OLG Köln, Berufungsurteil vom 11. März 2003, 24 U 197/02

OLG Köln, Berufungsurteil vom 11. März 2003, 24 U 197/02

Vertragswidrige Doppeltätigkeit des Vermittlungsmaklers

Gericht

OLG Köln


Art der Entscheidung

Berufungsurteil


Datum

11. 03. 2003


Aktenzeichen

24 U 197/02


Leitsatz des Gerichts

Der Vermittlungsmakler verwirkt seinen Provisionsanspruch wegen einer vertragswidrigen Doppeltätigkeit nach § 654 BGB, wenn er auch im Interesse des anderen Vertragsteils vermittelnd tätig wird, ohne dies dem Maklerkunden offen zu legen. Dafür, ob eine unzulässige Doppeltätigkeit vorliegt, ist nicht der geschlossene Maklervertrag, sondern die konkret entfaltete Tätigkeit des Maklers maßgebend.

Tatbestand


Auszüge aus dem Sachverhalt:

Die Kl., eine Maklerin, hat gegen die Bekl. einen Maklerlohnanspruch von 5159,96 Euro geltend gemacht und vorgetragen, sie habe den Bekl. den Kauf eines Hausgrundstücks auf Grund eines Maklervertrags vermittelt. Die Verkäuferin habe ihr das Grundstück an die Hand gegeben, damit sie es anbiete und Kaufinteressenten an sie weiterleite. Die Provision habe sie mit den Erwerbern aushandeln sollen.

Entscheidungsgründe


Auszüge aus den Gründen:

Die Klage ist abzuweisen, weil der von der Kl. geltend gemachte Provisionsanspruch nach § 654 BGB verwirkt ist. Danach ist der Anspruch des Maklers auf die Provision ausgeschlossen, wenn er dem Inhalt des Vertrags zuwider auch für den anderen Teil tätig gewesen ist. Zwar ist dem Makler grundsätzlich eine Doppeltätigkeit erlaubt (BGHZ 48, 344 [346] = NJW 1968, 150; BGH, NJW-RR 1998, 992 [993] = MDR 1998, 763 [764]). Zugelassen wird insbesondere, dass der Makler für einen Vertragsteil als Vermittlungs- und für den anderen als Nachweismakler tätig wird (BGH, NJW-RR 1998, 992 [993]). Eine Verwirkung des Provisionsanspruchs nach § 654 BGB ist aber in Betracht zu ziehen, wenn der Makler für beide Vertragsteile als Vermittlungsmakler tätig wird (vgl. BGH, NJW-RR 2000, 430 = MDR 2000, 201; Palandt-Sprau, BGB, 62. Aufl., § 654 Rdnr. 4; Dehner, NJW 2000, 1986 [1994]; ders. MaklerR, Rdnr. 262). Dabei ist entscheidend, ob der Makler mit seiner Tätigkeit das Vertrauen und die Interessen seiner Auftraggeber verletzt (BGH, NJW-RR 2000, 430, NJW-RR 2000, 1502 [1503]). Daraus folgt nicht ohne weiteres, dass der Makler mit jeder vermittelnden Tätigkeit nach beiden Seiten seinen Provisionsanspruch gewissermaßen automatisch verwirkt. Es kommt darauf an, ob er mit seiner Tätigkeit das Vertrauen und die Interessen seiner Auftraggeber verletzt. Dies ist etwa dann nicht der Fall, wenn er seine Tätigkeit für die jeweils andere Seite offen legt und sich darauf beschränkt, als „ehrlicher Makler“ zwischen ihren Interessen zu vermitteln (BGH, NJW-RR 2000, 430; NJW-RR 2000, 1502 [1503]). Dafür, ob eine unzulässige Doppeltätigkeit vorliegt, ist nicht der geschlossene Vertrag, sondern die konkret entfaltete Tätigkeit des Maklers maßgebend (vgl. BGH, NJW 1964, 1467 [1468]; Roth, in: MünchKomm, 3. Aufl., § 654 Rdnr. 14; Palandt-Sprau, § 654 Rdnr. 4; Soergel-Lorentz, BGB, 12. Aufl., § 654 Rdnr. 3).

