umstände, insbesondere wusste er, dass das von ihm benutzte Fahrzeug nach seiner konkreten Bauart und Beschaffenheit zum Gütertransport bestimmt war und von ihm auch so genutzt wurde. Der Betroffene wusste ferner, dass er auf der Autobahn mit einer Geschwindigkeit von mindestens 120 km/h fuhr. Die irrige Vorstellung des Betroffenen, das Fahrzeug sei – seinem zulassungsrechtlichen Status entsprechend – als PKW einzuordnen und unterliege demzufolge nicht der für Lastkraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von über 3,5 t geltenden Geschwindigkeitsbeschränkung des § 18 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 StVO, stellt lediglich einen – den Vorsatz unberührt lassenden – Verbotsirrtum i.S.d. § 11 Abs. 2 OWiG dar (vgl. BayObLG NJW 2004, 306; OLG Karlsruhe DAR 2004, 715; OLG Jena NJW 2004, 3579; OLG Düsseldorf VM 1960, 18; Göhler, OWiG, 14. Aufl., § 11 Rdnr. 9 und 19; AG Linz, Beschluss vom 3. August 2004 – 2040 Js 10336/04 -).
3.
Das Amtsgericht hat die in dem angefochtenen Urteil wiedergegebene (unwiderlegte) Einlassung des Betroffenen, er sei aufgrund der Eintragung bzw. Bezeichnung des Fahrzeugs im Kraftfahrzeugschein als PKW davon ausgegangen und habe darauf vertraut, dass das betreffende Kraftfahrzeug als PKW und nicht als LKW einzuordnen sei und daher nicht der Geschwindigkeitsbegrenzung des § 18 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 StVO unterliege, zutreffend als Verbotsirrtum i.S.d. § 11 Abs. 2 OWiG gewertet. Entgegen der – nicht näher begründeten – Auffassung des Amtsgerichts stuft der Senat diesen Verbotsirrtum vorliegend jedoch als unvermeidbar ein mit der Folge, dass es an einem vorwerfbaren Verhalten des Betroffenen fehlt. Die Unvermeidbarkeit des Verbotsirrtums ergibt sich aus Folgendem:
Nach den getroffenen Feststellungen ist davon auszugehen, dass das von dem Betroffenen geführte Fahrzeug in vollem Umfang dem Original- Auslieferungszustand entsprach, d.h. keine baulichen Veränderungen an dem Fahrzeug vorgenommen wurden. Wenn ein solches gegenüber dem Auslieferungszustand unverändertes Fahrzeug, dessen Beschaffenheit und Ausstattung noch den Zulassungspapieren entspricht, in den Zulassungspapieren als PKW bezeichnet wird, liegt für einen juristischen Laien die Annahme durchaus nahe, dass die in den Fahrzeugpapieren angegebene Fahrzeugart auch im übrigen Straßenverkehrsrecht, insbesondere also auch im Anwendungsbereich der das Verhalten im Verkehr regelnden StVO, maßgeblich ist (so auch OLG Jena NJW 2004, 3579). Das sich hieraus ableitende Vertrauen des Betroffenen darauf, dass der aufgrund einer entsprechenden EG-Typgenehmigung der Klasse M 1 als PKW zugelassene Mercedes Sprinter auch straßenverkehrsordnungsrechtlich als Personenkraftwagen anzusehen und zu behandeln ist, wäre nur dann nicht schutzwürdig, wenn für den Betroffenen zum Vorfallszeitpunkt unter Berücksichtigung seiner Fähigkeiten und Kenntnisse Anlass bestanden hätte, über die verkehrsordnungsrechtliche Qualität des hier in Rede stehenden Verhaltens näher nachzudenken und Erkundigungen einer zuverlässigen und fachkundigen Auskunftsperson einzuholen (vgl. Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl., § 17 Rdnr. 7; Göhler, § 11 Rdnr. 24) und darüber hinaus feststünde, dass der Betroffene, wenn er entsprechende Erkundigungen eingeholt hätte, auch eine zutreffende und verlässliche Auskunft erhalten hätte (vgl. Tröndle/Fischer, § 17 Rdnr. 9 m.w.N.; Göhler, § 11 Rdnr. 28). Nach Auffassung des Senats bestand für den Betroffenen im vorliegenden Fall bereits kein Anlass, daran zu zweifeln, dass die Fahrzeugart im straßenverkehrsordnungsrechtlichen Sinne von der im straßenverkehrszulassungsrechtlichen Sinne, wie sie sich aus der Eintragung im Fahrzeugschein und den übrigen Fahrzeugpapieren ergab, abweichen würde. Dementsprechend oblag dem Betroffenen im konkreten Fall keine Prüfungs- und Erkundigungspflicht. Eine solche wäre sicherlich dann zu bejahen, wenn sich das von dem Betroffenen geführte Fahrzeug nicht mehr in seinem ursprünglichen (Auslieferungs-)Zustand befunden hätte, sondern durch bauliche Veränderungen eindeutig zu einem LKW umgebaut worden wäre. Dann hätten sich Zweifel an der PKW-Eigenschaft des Fahrzeugs im Sinne der StVO geradezu