OLG Zweibrücken, Beschluss über sofortige Beschwerde vom 21. November 2002, 3 W 179/02
Optische Beeinträchtigung durch Glaserker
Gericht
OLG Zweibrücken
Art der Entscheidung
Beschluss über sofortige Beschwerde
Datum
21. 11. 2002
Aktenzeichen
3 W 179/02
Tenor
Der angefochtene Beschluss des Landgerichts Koblenz und der Beschluss des Amtsgerichts Altenkirchen vom 9. Oktober 2001 ‑ Az.: 6 II 13/00 – werden aufgehoben.
Die Beteiligten zu 2) und 3) werden verpflichtet, den auf dem Ostbalkon im Obergeschoss ihrer Eigentumswohnung in der Wohnungseigentumsanlage ……………errichteten Glaserker zu beseitigen.
Die Beteiligten zu 2) und 3) haben die Gerichtskosten aller Rechtszüge zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 7.669,38 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
I.
Die Beteiligten, Wohnungseigentümer der Haushälfte eines Mehrfamilienhauses, streiten über Pflicht zur Beseitigung eines auf dem Balkon im Obergeschoss errichteten Glaserkers. Der Beteiligten zu 1), Alleineigentümer der anderen Haushälfte, ist bezüglich der gemäß § 8 WEG in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilten Grundstückshälfte Miteigentümer zu 15/100, verbunden mit dem Sondereigentum an zwei abgeschlossenen Kellerräumen. Die Beteiligten zu 2) und 3) sind gemeinschaftliche Eigentümer eines 31/100 Miteigentumsanteils an dem Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an der ca. 80 qm großen Wohnung im Obergeschoss, wozu auch ein näher bezeichneter Kellerraum gehört.
Die Gebäudehälften sind – in der Tiefe ca. 1 m versetzt – unmittelbar aneinander gebaut. Sie verfügen über ein gemeinsames Dach und sind sowohl an der Vorder- als auch an der Rückfront optisch aufeinander abgestimmt. Die Balkone des Ober- und Dachgeschosses verlaufen vorn und hinten auf einer Linie über beide Hälften, wobei diejenigen des Obergeschosses sich nahezu über die gesamte Breite des Gebäudes erstrecken. Sie sind jeweils zur Hälfte dem im Alleineigentum des Beteiligten zu 1) stehenden Gebäudeteil und den Wohnungseigentümern der Wohnungen im Ober- und Dachgeschoss der anderen Gebäudehälfte zugeordnet. Der zur Wohnung der Beteiligten zu 2) und 3) gehörende – nach hinten gelegene – Balkon hat eine Fläche von 14 qm, auf der zur versetzten Wand der Nachbarhälfte hin ein 3 qm großer Glaserker errichtet ist. Der Erker besteht im Wesentlichen aus vier in L-Form aufgestellten großflächigen Glasscheiben, die vom Boden des Balkons bis zur Unterseite des darüber liegenden Balkons reichen und durch weiß lackierte Holzteile voneinander getrennt werden.
Vor dem Bau des Erkers befand sich an dieser Stelle spiegelbildlich zur Nachbarhälfte ein zweiflügliges Fenster. Um einen Durchgang von der Wohnung aus zu ermöglichen, sind Teile der Außenfassade entfernt worden. Mit Ausnahme des Beteiligten zu 1) haben alle Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft auf ein Schreiben der Beteiligten zu 2) in ihrer Eigenschaft als damalige Verwalterin vom 17. September 1999 die zur Baugenehmigung vorgelegten Pläne unterschrieben. Am 21. Dezember 1999 fand eine Wohnungseigentümerversammlung statt, zu der der Beteiligte zu 1) nicht eingeladen war und zu der er auch nicht erschienen ist. Im Protokoll der Versammlung ist unter TOP 3 „Verschiedenes“ vermerkt:
„3.3
Alle Wohnungseigentümer sind mit dem kleinen Glaserker (3,50 qm Bodenfläche) auf der Ostloggia (Balkon) von I….. M….. (Wohnung Nr. II) einverstanden und haben das mit ihrer Unterschrift bestätigt.“
Der Beteiligte zu 1) ist erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht am 15. Mai 2001 auf die vorgenannte Versammlung und ihr Ergebnis hingewiesen worden. Nach Zustellung des Protokolls hat er sodann die Feststellung beantragt, dass der Beschluss rechtswidrig sei und gleichzeitig um Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nachgesucht.