Nach diesen Maßstäben hat die Kl. den Provisionsanspruch verwirkt. Sie verlangt von dem Bekl. Provision für die Vermittlung des notariellen Kaufvertrags vom 18. 10. 2001, mit dem die Bekl. von der G-Gesellschaft für Grundbesitz-mbH das Haus L-Straße in I. erworben haben. Nach eigenem Vortrag ist sie für die Bekl. als Vermittlungsmakler tätig geworden. Mit der Verkäuferin hatte sie – ebenfalls nach ihrem eigenen Vorbringen – eine Vereinbarung dahingehend getroffen, dass sie das genannte Objekt in der Weise vermarkten durfte, dass sie es auf dem Markt etwa durch Aushang ihrer Telefonnummer im Objekt selbst oder durch Inserate anbieten sowie Kaufinteressenten an den Verkäufer namentlich weiterleiten sollte; die Provision habe sie mit dem Erwerber aushandeln sollen. Danach lag ursprünglich zwar kein Vermittlungsmaklervertrag zwischen der Kl. und der Verkäuferin vor. Das schließt den Vorwurf der unzulässigen Doppelvermittlung indes nicht aus, da – wie oben ausgeführt – die konkret entfaltete Tätigkeit maßgebend ist. Diese bestand darin, dass die Kl.bzw. ihr für sie als Erfüllungsgehilfe gem. § 278 BGB tätig gewordener Ehemann in die Kaufpreisverhandlungen vermittelnd eingriff und eine Reduzierung des Kaufpreises um 15000 DM erreichte. Im Rahmen eines abschließenden Verhandlungsgesprächs, das am Tag der notariellen Beurkundung des Vertrags stattfand, bei der der Ehemann der Kl. ebenfalls anwesend war, bewirkte er, dass sich die Verkäuferin mit einer Anzahlung in Höhe von 10000 DM anstatt der zunächst verlangten 20000 DM zufrieden gab. Auch wenn die Reduzierung des Kaufpreises und der Anzahlung sich zu Gunsten der Bekl. auswirkten, lag die Vermittlungstätigkeit erkennbar nicht in erster Linie in deren Interesse, sondern erfolgte zumindest in gleichem Maße im Interesse der Verkäuferin. Der Auftrag zur Vermarktung ging von der Verkäuferin aus. Schon von daher liegt es nahe, dass die Kl. bei der Vermittlung deren Interessen verfolgte. Als entscheidendes Indiz dafür wertet der Senat das Verhalten des Ehemannes der Kl. im Zusammenhang mit der Auswahl des Notars. Unstreitig hatten die Bekl. zunächst einen Notar in K. vorgeschlagen. Dieser sollte nicht nur den Kaufvertrag über das Objekt in der L-Straße, sondern auch den von der Kl. nicht vermittelten Kaufvertrag über das Gaststättenobjekt in der I-Straße in M. beurkunden, mit dessen Veräußerung die Bekl. den Erwerb des anderen Objekts finanzieren wollten. Die Kl. hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass ihr Ehemann die Bekl. dazu veranlasst hat, beide Kaufverträge durch den Notar F in W. beurkunden zu lassen; da die Verkäuferin ihren Sitz in N. habe, sei dies nahe liegend gewesen. Insbesondere im Hinblick darauf, dass die Bekl. – wie der Kl. bekannt war – ein dringendes Interesse daran hatten, dass beide Verträge gleichzeitig bei einem Notar abgeschlossen wurden, belegt dies, in welchem Maße die Kl. die Interessen der Verkäuferin im Rahmen ihrer Vermittlungstätigkeit verfolgte. Der Hinweis der Kl. in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 25. 2. 2003 darauf, es sei üblich, dass Immobilienmakler auf Grund ihrer Tätigkeit Kontakte zu ortsansässigen Maklern hätten, trägt als Einwand nicht. In dem Vorschlag des Maklers, einen ortsansässigen Notar zu wählen, liegt selbstverständlich an sich kein Verstoß gegen die maklervertraglichen Pflichten. Auch wäre aus diesem Vorschlag ein Schluss auf ein Tätigwerden im Interesse der Verkäuferin nicht möglich, wenn es nur um die Beurkundung des vermittelten Vertrags gegangen wäre. Die Besonderheit liegt darin, dass der Ehemann der Kl. die Bekl. mit Rücksicht auf die Belange der Verkäuferin veranlasst hat, beide Verträge, von denen nur einer durch die Kl. vermittelt worden ist und die aus der Sicht der Bekl. wirtschaftlich miteinander verbunden waren, durch einen anderen als den von ihnen zunächst vorgesehenen Notar beurkunden zu lassen. Dass und in welchem Maße sie zugleich im Interesse der Verkäuferin vermittelnd tätig geworden ist, hat die Kl. den Bekl. nicht offen gelegt. Nach ihrem Vorbringen in der mündlichen Verhandlung hat sie die Bekl. im Gegenteil in dem Glauben belassen, sie vermittele allein in ihrem Interesse und werde für die Verkäuferin lediglich als Nachweismakler tätig. Das Gegenteil erschloss sich den Bekl. nicht aus den Umständen und dem konkreten Ablauf der Vermittlung. Allein die Kenntnis davon, dass die Kl. das Objekt im Auftrag der Verkäuferin inserierte, genügte insoweit nicht. Da der Provisionsanspruch schon allein wegen der unzulässigen Doppeltätigkeit verwirkt ist, kommt es nicht darauf an, ob die von den Bekl. im Übrigen geltend gemachten Verwirkungsgründe durchgreifen.

Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangene Schriftsatz der Kl. vom 25. 2. 2003 enthält keine Gesichtspunkte, die Anlass zu einer abweichenden Beurteilung oder zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gäben. Gleiches gilt für ihren Schriftsatz vom 6. 3. 2003. Dort behauptet die Kl., ein Grund für die Beauftragung des Notars F in W. sei auch der Umstand gewesen, dass die Eheleute L nach W. nur eine kurze Anreise gehabt hätten. Die in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich zugestandene Tatsache, dass die Kl. oder ihr Ehemann bei dem Vorschlag der Notars die Ortsnähe zur Verkäuferin im Auge gehabt haben, würde dadurch nicht in Frage gestellt. Selbst wenn die Kl. zusätzlich die Belange der Eheleute L berücksichtigt haben sollte, würde dies der Annahme einer unzulässigen Doppeltätigkeit aus den dargelegten Gründen nicht entgegenstehen, zumal die Eheleute L nicht Maklerkunden der Kl. waren.

Rechtsgebiete

Maklerrecht

Normen

BGB § 654