aufgedrängt (vgl. OLG Jena, a.a.O.). Solche Veränderungen wurden an dem hier in Rede stehenden Tatfahrzeug jedoch nicht vorgenommen. Eine Prüfungs- und Erkundigungspflicht wäre aus Sicht des Senats daneben auch dann zu bejahen, wenn der Betroffene durch rechtliche Hinweise, beispielsweise in Gestalt von veröffentlichten bzw. in der Tagespresse bekannt gemachten und von dem Betroffenen zur Kenntnis genommenen Gerichtsentscheidungen oder in Form von Äußerungen von Kontaktpersonen (so das BayObLG in NJW 2004, 306 in Anknüpfung an die vom Arbeitgeber des betroffenen Fahrers aufgrund von Zweifeln über die verkehrsrechtliche Einordnung des Fahrzeugs eingeholten Auskünfte) oder aufgrund früherer polizeilicher Überprüfungen bzw. Anzeigen für die maßgebliche rechtliche Problematik “sensibilisiert” worden wäre. Diesbezügliche Feststellungen ergeben sich aus dem angefochtenen Urteil jedoch nicht. Der Senat schließt auch aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung dahingehende, ergänzende Erkenntnisse gewonnen werden können, zumal die erste obergerichtliche Entscheidung, die das hier in Rede stehende Problem der straßenverkehrsordnungsrechtlichen Einordnung des Mercedes Sprinter behandelt, der erst Anfang 2004 in Fachzeitschriften veröffentlichte Beschluss des BayObLG vom 23. Juli 2003 (NJW 2004, 306 = NStZ 2004, 463 L) ist und diese obergerichtliche Entscheidung vor ihrer Veröffentlichung – d.h. auch zum Tatzeitpunkt am 23. Oktober 2003 – allenfalls in Fachkreisen bekannt war. Früheren (veröffentlichten) obergerichtlichen Entscheidungen, in denen – vornehmlich im Zusammenhang mit dem für Lastkraftwagen gemäß § 30 Abs. 3 StVO geltenden Sonntagsfahrverbot – bereits übereinstimmend die Auffassung vertreten wurde, dass die Bezeichnung der Fahrzeugart in den Kfz.-Papieren unerheblich für die straßenverkehrsordnungsrechtliche Einordnung des Fahrzeugs ist (vgl. OLG Düsseldorf, NZV 1991, 483; OLG Hamm, NZV 1997, 323; BayObLG, NZV 1997, 449), misst der Senat insoweit keine maßgebliche Bedeutung bei, denn in den zugrundeliegenden Fällen war das jeweilige Fahrzeug – anders als im vorliegenden Fall – als Lastkraftwagen zugelassen und so in den Fahrzeugpapieren bezeichnet.
Mit seiner Auffassung, der Verbotsirrtum des Betroffenen sei als unvermeidbar einzustufen, setzt sich der Senat auch nicht in Widerspruch zu den bereits mehrfach erwähnten Entscheidungen des BayObLG (Beschluss vom 23. Juli 2003 in NJW 2004, 306), des Oberlandesgerichts Jena (Beschluss vom 12. Oktober 2004 in NJW 2004, 3579) und des Oberlandesgerichts Karlsruhe (Beschluss vom 25. August 2004 in DAR 2004, 715), die sich ebenfalls mit der Frage der straßenverkehrsordnungsrechtlichen Einordnung eines Fahrzeugs vom Typ Mercedes-Sprinter befasst haben. Einer Vorlage an den Bundesgerichtshof entsprechend § 121 Abs. 2 GVG bedarf es daher nicht. Das Oberlandesgericht Karlsruhe musste in seinem zitierten Beschluss – mangels Entscheidungserheblichkeit – zur Frage der Vermeidbarkeit bzw. Unvermeidbarkeit des Verbotsirrtums nicht abschließend Stellung nehmen. Das BayObLG hat in seiner Entscheidung die dort bejahte Prüfungs- und Erkundigungspflicht des Fahrers nicht lediglich aus der Art der Beschaffenheit des Tatfahrzeugs, sondern insbesondere auch aus den dort festgestellten Zweifeln des Betroffenen über die verkehrsrechtliche Einordnung des Mercedes-Sprinter abgeleitet. Das Oberlandesgericht Jena schließlich hat das von ihm bis zur Veröffentlichung der Entscheidung des BayObLG vom 23. Juli 2003 als grundsätzlich schutzwürdig erachtete Vertrauen des Fahrers darauf, dass die straßenverkehrsordnungsrechtliche Einordnung des Fahrzeugs dem zulassungsrechtlichen Status (Eintragung in den Fahrzeugpapieren) folgt, im konkreten Fall nur deshalb verneint, weil sich das Tatfahrzeug nicht mehr in seinem ursprünglichen Zustand befand, sondern “als LKW umgebaut” worden war.
Der nach alledem in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum und damit nicht vorwerfbar handelnde Betroffene war demnach vom Vorwurf, eine Verkehrsordnungswidrigkeit gemäß § 24 StVG, § 49 Abs. 1 Nr. 18, § 18 Abs. 5 S. 2 Nr. 1 StVO begangen zu haben, freizusprechen.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO i.V.m. § 46 Abs. 1 OWiG.