Das Amtsgericht hat den Antrag des Beteiligten zu 1), den Balkonausbau/Glaserker auf dem Ostbalkon im Obergeschoss zu beseitigen, zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, dass zwar eine bauliche Veränderung vorliege, der Beteiligte zu 1) dessen Beseitigung aber auf Grund des wirksamen Beschlusses vom 21. Dezember 1999 nicht verlangen könne. Die Anfechtungsfrist sei versäumt. Wiedereinsetzung könne nicht beansprucht werden. Die hiergegen gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu 1) ist ohne Erfolg geblieben. Nach Ansicht des Landgerichts bedurfte die bauliche Veränderung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG nicht der Zustimmung des Beteiligten zu 1), da durch sie dessen Rechte nicht über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt würden. Das gelte sowohl hinsichtlich der geltend gemachten statischen Bedenken als auch in Bezug auf die gerügte Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes der Wohnanlage.
Mit seiner Rechtbeschwerde verfolgt der Beteiligte zu 1) weiterhin das Ziel, den auf dem Balkon errichteten Erker zu beseitigen. Zur Begründung macht er u. a. geltend, die Feststellung des Landgerichts zu den Auswirkungen auf die Statik seien unzureichend. Entsprechendes gelte für die Frage der Erkennbarkeit des Erkers. Soweit in der Eigentümerversammlung vom 21. Dezember 1999 in dieser Sache überhaupt ein Beschluss ergangen sei, könne auf die Ausschlussfrist des § 23 Abs. 4 Satz 2 WEG nicht abgestellt werden. Ein etwaiger Beschluss sei nämlich infolge der vorsätzlich unterbliebenen Einladung nichtig. Er habe weder auf eine Einladung noch auf die Teilnahme verzichtet.
II.
1. Die sofortige weitere Beschwerde ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden (§§ 43 Abs. 1 Nr. 1, 45 Abs. 1 WEG, 29 Abs. 1 und 2, 27, 22 Abs. 1 FGG). Die Befugnis des Beteiligten zu 1) zur Einlegung der Rechtsbeschwerde folgt bereits daraus, dass das Landgericht seine Erstbeschwerde zurückgewiesen hat. Des Weiteren bestehen keine Bedenken, dass der in § 45 Abs. 1 WEG vorausgesetzte Wert des Beschwerdegegenstandes überschritten ist. Insoweit kann zwar nicht auf die Kosten einer Beseitigung abgestellt werden. Denn die Beschwer bestimmt sich danach, was dem Beschwerdeführer – hier dem Beteiligten zu 1) – durch die angefochtene Entscheidung versagt wird (vgl. BGH NJW 1992, 3305; Niedenführ/Schulze, WEG 4. Aufl. § 45 Rdnr. 7). Dieser verlangt als Teileigentümer von Kellerräumen die Beseitigung eines Eingriffs in die Außenfassade des Gebäudes. Der damit einhergehende Eingriff in das Gemeinschaftseigentum mit den geltend gemachten statischen Folgen und sichtbarer Änderung des optischen Gesamteindrucks lässt ohne weiteres die Annahme zu, dass der wirtschaftliche Wert seines Teileigentums über die Grenze des § 45 Abs. 1 WEG hinaus beeinträchtigt wird (vgl. zur insoweit nach rechtsstaatlichen Grundsätzen gebotenen großzügigen Verfahrensweise BayObLG WE 1995, 125, 126; KG ZMR 1995, 178). Davon ist auch das Landgericht ausgegangen.
2. In der Sache führt das Rechtsmittel zum Erfolg, da die angefochtene Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht (§§ 43 Abs. 1 WEG, 27 Abs. 1 FGG, 546 ZPO). Das Landgericht hat bei Erörterung der Frage, ob durch die Veränderung der Fassade Rechte des Beteiligten zu 1) über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden, wesentliche Umstände verkannt und damit unberücksichtigt gelassen.
