OLG Köln, Beschluss über weitere Beschwerde vom 3. Dezember 1999, 16 Wx 165/99
Benutzung des Waschkellers am Sonntag
Gericht
OLG Köln
Art der Entscheidung
Beschluss über weitere Beschwerde
Datum
03. 12. 1999
Aktenzeichen
16 Wx 165/99
Leitsatz des Gerichts
Eine durch Mehrheitsbeschluss getroffene Regelung des Inhalts, dass der im Gemeinschaftseigentum stehende Waschkeller auch sonntags in der Zeit von 9 bis 12 Uhr benutzt werden darf, verstößt nicht gegen § 3 NWFeiertagsG.
Soweit durch die Waschmaschinen keine empfindliche Geräuschbelästigung verursacht wird, kann der Richter den Ermessensspielraum der Eigentümergemeinschaft nicht durch sein eigenes Ermessen ausfüllen.
Die Gemeinschaft macht von ihrem Ermessen keinen Fehlgebrauch, wenn sie den Gebrauch der Waschmaschinen für einen Zeitraum gestattet, der bequem einen kompletten Waschgang (Waschen, Schleudern, Trocknen) erlaubt.
Tatbestand
Auszüge aus dem Sachverhalt:
In der in einer ruhigen Wohngegend von E. gelegenen Eigentumsanlage, deren Miteigentümer die Bet. zu 1 bis 5 sind, befindet sich im Keller unterhalb der Wohnung der Ast. ein im Gemeinschaftseigentum stehender Waschkeller, in dem fünf Waschmaschinen und vier Trockner der Bewohner des Hauses aufgestellt sind. Die nicht berufstätigen Ast. bewohnen eine Erdgeschosswohnung oberhalb dieses Waschkellers. Der Kellerschacht mit dem Fenster der Waschküche befindet sich unmittelbar neben der zur Wohnung der Ast. gehörenden Terrasse. Der Bet. zu 2 ist freiberuflich tätiger Arzt, seine Ehefrau ist in seiner Praxis beschäftigt. Beide bewohnen mit ihren zwei schulpflichtigen Kindern eine Dachgeschosswohnung des Hauses. In der Eigentümerversammlung vom 15. 8. 1999, wurde mehrheitlich mit den Stimmen der Ag. zu 3 bis 5 gegen die Stimme der Ast., die sich für ein Verbot ausgesprochen hatten, und gegen die Stimme des Ag. zu 2, der gegen eine Einschränkung gestimmt hatte, beschlossen, dass das Waschen und Trocknen an Sonn- und Feiertagen von 9 bis 12 Uhr erlaubt sein soll.
Hiergegen haben die Ast. sich mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung gewandt und die Ungültigerklärung des Beschlusses begehrt. Das AG hat nach Durchführung eines Ortstermins dem Antrag teilweise stattgegeben und den Eigentümerbeschluss dahingehend neu gefasst, dass das Waschen und Trocknen von Wäsche (im Gebäude) an Sonn- und Feiertagen zwischen 10 und 12 Uhr erlaubt ist. Gegen diese Entscheidung hat der Bet. zu 2 sofortige Beschwerde eingelegt, die das LG zurückgewiesen hat. Mit der hiergegen eingereichten sofortigen weiteren Beschwerde verfolgte der Bet. zu 2 sein Begehren auf Zurückweisung des Anfechtungsantrags weiter, während die Ast. die Entscheidungen der Vorinstanzen verteidigen. Das Rechtsmittel hatte Erfolg.
Entscheidungsgründe
Auszüge aus den Gründen:
II. Die Entscheidungen des AG und LG sind nicht frei von Rechtsfehlern (§ 27 FGG, § 550 ZPO). Die Wohnungseigentümergemeinschaft hat mit dem angefochtenen Mehrheitsbeschluss eine Regelung getroffen, mit der ein ordnungsgemäßer Gebrauch des im gemeinschaftlichen Eigentums stehenden Waschkellers an Sonn- und Feiertagen gewährleistet werden soll und gewährleistet wird (§§ 14 Nr. 1, 15 II WEG) mit der Folge, dass sich der zulässige, insbesondere rechtzeitig eingereichte Anfechtungsantrag nicht als begründet erweist.
