OLG Hamm, Urteil vom 6. Juli 1995, 18 U 72/95
Maklerhaftung für unrichtige Angaben im Exposé
Gericht
OLG Hamm
Art der Entscheidung
Urteil
Datum
06. 07. 1995
Aktenzeichen
18 U 72/95
Leitsatz des Gerichts
Wenn das Expose auf die AGB des Maklers Bezug nimmt und gemäß diesen der Makler nicht für die Richtigkeit und Vollständigkeit der von dem Verkäufer übernommenen Angaben Gewähr übernimmt, dann haftet ein Makler nicht für die Richtigkeit der Angaben über das Verkaufsobjekt.
Tatbestand
Auszüge aus dem Sachverhalt:
Die Kl. hat die Bekl. mit der Behauptung, sie habe diesen als Maklerin den Erwerb einer Eigentumswohnung vermittelt, auf Maklerprovision in Höhe von 10700 DM in Anspruch genommen, und beruft sich insoweit auf den Kaufvertrag, in dem festgelegt ist, daß der Käufer dem Makler diese Summe als Provision zu zahlen hat. Die Bekl. sind der Auffassung, ihnen stehe gegen die Kl. ein Schadensersatzanspruch zu, weil die Angaben der Kl. in dem Expose, in dem sie die Wohnung angeboten habe, hinsichtlich Größe (85 qm statt 73,18 qm) und Baujahr (1979 statt 1964/65) falsch gewesen seien. Die Kl. hat sich darauf berufen, daß sie lediglich die Angaben des Verkäufers weitergegeben habe, wofür sie nach Abs. 3 ihrer AGB keine Gewähr übernehme.
Die Klage hatte in beiden Instanzen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Der Kl. steht gegen die Bekl. ein Anspruch auf Zahlung von 10700 DM zu, und zwar jedenfalls aufgrund von § 14 des notariellen Kaufvertrags vom 27. 10. 1994. Darin haben die Kaufvertragsparteien gem. § 328 BGB vereinbart, daß die Kl. das unmittelbare Recht erwerben solle, die Maklerprovision von den Bekl. zu verlangen, und zwar im Wege eines Vertrags zugunsten Dritter.
1. Der Senat verkennt nicht, daß die Rechtsprechung des BGHzu derartigen Maklerklauseln nicht eindeutig ist. In den Entscheidungen vom 21. 2. 1990 (NJW-RR 1990, 628) und vom 6. 3. 1991 (NJW-RR 1991, 820 = LM § 652 BGB Nr. 124) zieht der BGH trotz einer entsprechenden Maklerklausel § 328 BGB als Anspruchsgrundlage überhaupt nicht in Betracht und erörtert nur, ob die notarielle Urkunde, die den Makler nicht als beteiligt aufführt und von ihm nicht unterschrieben ist, gleichwohl einen mit dem Kaufvertrag nur äußerlich verbundenen Maklervertrag zwischen dem Makler und dem Käufer enthält.
2. Eine Maklerklausel im Hauptvertrag kann – außer daß sie einen äußerlich mit dem Kaufvertrag verbundenen Maklervertrag zwischen Makler und Käufer darstellen kann – eine Schuldübernahme, einen Schuldbeitritt, eine bloße Erfüllungsübernahme (§ 329 BGB) oder einen Vertrag zugunsten Dritter enthalten, wobei der Schuldbeitritt als Vertrag zwischen dem ursprünglichen und dem beitretenden Schuldner ebenfalls ein Vertrag zugunsten Dritter ist.
Im vorliegenden Fall kommt nur ein Vertrag zugunsten Dritter in Betracht. Die Kaufvertragsparteien haben in § 14 des notariellen Vertrages vom 27. 10. 1994 ausdrücklich vereinbart, daß die Kl. gem. § 328 BGB das unmittelbare Recht erwerben solle, die Maklerprovision in Höhe von 10700 DM von den Bekl. zu verlangen, und zwar im Wege eines echten Vertrags zugunsten Dritter. Eine in der Formulierung und im Vertragswortlaut dermaßen klare und unmißverständliche Vereinbarung ist einer anderen Auslegung nicht zugänglich (vgl. auch Dehner, NJW 1991, 3254 (3261); LG Hamburg, Allgemeine Immobilien-Zeitung A 136 Bl. 13).
Da sich der Klageanspruch somit schon aus § 14 des notariellen Kaufvertrags vom 27. 10. 1994 rechtfertigt, kann dahingestellt bleiben, ob es zwischen den Parteien zum Abschluß eines Maklervertrags gekommen ist.
3. Ob der Verkäufer selbst eine Provision schuldete, ist nur im Rahmen eines – hier nicht vereinbarten – Schuldbeitritts relevant. Deshalb liegen die Ausführungen der Bekl. zur Übernahme einer Nichtschuld neben der Sache. Der Verkäufer schuldete, wie sich aus § 14 des notariellen Kaufvertrags ergibt, gerade keine Provision. Trotzdem sollten die Bekl. zahlen. Die Bekl. haben daher der Kl. im Wege eines Vertrags zugunsten Dritter die Zahlung von 10700 DM versprochen, unabhängig davon, ob der Verkäufer eine Provision schuldete. Hierin liegt auch nicht das Versprechen einer von den Voraussetzungen des § 652 BGB unabhängigen Provision (vgl. OLG Düsseldorf, OLG-Report 1993, 271), das im Rahmen eines Formularvertrags unwirksam wäre. Vielmehr hat hier der Verkäufer dem Makler, der den Erfolg herbeigeführt hat, die Möglichkeit eröffnet, über den Käufer eine Provision zu verdienen.