a) Im Ausgangspunkt haben die Vorinstanzen zunächst zutreffend angenommen, dass der Erkervorbau auf dem Balkon eine bauliche Änderung im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 WEG darstellt, die über die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgeht. Durch die Baumaßnahme wird das gemeinschaftliche Eigentum umgestaltet. Ein Eingriff in die Substanz des Gemeinschaftseigentums ergibt sich hier bereits aus der Einbeziehung von Balkondecke und Balkonplatte einschließlich der Isolierschicht, die zwingend zum Gemeinschaftseigentum gehören (vgl. BGH NJW-RR 1987, 525, 526; Senat Beschluss vom 21. September 1999, 3 W 141/99, u.a. veröffentlicht OLGR 2000, 131 und FGPrax 1999, 220 m.w.N.). Entsprechendes gilt für den Durchbruch in der Außenwand, der hier zur Vergrößerung des ursprünglich vorhandenen Fensters vorgenommen wurde (vgl. dazu BayObLGZ 1990, 120; WuM 1990, 403; Bärmann/Pick/Merle, WEG 8. Aufl. § 22 Rdnr. 91). Die Veränderung der äußeren Ge-stalt der Gebäudehälfte durch die Errichtung des fest verbundenen Glaserkers stellt deshalb einen Eingriff in den Bereich des Gemeinschaftseigentums dar (vgl. Senat aaO sowie NJW-RR 1987, 1358; OLG Düsseldorf FGPrax 1995, 102 m.w.N.) Dass die streitgegenständliche Baumaßnahme über die ordnungsgemäße Instandhaltung oder Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgeht, bedarf keiner näheren Darlegung.
b) Des Weiteren haben Amts- und Landgericht den Beteiligten zu 1) ohne Rechtsfehler als Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft behandelt. Ausweislich der Teilungserklärung ist er zu 15/100 Miteigentümer an dem Grundstück der Gemeinschaft, verbunden mit dem Sondereigentum an abgeschlossenen Kellerräumen. Dass die Räume demnach nicht zu Wohnzwecken dienen, ist für die Beteiligung an der Wohnungseigentümergemeinschaft unerheblich. Gemäß § 1 Abs. 1 und 3 WEG handelt es sich insoweit um Teileigentum, das dem Wohnungseigentum gleichgestellt ist (§ 1 Abs. 6 WEG, vgl. Bärmann/Pick, Wohnungseigentumsgesetz 8. Aufl. § 1 Rdnr. 26; Weitnauer, Wohnungseigentumsgesetz 8. Aufl. § 1 Rdnr. 3). Unerheblich ist auch, dass sich der Beteiligte zu 1) nach Ansicht der übrigen Beteiligten von der Wohnungseigentümergemeinschaft ausgeschlossen haben soll. Wenn damit eine Aufgabe des Wohnungseigentums durch Verzicht gemeint sein soll, ist dies – wie der Senat erst kürzlich entschieden hat – rechtlich nicht möglich (vgl. Senat, Beschluss vom 11. Juli 2002 ‑ 3 W 48/02 – veröffentlicht FGPrax 2002, 200).
c) Nicht gefolgt werden kann der Kammer hingegen in der Annahme, dass durch die bauliche Veränderung die Rechte des Beteiligten zu 1) nicht über das in § 14 WEG bestimmte Maß hinaus beeinträchtigt werden. Nach §§ 22 Abs. 1 Satz 2, 14 Nr. 1 WEG hat ein Wohnungseigentümer nur eine solche bauliche Veränderung hinzunehmen, durch die ihm kein Nachteil erwächst, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgeht. Entgegen der Ansicht der Kammer ist ein solcher Nachteil hier zu bejahen.
aa) Das Landgericht hat zunächst eine Beeinträchtigung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 2 WEG wegen eines Eingriffs in die Statik des Gebäudes (vgl. dazu Baumbach/Pick/Merle aaO § 22 Rdnr. 120 m.w.N.) geprüft und verneint. Ob insoweit das Vorbringen des Beteiligten zu 1) mit Blick auf die Erklärung des Beteiligten zu 3) im Termin vom 26. Februar 2002, wonach die Auflage des Fenstersturzes auf jeder Seite von 20 cm auf 10 cm verkürzt wurde, als hinreichend anzusehen war und mangels eigener Sachkunde die Einholung eines Sachverständigengutachtens geboten gewesen wäre (vgl. Senat WE 1999, 139, 144; BayObLG WE 1995, 159, 160), kann offen bleiben. Denn der Beseitigungsanspruch ist jedenfalls unter dem nachfolgenden Gesichtspunkt begründet.