Gem. § 13 WEG sind die Wohnungseigentümer zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach Maßgabe der §§ 14 , 15 WEG berechtigt. Die Wohnungseigentümer konnten gem. § 15 II WEG mit Stimmenmehrheit beschließen, zu welchen Zeiten der Waschkeller an Sonn- und Feiertagen genutzt werden kann, sofern nicht in der Teilungserklärung getroffene Vereinbarungen einer entsprechenden Beschlussfassung entgegen stehen, wofür nichts ersichtlich ist. Ordnungsgemäßer Gebrauch im Sinne dieser Norm ist eine Nutzung, die § 14 WEG gestattet und nicht gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften oder sonstiges höherrangiges Recht verstößt (vgl. Palandt/Bassenge, BGB, 58. Aufl., § 15 WEG Rdnr. 5; Staudinger/Kreutzer, BGB, § 15 WEG Rdnr. 111). Die Gebrauchsregelung darf ferner nicht willkürlich sein, sondern hat nach billigem Ermessen und unter Beachtung des allgemeinen Gebots der Rücksichtnahme in Abwägung der Interessen unmittelbar betroffener und der Gesamtheit der Wohnungseigentümer zu erfolgen (vgl. BGH, NZM 1998, 955 = NJW 1998, 3713 [3715] – Musizieren; BayObLG, NZM 1998, 239 – Abstellen von Pkw auf Innenhof), insbesondere schutzwürdige Belange einzelner Wohnungseigentümer nicht verletzt sind (vgl. BGHZ 113, 197 = NJW 1991, 979), ihnen also keine Nachteile erwachsen, die über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehen (BayObLG, WE 1994, 14; Palandt/Bassenge, § 15 WEG Rdnr. 5; Bassenge, Wohnungseigentum, 5. Aufl., Rdnr. 126). Art und Umfang des Gebrauchs der gemeinschaftlichen Einrichtung oder Anlage richten sich wiederum maßgeblich nach deren Bestimmungszweck (OLG Köln, WE 1997, 427 = WuM 1997, 696 = OLG-Report 1997, 91 L – Betreten eines Heizungsraums). Gemessen an diesen Maßstäben halten die angefochtenen Entscheidungen einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. Öffentlich-rechtliche Vorschriften stehen entgegen der Meinung des LG einer Nutzung des Waschkellers an Sonn- und Feiertagen nicht entgegen. Einzige in Betracht kommende Verbotsnorm des von dem LG in allgemeiner Form herangezogenen Feiertagsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen wäre dessen § 3. Indes handelt es sich bei einem häuslichen Waschen in einem Waschkeller mit Waschmaschinen, deren Geräusche nach den von dem AG getroffenen Feststellungen nur unter bestimmten Randbedingungen in einer zum gleichen Haus gehörenden Wohnung und der zu dieser Wohnung gehörenden Terrasse zu hören sind, schon nicht um eine „öffentlich bemerkbare“ Arbeit i.S. des § 3 NWFeiertagsG; denn hierunter sind nur solche Tätigkeiten zu verstehen, die die Aufmerksamkeit einer unbestimmten Anzahl von Personen erregen können (vgl. z.B. VG Frankfurt a. M., NVwZ-RR 1992, 17 für den gleichlautenden Begriff im HessFeiertagsG; Matten, NJW 1988, 2207 [2210]). Im Übrigen wären – worauf die weitere Beschwerde zutreffend hinweist – nach § 4 Nr. 4c NWFeiertagsG unaufschiebbare Arbeiten, die zur Befriedigung dringender häuslicher Bedürfnisse erforderlich sind, erlaubt. Davon aber, dass der Bet. zu 2 jedenfalls gelegentlich gezwungen ist, Wäsche an Sonntagen zu waschen, weil er und seine Ehefrau während der Woche aus zeitlichen Gründen keine Möglichkeit hierfür haben, geht auch das LG aus. Wenn dem so ist, erscheint die weitere Feststellung des LG, hierfür würden die verbleibenden zwei Stunden reichen, angesichts normaler Laufzeiten einer Waschmaschine und eines Wäschetrockners als schwerlich nachvollziehbar.
Indes kann es letztlich offen bleiben, in welchem Umfang für den Bet. zu 2 die Notwendigkeit besteht, Sonntags Wäsche zu waschen und welcher Zeitaufwand z.B. für einen Durchgang einschließlich des Trocknens erforderlich ist, was ohne weitere Sachaufklärung nicht zuverlässig beurteilt werden kann; denn mit der Einschränkung der von der Eigentümerversammlung beschlossenen Nutzungszeit haben die Vorinstanzen unzulässig in die Gestaltungskompetenz der Gemeinschaft eingegriffen.