4. Ob dem Anspruch der Kl. aus § 328 BGB entsprechend dem Rechtsgedanken des § 654 BGB der Einwand der Verwirkung entgegengehalten werden kann, erscheint in hohem Maße fraglich (vgl. BGHZ 54, 156 = NJW 1970, 1891). Selbst wenn man das im Ansatz bejahen wollte, so liegen hier die Voraussetzungen der Verwirkung nicht vor.
Der Makler verwirkt zwar seinen Provisionsanspruch, wenn er wesentliche Vertragspflichten vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt (vgl. BGHZ 36, 323 = NJW 1962, 734 = LM § 654 BGB Nr. 1; BGH, NJW-RR 1990, 372). Hierfür ist im vorliegenden Zusammenhang aber nichts ersichtlich. Insb. kann der Einwand der Verwirkung nicht darauf gestützt werden, die Größe der von den Bekl. erworbenen Eigentumswohnung und das Baujahr des Gebäudes seien im Expose der Kl. falsch angegeben. Angaben des Maklers zum Objekt des Hauptvertrags stellen zumeist nur eine Weitergabe der Informationen dar, die der Makler von seinem Auftraggeber (dem Verkäufer) erhalten hat. Daß dies auch hier so war, ergibt sich aus Abs. 3 der auf der Rückseite des Expose abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kl., auf die im Expose ausdrücklich Bezug genommen worden ist. In diesem Abs. 3 wird hervorgehoben, daß die Kl. für die Richtigkeit und Vollständigkeit der – vom Verkäufer erhaltenen – Angaben keine Gewähr übernehmen könne. Daß die Kl. die im Expose aufgeführten Angaben vom Verkäufer der Eigentumswohnung so erhalten hatte, hat die in erster Instanz durchgeführte Beweisaufnahme ergeben. Der Verkäufer, der Zeuge M, hat bei seiner Vernehmung vor dem LG glaubhaft bestätigt, der Kl. aufgrund seiner Informationen Größe und Baujahr der Wohnung genau so angegeben zu haben, wie es im Expose steht. Die Kl. hat insoweit nicht gegen ihre vertraglichen Pflichten verstoßen.
Die Kl. war auch nicht gehalten, die ihr vom Verkäufer mitgeteilten Daten auf ihre Richtigkeit zu überprüfen. Der Makler ist zwar verpflichtet, seinen Auftraggeber über alle für den Vertragsschluß bedeutsamen Umstände aufzuklären; dies gilt selbst dann, wenn sie geeignet sind, den Auftraggeber von einem Vertragsschluß abzuhalten und damit den Anfall der Provision zu gefährden. Eine Erkundigungs- und Nachprüfungspflicht besteht jedoch für den Makler in der Regel nicht (BGH, WM 1978, 1069; NJW 1983, 1730 = LM § 676 BGB Nr. 27). Der Makler muß nur die ihm bekannten Umstände offenlegen (BGH, DB 1956, 794). Etwas anderes gilt nur dann – und zwar mit der Folge eines verschuldensabhängigen Schadensersatzanspruchs -, wenn der Makler entsprechende Zusicherungen macht (“geprüfte Objekte“), wenn er eine besondere Erkundigungspflicht ausdrücklich übernommen (BGH, NJW-RR 1991, 627), wenn er durch besonders intensive Werbung bei dem Auftraggeber das Vertrauen erweckt hat, daß er das Objekt auf seine Eignung und Solidität überprüft hat oder es sich um besonders gefährliche Geschäfte handelt und der Auftraggeber offensichtlich geschäftlich unerfahren ist (vgl.OLG Köln, MDR 1959, 210). Keiner dieser Ausnahmetatbestände lag hier vor. Die von den Bekl. herangezogene Entscheidung des OLG München vom 22. 6. 1956 (NJW 1956, 1760) betraf Objekte, die noch erstellt werden mußten.
5. Die Kl. hatte hier auch keine Garantie übernommen. Vielmehr hat sie – wie schon erwähnt – in ihren AGB ausdrücklich klargestellt, daß die Angebotsangaben auf Informationen des Verkäufers/Vermieters beruhen und daß eine Haftung für deren Vollständigkeit und Richtigkeit nicht übernommen werde. Eine derartige Klausel ist auch nicht überraschend i.S. von § 3 AGBG. Einer überraschenden Klausel muß ein Überrumpelungseffekt innewohnen (BGHZ 100, 82 (85) = NJW 1987, 1885 = LM § 1191 BGB Nr. 21)… Das war hier nicht der Fall. Derartige Klauseln sind typisch für Maklerverstöße. Auch ist nicht ausmachbar, warum die Klausel gegen § 9 AGBG verstoßen soll. Sie entspricht genau den Rechtsfolgen des dispositiven Gesetzesrechts (§ 8 AGBG).
Da die Kl. nicht schuldhaft gegen Nebenpflichten aus dem Maklervertrag verstoßen hat, steht den Bekl. auch kein aufrechenbarer Schadensersatzanspruch aus Schlechtleistung zu.