bb) Wie das Landgericht im Ausgangspunkt nicht verkennt, kann sich ein Nachteil im Sinne der §§ 22 Abs. 1 Satz 2, 14 Nr. 1 WEG auch aus einer nicht ganz unerheblichen Veränderung des optischen Eindrucks der Wohnanlage ergeben. Richtig ist auch, dass insoweit nicht bereits jede – nicht ganz unerhebliche – Änderung des architektonischen Erscheinungsbildes einen Nachteil darstellt. Der Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer bedarf es vielmehr – auch nach der geänderten Rechtsprechung des Senats – nur, wenn die bauliche Maßnahme zu einer nachteiligen Veränderung des optischen Gesamteindrucks geführt hat (vgl. Senat, Beschluss vom 21. September 1999, 3 W 141/99 aaO m.w.N. zu Rspr. und Literatur). Dabei liegt die Feststellung, ob eine nicht ganz unerhebliche nachteilige Veränderung des optischen Gesamteindrucks eingetreten ist, weitgehend auf tatrichterlichem Gebiet. Sie kann vom Senat als Rechtsbeschwerdegericht nicht auf ihre sachliche Richtigkeit, sondern nur darauf überprüft werden, ob ihr Ergebnis auf einem Rechtsfehler beruht (vgl. Senat OLGR 1998, 209,210; BayObLG ZMR 1997, 152, 153; ZWE 2000, 575). Das ist hier der Fall.
(1) Geht es um die Veränderung des optischen Gesamteindrucks, ist es im Grundsatz nicht zu beanstanden, wenn anstelle eines Ortstermins für die Beurteilung des Objektes auf zu den Akten gereichte Lichtbilder abgestellt wird (vgl. Senat OLGR 1998, 209, 210; BayObLG NJW-RR 1992, 975; OLG Hamm DWE 1995, 158). Bei seiner danach vorgenommenen Würdigung hat die Kammer im Wesentlichen auf die Wahrnehmbarkeit abgestellt und ausgeführt, der zur Rückseite hin angebrachte Erker sei von der Vorderseite des Objekts, dem seitlich gelegenen Hauseingang sowie aus den Wohnungen bzw. Kellerräumen des Beteiligten zu 1) nicht sichtbar. Zudem sei die Außenfassade schon zuvor durch einen hohen Anteil an Glas geprägt worden, der durch den Erker zwar erhöht werde, den Fassadencharakter jedoch nicht in so erheblichem Umfang verändere, dass hieraus unzumutbare Nachteile entstünden.
(2) Dies hält der rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand. Von einer nachteiligen Veränderung des optischen Gesamteindrucks kann zwar nur ausgegangen werden, wenn sie von außen, also von der Straße, vom Hof oder Garten oder auch von der Wohnung eines anderen Eigentümers aus sichtbar ist (vgl. BayObLG ZMR 1999, 837, 838 f.; OLG Köln ZMR 2000, 638,639). Nicht entscheidend ist aber, ob die Veränderung aus bestimmten Positionen, etwa aus dem Sondereigentum des sich gestört fühlenden Wohnungseigentümers, sichtbar ist. Für die Beurteilung des Nachteils ist vielmehr allein maßgeblich, ob die Veränderung generell von außen her wahrnehmbar ist (vgl. OLG Hamm DWE 1995, 158; BUB, in BUB (u.a.) WEG § 22 Rdnr. 75).