2. Die von dem LG bestätigte Entscheidung des AG wird darauf gestützt, dass es nach Auffassung des erkennenden Richters billigem Ermessen entspreche, wenn das Waschen und Trocknen im Gebäude an Sonn- und Feiertagen von 10 bis 12 Uhr zugelassen werde. Dies wird sodann unter Abwägung der divergierenden Interessen einerseits der Ast. nach Ruhe am Sonntagmorgen und andererseits der übrigen Miteigentümer, insbesondere des Bet. zu 2 eingehend und sicherlich auch vertretbar begründet; indes konnte und durfte das AG sein Ermessen nicht an die Stelle der hierzu primär berufenen Wohnungseigentümerversammlung setzen. Das Gericht ist in einem Streitverfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit auf Grund des Dispositionsgrundsatzes zwar nicht an den Wortlaut, wohl aber an das mit dem Antrag verfolgte Rechtsschutzziel gebunden. Es ist daher im Beschlussanfechtungsverfahren nicht befugt, die durch den Inhalt des Sachantrags gesetzten Grenzen zu erweitern und ist ohne entsprechenden Antrag auch nicht ermächtigt, eine in dem angefochtenen Beschluss getroffene Regelung zu ändern oder durch geeignet erscheinende andere Maßnahmen zu ergänzen oder zu ersetzen. Die Entscheidung hat sich vielmehr auf die Ungültigerklärung des angefochtenen Beschlusses zu beschränken. Hierbei ist in entsprechender Anwendung des § 139 BGB zu beurteilen, ob der Beschluss ganz oder nur teilweise für ungültig zu erklären ist, also teilweise aufrechterhalten werden kann (vgl. BGH, NZM 1998, 955 = NJW 1998, 3713 [3715f.]; BayObLG, WE 1995, 245 [246]; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 7. Aufl., § 43 Rdnrn. 61, 107; Staudinger/Wenzel, § 43 WEG Rdnr. 16). Wohl aber kann der Anfechtende im Wege der Antragshäufung zugleich einen Antrag gem. § 43 I Nr. 1 WEG auf rechtmäßigen Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 15 III WEG) stellen und auf diese Weise im Ergebnis eine von dem angefochtenen Beschluss abweichende Regelung erzielen (vgl. KG, NJW-RR 1996, 587; Staudinger/Wenzel, § 43 WEG Rdnr. 16).
Ein derartiger Verpflichtungsantrag ist hier indes nicht gestellt. Auch erscheint es zweifelhaft und wäre allenfalls aus einem Rückschluss aus der Tatsache feststellbar, dass sowohl die Ast. wie auch die Mehrheit der Wohnungseigentümer, die seinerzeit für den angefochtenen Beschluss gestimmt hatten, die Entscheidung des AG hingenommen haben, ob die Voraussetzungen des § 139 BGB vorliegen, ob also anzunehmen ist, dass ggf. auch eine Beschränkung auf die Zeit von 10 bis 12 Uhr beschlossen worden wäre. Diese Zweifel stützen sich insbesondere darauf, dass eine effektive Nutzung des Waschraums in dieser kurzer Zeit kaum als möglich erscheint und es durchaus andere Alternativen gibt, z.B. die von den Ast. während des Ortstermins aufgezeigte, nämlich dass nicht jeden Sonntag zwischen 9 und 12 Uhr gewaschen wird. Jedenfalls kann dem Anfechtungsbegehren schon deshalb nicht – auch nicht teilweise – entsprochen werden, weil sich der angefochtene Beschluss innerhalb des der Wohnungseigentümergemeinschaft im Rahmen des Selbstorganisationsrechts zustehenden Ermessensspielraums (vgl. hierzu BGH, NZM 1998, 955 = NJW 1998, 3713 [3713]) bewegt. Dadurch, dass in dem angefochtenen Beschluss das Waschen im Inneren des Hauses an Sonn- und Feiertagen auf drei Stunden vormittags beschränkt wird, hat die Gemeinschaft eine Regelung getroffen, mit der einerseits dem Willen und/oder der Notwendigkeit einzelner Wohnungseigentümer auch an diesen Tagen Wäsche zu waschen bzw. im Trockner zu trocknen und andererseits dem Bedürfnis der Ast. nach Ruhe gerade an diesen Tagen Rechnung getragen und auf berechtigte Belange beider Seiten Rücksicht genommen wird.