(3) Die verkürzte und somit rechtsfehlerhafte Betrachtungsweise nötigt indes nicht zur Aufhebung und Zurückverweisung. Da keine weiteren Ermittlungen mehr erforderlich sind, kann der Senat anhand der vorgelegten Lichtbilder anstelle des Beschwerdegerichts selbst feststellen, ob der Vorbau zu einer nicht ganz unerheblichen nachteiligen Veränderung des optischen Gesamteindrucks geführt hat (vgl. Senat OLGR 1998, 209, 210; BayObLG WE 1991, 294,295). Danach ist hier – auch reduziert auf die Gebäudehälfte der Wohnungseigentümergemeinschaft und unter Berücksichtigung des durch die Fenster vorgegebenen Glasanteils – durch den Anbau des Glaserkers eine nachteilige Veränderung des architektonischen Gesamteindrucks eingetreten. Wie der Senat (OLGR 1998, 209, 210) unter Hinweis auf die Rechtsprechung bereits entschieden hat, gelten bei der Gestaltung einer Gebäudefassade strenge Anforderungen. Nach den Lichtbildern war die ursprüngliche Anordnung von Balkonen und Fenstern bzw. Türfenstern des Objekts derart aufeinander abgestimmt, dass ein einheitliches und harmonisches Bild bestand. Die sich daraus ergebende Optik wird durch den nunmehr auf dem Balkon vorgelagerten Erker deutlich gestört. Anders als bei den vom Bayrischen Obersten Landesgericht (ZMR 1997, 152, 153 und WE 1995, 249) entschiedenen Sachverhalten, fällt hier die Veränderung ins Auge. Der Erkervorbau stellt keine nur geringfügige Veränderung dar. Vielmehr ist er aufgrund seiner Größe und auch Lage – im mittleren und damit zentralen Bereich der ansonsten einheitlichen dreigeschossigen Haushälfte – unübersehbar. Insgesamt vermittelt er die Wirkung eines Fremdkörpers, der sich mit der im Übrigen von Fenstern und Balkonen geprägten klaren Linie der Fassade nicht in Einklang bringen lässt. Eine derartige Veränderung der Außenfassade brauchen die davon betroffenen Wohnungseigentümer nicht hinzunehmen (ebenso zu Balkon/Loggiaverglasung BayObLG NJW-RR 1987, 1357, 1358, zuletzt etwa ZWE 2001, 211; OLG Düsseldorf FGPrax 1995, 102, 103; Hanseatisches OLG Bremen, Beschluss vom 3. November 1992, Az. 3 W 56/92, juris; OLG Hamm DWE 1995, 158; zu einem Wintergarten Senat, Beschluss vom 1999 21. September – 3 W 141/99 aaO).
3. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts steht dem Beseitigungsverlangen auch kein bestandskräftiger Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft entgegen. Ein etwaiger, die Zulässigkeit der baulichen Veränderung bejahender, Mehrheitsbeschluss wäre zwar nicht nichtig, er könnte nur gemäß §§ 23 Abs. 4, 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG im Anfechtungsverfahren für ungültig erklärt werden. Hieran hat die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20. September 2000 (NJW 2000, 3500) nichts geändert, weil insoweit von einer generellen Beschlusszuständigkeit der Eigentümerversammlung auszugehen ist (vgl. BayObLG ZWE 2001, 267, 268; OLG Köln NZM 2001, 293, 294). Ob hier die Anfechtung verspätet ist, wie das Amtsgericht angenommen hat, bedarf indes keiner Erörterung. Entsprechendes gilt für die Frage, ob nach den vom Bundesgerichtshof aufgestellten Kriterien (vgl. ZfIR 2001, 835, 837) überhaupt ein rechtswirksamer Eigentümerbeschluss vorliegt. Ein etwaiger Beschluss ist jedenfalls schon deshalb nichtig und entfaltet keine Rechtswirkung, weil der Beteiligte zu 1) bewusst von der Mitwirkung an der Wohnungseigentümerversammlung ausgeschlossen wurde, indem er hierzu nicht geladen worden ist (vgl. dazu OLG Celle ZWE 2002, 276, 277; Palandt/Bassenge, BGB 61. Aufl. § 24 WEG Rdnr. 5). Auch dies kann der Senat anstelle des Beschwerdegerichts selbst entscheiden, da es keiner weiteren Ermittlungen bedarf.
a) Zwischen den Beteiligten steht außer Streit, dass der Beteiligte zu 1) keine Einladung zur Wohnungseigentümerversammlung vom 16. Dezember 1999 bzw. 21. Dezember 1999 erhalten hat. Gründe, ihn von der Versammlung auszuschließen, gibt es nicht (vgl. zum Recht auf Teilnahme Bärmann/Pick/Merle aaO § 24 Rdnr. 56 ff.). Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass der Beteiligte zu 1) selbst auf die Teilnahme an Wohnungseigentümerversammlungen verzichtet hätte, wie die Antragsgegner geltend machen. Ein dahingehender Verzicht kann vor allem dem Schreiben des Beteiligten zu 1) vom 12. Mai 1998 nicht entnommen werden. Denn die Erklärung, nicht erscheinen zu wollen, bezieht sich ausdrücklich nur auf die Versammlung vom 28. Mai 1998. Sofern der Beteiligte zu 1) außerdem mitteilt, ihm sei nicht zuzumuten, nochmals die Wohnung der Beteiligten zu 2) und 3) zu betreten, betrifft dies nur den Ort der Versammlung. Nicht ausgeschlossen ist danach, dass der Beteiligte zu 1) sein Erscheinen von den jeweiligen Tagesordnungspunkten abhängig macht, sich durch einen Bevollmächtigten vertreten lässt oder, hätte die Versammlung erneut in der Wohnung der Beteiligten zu 2) und 3) stattfinden sollen, auf eine Verlegung des Versammlungsortes hinwirkt. Ohne konkreten Anlass kommt auch etwaigen – hier zudem nicht näher zeitlich eingegrenzte – Äußerungen gegenüber den anderen Wohnungseigentümern in Bezug auf eine Teilnahme keine Bedeutung zu, zumal hierauf im Versammlungsprotokoll nicht abgestellt wird. Die unterbliebene Einladung des Beteiligten zu 1) ist darin nämlich mit dem Hinweis auf ein Stimmverbot nach § 25 Abs. 5 WEG begründet. Ungeachtet dessen, dass dies nicht den Fortfall des Teilnahmerechts eines Wohnungseigentümers zur Folge hätte (vgl. BayObLG NJW-RR 2002, 1308; Bärmann/Pick/Merle aaO § 24 Rdnr. 38 und 57), sind hinsichtlich der Vornahme einer baulichen Veränderung die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 WEG ersichtlich nicht gegeben. Als weiterer Grund für die unterbliebene Einladung ist im Protokoll vermerkt, dass der Beteiligte zu 1) kein Wohnungseigentümer sei. Wie bereits ausgeführt, trifft auch diese Beurteilung nicht zu. Da gleichwohl die Einladung lediglich an die Wohnungseigentümer der drei Eigentumswohnungen gerichtet ist, wurde dem Beteiligten zu 1) bewusst von vornherein eine Mitwirkung unmöglich gemacht.
b) Ebenso wenig können sich die Antragsgegner darauf berufen, dass die Wohnungseigentümer der baulichen Maßnahme im schriftlichen Verfahren zugestimmt hätten. Denn auch insoweit ist der Beteiligte zu 1) nicht angeschrieben worden. Wenn aber nicht alle Wohnungseigentümer an der Abstimmung gemäß § 23 Abs. 3 WEG beteiligt werden, kommt ein Beschluss nicht zustande (vgl. BayObLG WuM 1995, 227; BUB aaO § 23 Rdnr. 214; Palandt/Bassenge aaO § 23 Rdnr. 5).
4. Der danach gegebene Beseitigungsanspruch gemäß §§ 1004 BGB, 15 Abs. 3, 22 Abs. 1 WEG richtet sich sowohl gegen die als Bauherrin aufgetretene Beteiligte zu 2) als auch gegen den Beteiligten zu 3). Dabei kann dahinstehen, ob dieser auf Grund seiner Tätigkeit als Entwurfsverfasser im Baugenehmigungsverfahren ebenfalls Handlungsstörer ist (vgl. Bärmann/Pick/Merle aaO § 22 Rdnr. 230). Da der Beteiligte zu 2) Miteigentümer ist, rechtfertigt sich seine Inanspruchnahme jedenfalls als so genannter Zustandsstörer (vgl. Bärmann/Pick/Merle aaO § 22 Rdnr. 240; BUB aaO § 22 Rdnr. 232).
5. Umstände, auf Grund derer das Beseitigungsverlangen unverhältnismäßig bzw. rechtsmissbräuchlich sein könnte (vgl. dazu Senat, Beschluss vom 22. Januar 2001 – 3 W 273/00; Bärmann/Pick/Merle aaO § 22 Rdnr. 237), sind weder dargetan noch ersichtlich.
III.
Die Entscheidung über die Gerichtskosten des Verfahrens beruht auf § 47 Satz 1 WEG. Eine Erstattungsanordnung hält der Senat – ebenso wie das Landgericht – nicht für veranlasst.
Den Wert des Beschwerdegegenstandes hat der Senat in Anlehnung an die unbeanstandete Wertfestsetzung durch die Zivilkammer gemäß § 48 Abs. 3 WEG bestimmt.
Dury
Hengesbach
Jenet